Die Uhr tickt gegen die Apotheker Alexander Müller, 16.12.2014 11:25 Uhr
Die Uhr tickt – gegen die Apotheker und für ihre Banken: Am Jahresende verjährt die Einspruchsfrist bei vielen zu Unrecht erhobenen Kreditgebühren. Steuerberater Gilbert Hönig will deshalb seine Mandanten anhalten, sich noch vor Weihnachten bei ihrer Bank zu melden. Er setzt gerade bei der genossenschaftlichen Apotheker- und Ärztebank (Apobank) auf ein gemeinsames Interesse.
Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von Ende Oktober können Bankkunden zu Unrecht kassierte „formularmäßige Gebühren“ älterer Kreditverträge zurückfordern. Wer noch bis Ende 2014 Ansprüche stellt, kann mit seinen Forderungen bis in das Jahr 2004 zurück. Apotheker können mit guten Aussichten Gebühren für ihre Privatdarlehen einfordern, bei Unternehmerkrediten besteht Experten zufolge ebenfalls Hoffnung.
Hönig hat die Kredite seiner Mandanten überprüft und in vielen Fällen solche unzulässigen Kreditgebühren gefunden. In Einzelfällen geht es um fünfstellige Beträge, die die Banken schulden. Betroffen ist auch die Apobank. Die Genossenschaftsbank hat jahrelang ebenfalls Gebühren für Darlehensverträge erhoben, einer Sprecherin zufolge zwischen 2006 und 2012.
Viele Apotheker hätten jedoch Angst, sich mit ihrer Bank anzulegen, berichtet Hönig. „Es gibt vielfach die Befürchtung, dass die Bank dann die Kredite kündigt.“ Diese Sorge will er den Apothekern nehmen und trotzdem Rücksicht darauf nehmen. Deshalb will er die Bank nicht gleich verklagen, sondern setzt auf Zusammenarbeit.
Der BGH hatte in zwei Fällen zu Verbraucherkrediten entschieden. „Nach sorgfältiger Prüfung sind wir jedoch zu dem Schluss gekommen, dass die Entscheidungen des BGH auch auf Unternehmerkredite übertragbar sind“, so Hönig. Unklar ist, ob die Banken das auch so sehen. Dazu will Hönig die Apobank befragen.
In einem von seiner Kanzlei vorbereiteten Musterschreiben können die Kunden die Apobank auffordern, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. „Wir suchen keinen Streit“, so Hönig. Ihm geht es darum, etwaige Ansprüche in Ruhe im neuen Jahr zu klären, ohne dass man sich vor Gericht treffen muss.
Hönig hofft, dass sich die Apobank darauf einlässt – schließlich handele es sich um eine Genossenschaftsbank. „Aus meiner Sicht hätte die Bank das Thema von sich aus ansprechen müssen.“ Bis jetzt seien die Reaktionen aus Düsseldorf zu dem Thema sehr zurückhaltend gewesen.
Tatsächlich schweigt die Apobank zu den Folgen der BGH-Entscheidung. Das Urteil könne man erst kommentieren, wenn die Begründung vorliege, hieß es Ende Oktober. Doch auch seit deren Veröffentlichung hat sich die Apobank nicht dazu geäußert, wie sie mit dem Thema umgehen wird. Nur so viel: Man kläre etwaige Ansprüche bilateral mit den Kunden. Offen ist damit auch, wie viele Kunden betroffen sind und in welcher Höhe mögliche Rückforderungen über der Apobank schweben.
Eines jedenfalls weiß man in Düsseldorf: Wenn in der Silvesternacht die Sektkorken knallen, ist jeder Apotheker, der sich wegen seiner Gebühren nicht gemeldet hat, ein guter Kunde. Bislang profitieren die Banken von der Zurückhaltung ihrer Kunden. Vielleicht scheuen auch viele Apotheker in der Vorweihnachtszeit die Mühe, ihre alten Kreditunterlagen herauszusuchen. An anderen ist die BGH-Entscheidung möglicherweise vorbei gegangen. Denn von sich aus mussten die Banken ihre Kunden nicht auf die zu Unrecht erhobenen Gebühren hinweisen – und haben das natürlich auch nicht getan.
Auch die größte Steuerberatungsgesellschaft der Apotheker, die Treuhand Hannover, hat das Thema nicht vor sich hergetrieben. In der Dezemberausgabe des Kundenmagazins „Treuhand exklusiv“ wird über die BGH-Entscheidung unten auf Seite fünf in einem kurzen Beitrag berichtet. Unklar sei, ob das Urteil aus Karlsruhe auf betriebliche Kredite übertragbar sei, heißt es. Eine Handlungsempfehlung gibt es nicht. Die Treuhand hat allerdings auch weniger Veranlassung als andere Steuerberater, die Apotheker in dieser Sache aufzuscheuchen: Die Apobank ist zu gut einem Viertel an der Steuerberatungsgesellschaft beteiligt.
Aus juristischer Sicht ist für Betroffene wichtig, die Verjährung zu unterbrechen. Eine Forderung gegenüber der Bank reicht dazu nicht aus, eine Klage dagegen schon. Eine Anfrage lohnt sich aber trotzdem, bevor der Anwalt eingeschaltet wird. Zahlt die Bank widerstandslos zurück, bleibt der Kunde ansonsten auf den Gerichtskosten sitzen.
Der BGH hat den Beginn der dreijährigen kenntnisabhängigen Verjährung wegen der zuvor unklaren Rechtslage auf den Zeitpunkt Ende 2011 festgesetzt. Ab 2015 können damit nur noch Kreditgebühren angegriffen werden, die ab 2012 gezahlt wurden. Bis zum Jahresende können dagegen noch ältere Ansprüche geltend gemacht werden. Dabei greift dann die absolute Verjährung von zehn Jahren, die allerdings taggenau läuft.