Auch in der vergangenen Grippesaison haben die Apotheken dazu beigetragen, dass die Bevölkerung geimpft werden kann: Die Arztpraxen bestellten per Praxisbedarf die Impfstoffe über die Apotheken. Die Abrechnung der Rezepte ging jedoch nicht überall reibungslos über die Bühne. Denn: Die AOK Rheinland-Pfalz retaxierte sämtliche von Torben Schreiner eingereichten Rezepte auf Null. Der Inhaber der Sonnen-Apotheke in Albisheim kann es nicht fassen. „Ich habe einen Schaden von über 4000 Euro“, beklagt er.
Es ist ein Ereignis, das Schreiner aktuell stark beschäftigt: Die Null-Retaxationen der AOK Rheinland-Pfalz. „Die AOK hat die Rezepte über Praxisbedarf geprüft, welche im Zeitraum September bis Oktober letzten Jahres ausgestellt wurden“, erläutert er. „Man hat uns sämtliche Rezepte auf Null retaxiert, mit der Begründung, sie seien maschinell nicht lesbar“, so der Inhaber. Es entstehe ihm ein Schaden von über 4000 Euro“, beklagt er.
„Wenn man sich besagte Rezepte händisch anschaut, kann man die Verordnung klar lesen“, so Schreiner. „Wir haben daraufhin Einspruch eingelegt und uns zu den retaxierten Rezepten von den Praxen auch Duplikate organisiert“, so der Apotheker. Diese habe er mit dem Einspruch eingereicht. „Eigentlich hätte somit endgültig klar erkennbar sein sollen, ob Verordnung und Abgabe zueinander passen.“
Weit gefehlt: „Dem Einspruch wurde auch dieses Mal nicht stattgegeben“, so Schreiner. Die Begründung: „Jegliche Bestätigungen nach der Abrechnung durch den verordneten Arzt werden nicht akzeptiert", so die AOK. „Dieses Vorgehen ist modernes Raubrittertum“, so der Inhaber entsetzt. Er habe somit unter anderem „die kompletten Grippeimpfungen 2023/24 für die örtliche Bevölkerung selbst finanziert“, stellt er klar. Doch damit nicht genug: „Es werden vermutlich noch weitere Retaxationen für den Zeitraum von Dezember bis September folgen“, so Schreiner. „Dieses Vorgehen, gesetzlich legitimiert, lässt mich sprachlos zurück.“
Der Fall wurde nun dem Apothekerverband übergeben, der diesen mit in die Schiedsstelle trägt. „Solche Retaxationen hatte ich in dieser Form noch gar nicht“, so der Inhaber. „Ich weiß aus Gesprächen, dass ich kein Einzelfall bin. Es betrifft mehrere Apotheken. Meistens bei Efluelda-Verordnungen, sprich dem hochdosierten Grippeimpfstoff für ältere Menschen“, so Schreiner. Er selbst habe Verordnungen im dreistelligen Bereich von den umliegenden Arztpraxen erhalten und einen entsprechenden Schaden zu verkraften.
Bei dem angefragten Sachverhalt gehe es um die Abgabe von Sprechstundenbedarf, dessen krankenkassenseitige Abrechnung in Rheinland-Pfalz die AOK stellvertretend für alle gesetzlichen Krankenkassen durchführe, heißt es von der Kasse. Dies geschehe konkret in der sprechstundenbedarfsverwaltende Abrechnungsstelle. „Der Aufdruck bei den im Rahmen des Einspruchs vorgelegten Verordnungsduplikaten weicht jeweils von den zur Abrechnung eingereichten Originalverordnungen ab, sodass schon deshalb die vorgenommenen Retaxationen aus Sicht der sprechstundenbedarfsverwaltenden Abrechnungsstelle sachgerecht sind“, so ein Sprecher.
Und weiter: „In diesem Zusammenhang möchten wir darauf hinweisen, dass in Rheinland-Pfalz zur Klärung von Meinungsverschiedenheiten/Taxbeanstandungen ein Schlichtungsverfahren etabliert ist. Wir regen daher an, dass der paritätisch besetzte Schlichtungsausschuss sich diese Verordnungen im Detail anschaut und den Sachverhalt bewertet. Der Schlichtungsausschuss kann dabei von den Apotheken angerufen werden, die dem Arzneilieferungsvertrag beigetreten sind.“ Die betroffene Apotheke sei nach Kenntnis der AOK diesem Vertrag beigetreten.
„Die sprechstundenbedarfsverwaltende Abrechnungsstelle wird im Falle der durch die Apotheke beantragten Schlichtung den Ausgang dieser Verfahren abwarten und somit gegenüber der betroffenen Apotheke vorerst auf eine Absetzung der im Schlichtungsverfahren befindlichen, retaxierten Verordnungen ausnahmsweise verzichten“, so der AOK-Sprecher.
Die Aussage der AOK sei laut Schreiner so nicht komplett korrekt: „Denn die vorgelegten Verordnungsduplikate sind in der Verordnung exakt identisch.“ Die betroffene Praxis habe die Verordnungen nochmal ausgedruckt und mit „Duplikat“ gekennzeichnet. Alles, was sich demnach vom Original unterscheide, seien „das Wort Duplikat und das Ausdruckdatum der Rezepte“, erklärt der Apotheker.
Zudem sei die Begründung der Ablehnung auch erst anders von der AOK formuliert worden: „Der verordnete Artikel und die verordnete Menge auf der Verschreibung des Arztes müssen lesbar sein, für den Arzt, für die Apotheke, für den Kostenträger und die sich gegebenenfalls anschließende Prüfungseinrichtung, hieß es von der AOK“, erklärt Schreiner. Und weiter: „Ohne Kenntnis des verordneten Artikels und der verordneten Menge sei die Berechnung des Abrechnungspreises des Arzneimittels für die Kasse unmöglich.“ Nun heiße es plötzlich, dass sich Original und Duplikat nicht glichen. „Ich bin verwirrt“, so Schreiner.
Die Konsequenz: „Ich werde mich an den Schlichtungsausschuss wenden, der Apothekerverband wird mich vertreten. Jetzt heißt es weiter abwarten“, so der Inhaber.