Apobank vs. Mega-Apotheke Alexander Müller, 13.11.2018 10:38 Uhr
Ein riesiger Verkaufsraum mit Freitreppe, ein Wellnessbereich, Massagekabinen, eine Kinderbibliothek und eine Spielrakete – die Mega-Apotheke in Berlin Waltersdorf hat ihrem Namen alle Ehre gemacht. Doch das 2010 gestartete Projekt hat nie richtig funktioniert – auch und vor allem weil der nahe gelegene Flughafen BER bis zum heutigen Tag nicht eröffnet hat. 2014 zog Apotheker Frank Lietzmann die Reißleine. Es folgte ein erbitterter Streit mit der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank).
Lietzmann, der seit 2010 die Heide-Apotheke in Berlin Ludwigsfelde betreibt, wollte sich im selben Jahr erweitern und gründete die Mega-Apotheke in der Nähe zum Schönefelder Flughafen. Finanziert wurde das Projekt über die Apobank, die ein Darlehen im Wert von rund einer halben Million Euro mit einer Laufzeit von zehn Jahren gewährte. Als Sicherheit hatte die Bank die Rechte an der Einrichtung einschließlich medizinischer Geräte bekommen sowie die Abtretung des Erlöses im Falle eines Verkaufs und eine Lebensversicherung von Lietzmann.
Die Apotheke entwickelte sich nicht wie erwartet. Die Nichteröffnung des Flughafens war ein Grund, dann wurde auch noch die Hauptstraße nach Berlin vorübergehend gesperrt und eine Kooperation mit den benachbarten Möbelhäusern platzte. 2012 wollte Lietzmann die Apotheke verkaufen. Im Mai hatte er jemanden gefunden, der ihm die Apotheke für 100.000 Euro zuzüglich Warenlager abgekauft hätte.
Doch die Apobank lehnte die Finanzierungsanfrage des potenziellen Käufers im Juli ab – mit Verweis auf die wirtschaftliche Lage der Mega-Apotheke, die in der Zeit 2012 bis Mitte 2014 sechsstellige Verluste eingefahren hatte. Die Bank hatte selbst Interessenten beigebracht, auch mit der Kooperation easyApotheke gab es Gespräche. Zu dem Verlauf und den Einzelheiten sind die Apobank und Lietzmann unterschiedlicher Auffassung. Er hätte die Mega-Apotheke nach eigenen Angaben lieber schon früher geschlossen.
Schließlich verklagte Lietzmann die Apobank auf Schadensersatz, weil diese dem Verkauf an den ersten Interessenten nicht zugestimmt hatte. Es sei ihm dabei nicht um die Rückzahlung des Kredits gegangen, sondern um den zusätzlich entstandenen Schaden, den er auf rund 210.000 Euro beziffert. Aus seiner Sicht hatte die Bank dem Verkauf ohne sachlichen Grund die Zustimmung verweigert, da der potenzielle Käufer zuletzt bereits drei Apotheken aus Insolvenzen übernommen und in die Gewinnzone geführt habe.
Die Apobank betonte im Rechtsstreit dagegen, den Verkausprozess stets begleitet zu haben. In der Potsdamer Filiale sah man auch nicht ein, zur Finanzierung des Verkaufs oder Freigabe eigener Sicherheiten verpflichtet zu werden. Lietzmann trage selbst die Verantwortung für erlittene Schäden, er hätte die Mega-Apotheke aus Sicht der Bank auch früher schließen können. Für die Laufzeit der Mietverträge fühlte sich die Apobank nicht verantwortlich.
Das Landgericht Potsdam gab der Apobank im November 2017 in erster Instanz recht. Lietzmann hätte das Darlehen demnach früher kündigen können. Die Bank müsse einem Verkauf nicht in jedem Einzelfall zustimmen und dabei auf eigene Sicherheiten verzichten. Sie sei nicht generell verpflichtet, eigene Interessen denen des Kunden unterzuordnen.
Lietzmann ging in Berufung. Aus seiner Sicht wäre es nach zwei Verlustjahren die einzig sinnvolle unternehmerische Entscheidung gewesen, das Projekt zu beenden. Und die Bank sei verpflichtet gewesen, das Sicherungsgut bestmöglich zu verwerten. Unzulässig fand der Apotheker auch die Bedingung der Bank, den Verkauf wenn überhaupt, dann nur über sie zu ermöglichen.
Doch auch vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht (OLG) drang der Apotheker damit nicht durch. Es sei plausibel, dass die Bank sich unmittelbare Zugriffsrechte auf den Kaufpreis hätte verschaffen wollen. Doch die Apobank hatte überdies Zweifel an Expertise und Bonität des potenziellen Käufers. Das Ablehnungsschreiben aus dem Juli 2012 befand das OLG als nachvollziehbar begründet, da die betriebswirtschaftliche Situation der Apotheke eine weitere Investition nicht rechtfertige. Eine Finanzierung sei vom Käufer nicht nachgewiesen worden, zudem befand man bei der Bank den Kaufpreis von 100.000 Euro als zu niedrig.
Und so musste Lietzmann am Ende schließen und konnte nur noch das Warenlager für 70.000 Euro an den Mann bringen. Eine Mitschuld der Bank erkannte das OLG aber nicht. So habe etwa eine Kündigung des Darlehens durch den Apotheker im Zuge der Verkaufsverhandlungen überhaupt nicht im Raum gestanden, heißt es im Urteil. Mitarbeiter der Bank hätten zudem angeregt, den bis Mitte 2014 laufenden Mietvertrag vorzeitig zu kündigen. Nicht mehr erörtert wurde, ob der Apotheker auch ohne Kündigung die Apotheke hätte früher schließen müssen, um den Schaden insgesamt geringer zu halten.
Jedenfalls hat die Bank aus Sicht des Gerichts die Schließung nicht verzögert und war auch nicht verpflichtet, dem Verkauf zuzustimmen. Daher habe der Inhaber auch keinen Anspruch auf Schadensersatz. Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) hat das OLG nicht zugelassen. Lietzmann will auch keine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen, sondern das Kapitel Mega-Apotheke hinter sich lassen.