Fällt der Rabattpartner aus und kann nicht liefern, übernehmen die Kassen die Festbetragsaufzahlung, wenn keine mehrkostenfreien Alternativen lieferbar sind. Weil dies angesichts der anhaltenden Engpässe allmählich teuer wird, zieht die AOK Konsequenzen und informiert darüber, die Nichtverfügbarkeit zu überprüfen. Gleichzeitig liefert die Kasse fragwürdige Hinweise für die Apotheken, wie die Aufzahlung umgangen werden kann.
„Das Thema Lieferdefekte beschäftigt nicht nur die Apotheken, sondern auch uns“, eröffnet die AOK Sachsen-Anhalt ihr Schreiben an die Apotheken. Denn seit Inkrafttreten des Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetzes (FKG) zum 1. August 2020 steht fest: Patient:innen müssen im Falle eines Lieferengpasses mögliche Mehrkosten nicht mehr aus eigener Tasche zahlen. Die Änderung des Rahmenvertrages setzt die Vorgaben um.
In § 11 Absatz 3 heißt es: „Ist bei einer Abgabe nach Absatz 2 kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 SGB V die Mehrkosten.“
Dabei muss die Apotheke vorrangig das rabattierte Arzneimittel abgeben. Kann nicht rabattvertragskonform geliefert werden, weil die Rabattarzneimittel nicht verfügbar sind, kann entsprechend § 11 Absatz 2 mit einem lieferbaren wirkstoffgleichen Arzneimittel, das den Aut-idem-Vorgaben entspricht, versorgt werden. Dabei ist die Abgaberangfolge zu beachten: Bei Arzneimitteln, die dem generischen Markt zugeordnet werden, ist eines der vier preisgünstigsten abzugeben. Sind diese defekt, kann das nächst teurere Präparat abgerechnet werden. Ist dieses ebenfalls nicht lieferbar, geht es eine Preisstufe höher.
Wird das verordnete Arzneimittel dem importrelevanten Markt zugeordnet, fällt zuerst die Wahl auf ein Arzneimittel, das nicht teurer ist als das verordnete. Bei der Auswahl hat die Apotheke preisgünstige Importe bevorzugt abzugeben. Dabei darf das abgegebene Arzneimittel nicht teurer sein als das preisgünstigste Parallelarzneimittel.
Scheiden alle Optionen entsprechend den Vorgaben des Rahmenvertrages aus, darf die Apotheke höherpreisig versorgen – oberhalb des Festbetrages. Der Preisanker muss nicht beachtet werden. Außerdem darf im importrelevanten Markt mit dem Original oder einem teureren Parallelarzneimittel versorgt werden.
Den Defekt muss die Apotheke dokumentieren. Dazu ist ein Defektbeleg beim Großhandel einzuholen. Darauf weist auch die AOK Sachsen-Anhalt hin: „Im Interesse unserer Solidargemeinschaft sind wir deshalb angehalten, die Nichtverfügbarkeit zum Abgabezeitpunkt festzustellen.“
Apotheken, die Festbetragsdifferenzen zulasten der Kasse abgerechnet haben, sollen folgende Hinweise beachten:
Wird das Rezept beanstandet, sei dies beispielsweise am Korrekturgrund 367 „Defektmeldung im Einspruch beifügen“ zu erkennen.
Außerdem weist die Kasse darauf hin, dass die Apotheken „weitere Möglichkeiten in Betracht ziehen“ sollen, um die Versorgung trotz Engpass sicherzustellen – die Wirtschaftlichkeit und die bedarfsgerechte Versorgung stets im Blick behaltend.
Das sind die „weiteren Möglichkeiten“:
Dabei gelte es zu beachten, dass die verordnete Gesamtmenge nicht überschritten werden darf.
Nach § 129 Absatz 4c Sozialgesetzbuch (SGB V) müssen die Vertragspartner (Kasse und Hersteller) eine bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten mit rabattierten Arzneimitteln sicherstellen. Ist ein rabattiertes Arzneimittel bei Rezeptvorlage nicht verfügbar, ist die Apotheke unmittelbar zur Abgabe eines lieferbaren wirkstoffgleichen Arzneimittels nach Maßgabe des § 129 Absatz 1 Satz 2 berechtigt.
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