Die wichtigste Entscheidung für die Zukunft der Apotheker wird erst nach dem Deutschen Apothekertag (DAT) entschieden: Am kommenden Mittwoch entscheidet der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Rx-Boni-Frage. Beim DAT wurde hierzu gestern eine Resolution verabschiedet, um dem Gesetzgeber für den Fall des Falles eine Handlungsanleitung an die Hand zu geben. Das ist auch notwendig, wie eine Befragung von APOSCOPE, dem dem Panel von APOTHEKE ADHOC, zeigt.
Der EuGH wird am 19. Oktober darüber entscheiden, ob ausländische Versandapotheken sich an die deutschen Preisvorschriften halten müssen. Deutsche Apotheken wären also selbst von einer Preisfreigabe nicht unmittelbar betroffen. Ein Rx-Versandhandelsverbot könnte also eine Antwort sein. In ihrer Resolution fordern die Apotheker den Gesetzgeber auf, die deutsche Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) dem „europarechtlichen Maßstab“ zu entziehen.
Ob sich ein Rx-Versandverbot tatsächlich politisch durchsetzen ließe, wird von Experten hinterfragt. Ebenso fraglich ist, wie lange sich ein Rx-Boni-Verbot in Deutschland aufrecht erhalten ließe, wenn die Holland-Versender nach dem Urteilsspruch massiv damit in den Markt gingen. Auch wenn die meisten Apotheker solche Boni ablehnen, würde laut Umfrage jeder Vierte nachziehen – Resolution hin oder her.
43 Prozent der Apotheker aus dem Panel halten Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel für wirtschaftlichen Unsinn und würden die Preisbindung auch dann einhalten, wenn der EuGH sie für Holland-Versender freigibt. Weitere 28 Prozent lehnen Rx-Boni aus ethischen Gründen ab. Doch 27 Prozent der Apotheker würde sich auf die eine oder andere Art an der Rabattschlacht beteiligen.
Laut Umfrage würden 12 Prozent Rx-Boni gewähren, „wenn es das Umfeld erfordert“, weitere 6 Prozent für Stammkunden. Ein kleiner Teil würde die Boni bei bestimmten Medikamenten (2 Prozent) oder im Rahmen von Aktionen (1 Prozent) einsetzen. Weitere 6 Prozent würden Rx-Boni dagegen ohne Einschränkung selbst „intensiv“ nutzen.
Sollte es tatsächlich so kommen, dürfte es eine Welle von Verfahren geben: Denn mit der Resolution werden die Aufsichtsbehörden der Länder aufgefordert, bis zu einer gesetzlichen Regelung dafür zu sorgen, dass im Inland die AMPreisV eingehalten wird. So soll einer kannibalisierenden Wettbewerb verhindert werden.
Der Gesetzgeber wird von der ABDA zudem aufgefordert, das deutsche Arzneimittelpreisrecht „nicht aufzugeben“. Vertreter mehrerer Apothekerkammern haben ebenfalls bereits angekündigt, dass sie berufsrechtlich gegen etwaige Verstöße vorgehen würden.
Doch es muss ja auch nicht so kommen: Der EuGH könnte auch entgegen des Votums des Generalanwalts entscheiden und das allgemeine Boni-Verbot bestätigen. Die Mehrheit der Apotheker vertraut auf den EuGH: 56 Prozent gehen davon aus, dass Rx-Boni verboten bleiben.
16 Prozent erwarten dagegen, dass der EuGH DocMorris & Co freien Lauf lässt, knapp 10 Prozent glauben sogar, dass der deutsche Gesetzgeber die Preisbindung in diesem Fall komplett aufgeben würde. 18 Prozent stimmen keiner Aussage zu oder wollen sich noch nicht festlegen.
An der Umfrage haben sich 466 Panelisten von APOSCOPE beteiligt, 240 davon sind Apotheker. Die Stimmen der 226 PTA wurden zu diesen Fragen der nicht ausgewertet, da die Gewährung von Rx-Boni in der Verantwortung des Inhabers liegt.
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