Die Druckerschwärze der neuen Anlage 3 zur Hilfstaxe ist noch nicht getrocknet, da zeichnet sich in Berlin eine komplett neue Regelung für die Vergütung parenteraler Zubereitungen ab: Die AOK Berlin-Brandenburg will mit Apotheken Einzelverträge für Rezepturen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie schließen. Insgesamt 13 Gebietslose sind in der Hauptstadt ausgeschrieben.
Die auf ein Jahr befristeten Verträge sollen laut Ausschreibung am 1. April starten. Die Angebote der Apotheken müssen bis Anfang März bei der Kasse eingegangen sein. Das Zuschlagskriterium ist der niedrigste Preis. Bewerben können sich nur Apotheken. Sie können allerdings Herstellungsbetriebe als Unterauftragnehmer einbinden.
Der jeweilige Ausschreibungsgewinner muss die Versorgung der in seinem Gebietslos ambulant behandelnden Ärzte sicherstellen. Ausgenommen sind Ärzte, die durch eine der drei Krankenhausapotheken versorgt werden, mit denen die AOK Berlin-Brandenburg ebenfalls Verträge geschlossen hat.
Jede Apotheke kann sich allerdings nur um eines der 13 Gebietslose, die sich im wesentlichen an den Berliner Verwaltungsbezirken orientieren, bewerben. „Durch diese Regelung wollten wir monopolistische Strukturen bewusst ausschließen“, sagte ein Sprecher der AOK Berlin-Brandenburg gegenüber APOTHEKE ADHOC.
Der Berliner Apotheker-Verein (BAV) reagierte enttäuscht auf die Ausschreibung: „Es ist wirklich bedauerlich, dass die erst vor wenigen Tagen geschlossene Vereinbarung jetzt durch diese Ausschreibung wieder torpediert und ausgehebelt wird“, sagte BAV-Geschäftsführer Friedrich-Wilhelm Wagner gegenüber APOTHEKE ADHOC. Erst kurz vor Jahresende hatten sich der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband (DAV) auf eine neue Hilfstaxe verständigt.
Der Verband kritisiert zudem, dass qualitative Aspekte bei der Ausschreibung unberücksichtigt bleiben: „Wenn der niedrigstmögliche Preis zum alles bestimmenden Auswahlkriterium wird, kann sich dies nur zu Lasten der Versorgungsqualität auswirken“, so Wagner.
Nach Angaben der Apothekerkammer Berlin stellen derzeit 29 Apotheken in Berlin onkologische Rezepturen her. Durch die Beschränkung auf einen Anbieter pro Los wird mehr als jede zweite Apotheke infolge der Ausschreibung aus der Versorgung gedrängt.
Für eine Reihe von Apotheken steht laut Wagner daher zu befürchten, dass die Herstellung parenteraler Zytostatika bei einem Wegfall der AOK-Patienten wirtschaftlich nicht mehr zu bewerkstelligen ist. „Das hätte auch negative Auswirkungen auf die Versorgung von Patienten anderer Kassen.“
Bislang hatte die AOK Berlin-Brandenburg die Möglichkeit von Einzelverträgen nicht genutzt. Ihr jetziges Engagement begründet die Kasse mit den verbesserten Ausschreibebedingungen seit der AMG-Novelle: „Die Preisbindung für Fertigarzneimittel in parenteralen Rezepturen wurde aufgehoben. Außerdem erstreckt sich die gesetzliche Regelung nunmehr auf alle parenterale Rezepturen in der Onkologie“, sagte der AOK-Sprecher.
Bis Juli vergangenen Jahres hatte das Sozialgesetzbuch nur Verträge über Zytostatika-Rezepturen erlaubt. Durch die Erweiterung sind nun auch hochpreisige biotechnologisch hergestellte Arzneimittel wie Antikörper eingeschlossen.
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