ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

14. Juni: Versender bieten Hilfe an

, Uhr
Berlin -

Die Apotheken kämpfen für eine gerechtere Honorierung  – und bekommen jetzt Hilfe von unerwarteter Seite: Die Versender unterstützen den Protesttag am 14. Juni! Päckchen mit Aktionsmaterial werden an jede Offizin verschickt.

„Wir werden natürlich nicht selbst schließen, das würde ja niemand sehen“, sagte der CEO einer niederländischen Versandapotheke. „Aber wir halten den Apotheken-Teams an ihren altehrwürdigen Tresen den Rücken frei! Wir wissen, wie wichtig echten Heilberuflern die Versorgung der Menschen ist. Damit wirklich alle Apotheken beruhigt schließen und demonstrieren können, schultern wir an diesem Tag das gesamt Rx-Geschäft. Wir stehen an eurer Seite! Es geht nur gemeinsam!“ Ergriffen von der eigenen Suade rinnt dem CEO eine stumme Träne über das Gericht, mit brüchiger Stimme fügt er hinzu: „Wir wollen Leben retten…“

In den Päckchen, die in den Apotheken ankommen, findet sich neben reichlich Werbung für andere Onlinehändler auch das Aktionsmaterial für die Apotheken. Auf den Flyern steht: „Wir streiken für ein besseres Honorar. Hier gibt es heute nichts. Aber wir lassen Sie nicht hängen.“ Darunter ist nur ein QR-Code, über den man in den Shop des Versenders gerät. Den QR-Code gibt es in Übergröße auch einzeln und ohne Text als Aufkleber für das Schaufenster.

Apothekerin Sarah Köpke ist ganz gerührt von so viel Aufmerksamkeit. Sie schreibt dem CEO: „Vielen Dank für Ihre Unterstützung. Leider hat sich die Klebefolie zusammengezogen und der Sticker ist ganz zerknittert. Vielleicht war es zwischenzeitlich zu heiß im Lieferwagen. Macht aber nichts, wir haben die Versorgung über die notdienstleistenden Apotheken gesichert. Trotzdem danke und liebe Grüße. PS: Notdienst ist, wenn man Patient:innen versorgt, auch wenn es sich gerade nicht lohnt.“

In der Hoffnung, mit dieser Fantasie die Hollandversender nicht auf die Idee gebracht zu haben, am Streiktag beim Gesetzgeber nach einer Rx-Boni-Verbot-Ausnahmegenehmigung zu fragen, schauen wir auf das WIRKLICHE Protestgeschehen. Am 14. Juni ist nun auch in Berlin eine große Demo geplant (die andere in Düsseldorf war schon bekannt). Mit Protestmarsch und Kundgebung beim apothekenhonorarverantwortlichen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Hoffentlich ist der zu Hause und tröstet nicht gerade die Industrie zusammen mit dem wirtschaftsradikalisierten Jens Spahn (These: Einfach mehr arbeiten).

Die Apothekerkammern haben offenbar einen argumentativen Entfesslungstrick aus ihrer Körperschaft-des-öffentlichen-Rechts-Zwangsjacke gefunden: Niemand wird zum Streik aufgerufen, aber wenn die Apotheken von ihrem Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit Gebrauch machen und das lange vorher ankündigen und Notdienst sichergestellt ist, dürfte es keine Knöllchen von der Aufsicht geben. Keine dumme Idee, den Bürokraten den Stein Grundrechtsschutz in den Garten zu werfen.

Richtig warmgespielt hat sich Abda-Präsidentin Gabriele Overwiening: Anfang der Woche zeigte sie sich empört über die Ignoranz der Bundesregierung, die alle guten Argumente des Bundesrats in ihrer Gegenäußerung verweigerte. Am Donnerstag wies Overwiening die fragwürdig herablassende grüne Abgeordnete Paula Piechotta sanft in die Schranken.

Das ändert nichts daran, dass für die Apotheken im ALBVVG immer noch ein beschämend niedriger Engpass-Zuschuss vorgesehen ist. Immerhin: Über die 50 Cent will Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) noch reden. Und selbst bei zwei großen Nervtötern/Geldvernichtung kommt Bewegung ins Spiel: Die Regierung will Nullretax und Präqualifizierung prüfen. Damit die Apotheken künftig nicht mehr „hingemetzgert von den kranken Kassen“ sind, wie eine Apothekerin so plastisch an Lauterbach schrieb.

Abschließend noch zum E-Rezept: Das eGK-Verfahren startet, die TK ist Klassenprimus natürlich besonders früh am Start. Die Versender freuen sich dagegen über einen anderen Einlöseweg: Der QR-Code kann direkt am Kartenterminal in der Praxis gescannt und verschickt werden. Hier werden die Apotheken vor Ort gute Angebote machen müssen, um kein Geschäft abzugeben.

Eine Zusammenfassung und Besprechung auf der Tonspur gibt es wie jede Woche in einem wilden Protest-Ritt durch den Retax-Wald. Schönes Wochenende!

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr aus Ressort
„Die Kosten steigen zurzeit ins Unermessliche“
Weihnachtsgeld: So kürzen die Inhaber

APOTHEKE ADHOC Debatte