Früher einmal wurde am 17. Juni der Tag der Deutschen Einheit gefeiert. In diesem Jahr wird am Mittwoch in vier Wochen nicht nur der Hauptstadtkongress Gesundheit virtuell eröffnet. In Hamburg will die Initiative Pro Apotheke vor Ort (Pro AvO) ihr lange gehütetes Geheimnis lüften. Der Zusammenschluss von Playern im Apothekenmarkt will seine Handelsplattform samt E-Rezept-App unter dem Dach einer neuen Marke vorstellen. Details wollen die „Big Five“ noch nicht verraten. Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC lautet der Name „Apora“.
In der Initiative Pro AvO haben sich Noventi, der Wort & Bild Verlag, BD Rowa und die Großhändler Gehe und Sanacorp zusammengeschlossen. Lange haben die Partner gezögert, ihr Bestellportal unter neuem Namen zu präsentieren. „Wir wollen die Marke nicht verbrennen“, begründete Andreas Arntzen, CEO des Wort & Bild Verlages, die Zurückhaltung: „Wer zu früh auf dem Markt ist und keinen Nutzen für die Anwender liefern kann, schafft nur Enttäuschungen. Niemand braucht aktuell eine isolierte Vorbestellplattform!“ Aber das E-Rezept sei der „Game-Changer“.
Und jetzt nimmt das E-Rezept mehr und mehr Konturen an. Also scheint für Pro AvO jetzt richtige Zeitpunkt gekommen, um mit dem Namen in die Vermarktung zu starten. Zum Auftakt soll es am 17. Juni in Hamburg eine medienwirksame Präsentation geben. Bereits 2018 hatte sich der Wort & Bild Verlag den Namen „Apora“ gesichert; gerade erst wurden die Rechte an Pro AvO übertragen. Aber es gab Widerspruch von zwei Firmen: der Pharmaberatung „Acora“ und der Hersteller Athenstedt, der unter anderem das Durchfallmittel Aplona vertreibt.
Nun einigte man sich nach monatelangem Streit auf einen Kompromiss: Pro Avo darf die Marke „Apora“ für alle Aktivitäten nutzen, außer für die Bereiche Arzneimittelzulassung und Qualitätskontrolle. Auf diesen Gebieten ist Acora unterwegs.
Was „Apora“ können soll, geht es aus einer Beschreibung für die Programmierung hervor: „Die zentralen Funktionen des neuen Apothekenportals sind die Übersicht über die verfügbaren Apotheken in der Nähe sowie die apothekenübergreifende Suche nach Produkten. Damit verbunden ist die Anbindung der Warenwirtschaftssysteme der einzelnen Apotheke sowie der gesamten Check-out-Prozess.“ Geplant sei außerdem die Entwicklung einer Backoffice-Anwendung für den Apotheker, um die über das Portal getätigten Bestellungen zu verwalten. Weitere Features seien die Rezeptübermittlung und die Notdienst-Suche.
Angekündigt wurde für den Launch bereits eine bundesweite Medienoffensive, die der Wort & Bild Verlag mit der Apotheken Umschau anführen wird. Arntzen: „Wir haben jeden Monat 30 Millionen Kundenkontakte mit der Apotheken Umschau. Mit TV und Radio-Werbung erreichen wir 50 Millionen Menschen.“ Daher ist Pro AvO überzeugt, den Apothekenmarkt mit seiner Bestellplattform aufrollen zu können. „Mit dem Potenzial der Gesellschafter von Pro AvO kann sonst niemand im Markt aufwarten“, heißt es selbstbewußt.
Für seine neue Marke hat Pro AvO bereits umfangreiche Kundenbefragungen und -analysen durchgeführt. Daher gibt es konkrete Vorstellungen, was die Plattform können wird: Die Auswahl einer einzelnen Apotheke oder die Einrichtung einer Stammapotheke sollen genauso möglich sein wie Verfügbarkeitsabfragen, ob ein Medikament sofort, in zwei bis drei Stunden oder erst morgen da ist. Auch Lösungen zur Chronikerversorgung und der Medikationsplanung sollen integriert werden. Zudem werde eine sichere Chat-Funktion integriert. Ebenfalls vorgesehen ist ein OTC-Preisvergleich.
Außerdem müsse es eine Möglichkeit geben, zwischen verschiedenen Bezahloptionen zu wählen und die Bezahlung vorab abzuwickeln: „Niemand möchte beim Abholen noch bezahlen müssen“, so Arntzen. Dass die Apotheken dann nicht mehr vor dem Verkauf beraten oder im Zweifel auch abraten können, sieht man nicht als Problem. Das Angebot sei immer noch besser als der Versandhandel, wo Kunden in der Regel völlig alleine gelassen würden. Bei der Abholung in der Offizin sei die Möglichkeit zur Beratung ein entscheidender Vorteil. Negative Rückmeldungen dazu habe es auch noch nicht gegeben.
„Bei Pro AvO bestimmt der Kunde, was er wann und wo haben möchte, und das System zeigt ihm, welche Apotheke das bieten kann.“ Wenn Apotheken bereits einen anderen Webshop wie CallmyApo von Noventi, Mea von Sanacorp oder Gesund-Leben von Gehe haben, könne dieser problemlos an die neue Plattform angedockt werden. „Wenn wir unsere Lösung dann freischalten, gibt es eine gemeinsame Plattform, mit der Kunden auf alle angeschlossenen Apotheken zugreifen können. Das ist vergleichbar mit booking.com in der Hotelbranche“, so Arntzen.
Pro AvO wurde Ende 2018 ins Leben gerufen und kämpft mit dem Zukunftspakt von Noweda und Burda um die Vorherrschaft für Bestellportale auf dem Apothekenmarkt. Für die weitere Entwicklung hat Pro AvO vor kurzem Geld eingesammelt: Bislang hielten alle fünf Mitglieder 20 Prozent, nach der Kapitalerhöhung haben sich die Verhältnisse verschoben: Noventi hält jetzt 28 Prozent der Anteile, die anderen Partner entsprechend 18 Prozent.
„Mit der Kapitalerhöhung treiben alle Gesellschafter von Pro AvO gleichermaßen ein Ziel weiter voran: Wir wollen das E-Rezept in alle über 19.000 Apotheken vor Ort tragen“, erklärte Geschäftsführer Peter Menk. „Die Stärken unserer fünf Partner stammen aus unterschiedlichen Bereichen des Apothekenmarktes, was unsere Partnerschaft so spannend und zukunftsweisend werden lässt.“
Unter den Kooperationen haben sich bereits Linda und Parmapharm (Gesund-ist-bunt) der Initiative angeschlossen. Kürzlich erfolgte der Beitritt der Kohl-Tochter Avie: „Neben einem einfachen technischen Anschluss arbeiten wir vor allem gemeinsam daran, die Leistungen der Kooperationsapotheken auf unserem Portal für die 82 Millionen Kunden in Deutschland sichtbar zu machen, wenn wir mit der Plattform bundesweit an den Start gehen werden“, so Menk.
APOTHEKE ADHOC Debatte