Apobank: Kunden warten auf Geld Alexander Müller, 08.06.2020 15:31 Uhr
Die Probleme bei der IT-Umstellung der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank) gehen weit über Schwierigkeiten beim Login oder der Sichtbarkeit von Konten im Onlinebanking hinaus: Apotheken bekommen ihre Auszahlung vom Rechenzentrum nicht überwiesen, Großhändler können ihre Rechnungen nicht abbuchen. Laut einer Apobank-Sprecherin handelt es sich um ein Darstellungsproblem.
Normalerweise gehen in diesen Tagen die Hauptzahlungen der Rechenzentren an die Apotheken raus. Doch bei den Dienstleistern melden sich vermehrt Inhaber, die je nach Liquiditätsmanagement mehr oder weniger dringend auf ihr Geld warten. Die Rechenzentren können nur an die Bank verweisen: Die Überweisungen sind raus, wie sich leicht belegen lässt, die Auszahlung hängt bei der Apobank.
Eine Sprecherin teilte gegenüber APOTHEKE ADHOC mit: „Aktuell verzeichnen wir – wie auch auf unserer Website dargestellt – eine zeitverzögerte Darstellung von Zahlungsein- und -ausgängen und Zahlungsaufträgen in der Kontenansicht sowie in der Anzeige in elektronischen Kontoinformationen. Die Kunden müssen nicht aktiv werden. Die Anzeige wird schnellstmöglich und automatisch aktualisiert.“
Zum Teil haben die Rechenzentren die Überweisung allerdings schon erneut angestoßen, um ihre Kunden nicht hängenzulassen. Das ist zwar eine nette Geste ist, könnte bei der späteren Rückabwicklung aber eine neue Herausforderung bedeuten. Im Zweifel müsse nach den Zahlungen zurückgebucht werden. Die Apobank selbst ist mit ARZ Haan und Dr. Güldener im Abrechnungsbereich aktiv.
Dass es sich ausschließlich um ein Darstellungsproblem handelt, kann bezweifelt werden: „Weil die Gehaltsüberweisung eine Woche lang nicht gutgeschrieben wurde, konnte ich seit Pfingsten keine EC-Zahlungen oder Überweisungen ausführen“, berichtet ein angestellter Apotheker, dessen Konto ins Minus gerutscht war. Andere Pharmazeuten berichten, dass Zahlungen, die am Donnerstag angewiesen worden waren, noch ausgeführt wurden. Kollegen, denen ihr Gehalt erst am Freitag vor der Umstellung überwiesen wurde, mussten warten.
Das Problem besteht zudem offenbar in beide Richtungen: Apotheken berichten von Schwierigkeiten bei den Lastschriftmandaten. Demnach funktionieren Firmenlastschriften nicht zuverlässig, was zur Folge hat, dass die Großhändler nicht abbuchen könnten. Der private Großhändler Max Jenne hat seine Kunden schon informiert, dass sie den Betrag nicht freihändig überweisen sollen. Die Kieler Firma will die Sache für die Apotheken aussitzen.
Andere Großhändler verfahren dem Vernehmen nach ebenso – sorgen sich allerdings, dass sie und ihre Kunden bei anderen Banken negative Einträge bekommen könnten. Denn jede Zahlung, die nicht ausgeführt werden kann, bringt die Kontoinhaber erst einmal in Erklärungsnot. Offiziell ist von Problemen bei der Mandatsverwaltung die Rede.
Apotheken haben in den vergangenen Tagen zudem von Problemen bei der Kartenzahlung oder Überweisungen berichtet. „Ich zahle meine Bareinnahmen aktuell auf einem anderen Konto ein, damit ich die Gehälter meiner Mitarbeiter auf jeden Fall überweisen kann“, sagt eine Inhaberin. Außerdem gibt es immer noch Kollegen, die auf ihren Code für die Freischaltung der neuen App warten. Auffällig ruhig ist es derweil bei den Ärzten, die offenbar ein weniger stringentes Liquiditätsmanagement haben als die Pharmazeuten.
Langjährige Kunden wie Apotheker Michael Mantell aus Dortmund wünschen sich eine offenere Kommunikation der Apobank: Man kann doch auch Fehler gemeinsam korrigieren, wir wollen doch alle, dass das wieder läuft, aber diese Behauptungen und diese Antworten – das ist vom Kundenverhalten eine glatte Sechs“, empört sich der Inhaber der Stiftsapotheke in Dortmund im Video-Podcast WIRKSTOFF.A.
Einige seiner Kollegen sind mit ihrer Kritik anscheinend zu mehr bereit und haben sich nach eigenem Bekunden direkt an die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) gewandt. Ob der Casus Apobank hier tatsächlich wie behauptet schon unter Beobachtung steht, wollte ein BaFin-Sprecher auf Nachfrage weder bestätigen noch dementieren. Man könne grundsätzlich keine Aussagen zu einzelnen Banken machen, heißt es aus Bonn.
Der Schweizer Finanzblog „Inside Paradeplatz“ befasst sich derweil mit der Rolle der Firma Avaloq, mit der die Apobank ihre Umstellung vollzogen hat. „500-Millionen-Umstellung – und nichts geht mehr“, schreibt der Wirtschaftsjournalist und Macher der Website, Lukas Hässig. Die Avaloq erlebe ihr „Waterloo“ mit der Apobank.
„Das Zürcher Unternehmen in Händen einer englisch-amerikanischen Private-Equity-Firma ist dringend auf Erfolgsgeschichten angewiesen. Schließlich plant man den Börsengang, um das eigene Investment zu vergolden.“ Umso ärgerlicher sei ein Fehlstart wie bei der Apobank. Und das sei schließlich nicht das erste Mal. Bei der IT-Umstellung der BHF habe Avaloq auch schon ein „Desaster“ erlebt, das schließlich im Rechtsstreit geendet sei, berichtet Hässig.