Retax, Einspruch, Rolle rückwärts: Die AOK Hessen hat die Verordnung über ein PEG Verbandwechselset retaxiert – zu Unrecht. Dass es keinen Zusammenhang zwischen einem suprapubischen Katheter und Sondennahrung gab, hatte die Kasse erst nach mehreren Anläufen erkannt. „Es handelt sich um einen Fehler auf unserer Seite“, gesteht die AOK Hessen ein.
Bei der Abgabe von Verbandstoffen kommen immer mal wieder Fragen auf. Fehler können sich aber nicht nur bei der Abgabe in der Apotheke einschleichen, sondern auch auf Seiten der Kostenträger, wie unser Beispiel zeigt.
Einer Apotheke in Hessen flatterte eine Reatxation ins Haus. Verordnet war ein PEG Verbandwechselset unter Angabe der Diagnose: „suprap. Dauerkatheterträger“. Das Rezept wurde im November vergangenen Jahres entsprechend beliefert und im August 2020 von der Kasse beanstandet. Die Begründung ist wie folgt: „Vertrag über die Versorgung mit Sonden- und Trinknahrung; Versorgungspauschale.“ Es geht um 113 Euro und weitere Rezepte sollten folgen.
Der Apotheker legte Widerspruch ein. „Die Kürzung des PEG Verbandwechselsets auf die Versorgung Sondenpauschale ist unzulässig“, so der Apotheker, der zwar dem Gesamtvertrag der Kasse beigetreten ist, aber den Kunden weder mit Nahrung noch mit Hilfsmitteln in diesem Zusammenhang beliefert. Das übernehme ein Lieferant, wie sich im Nachhinein herausstellte.
Das wusste die Apotheke zum Zeitpunkt der Abgabe aber gar nicht. „Selbst, wenn wir mit der AOK einen Belieferungsvertrag für diesen Kunden abgeschlossen hätten, wäre eine Kürzung der Pauschale unzulässig gewesen, weil die angegebene ärztliche Diagnose nicht im Rahmen der enteralen Ernährung angewendet werden darf.“ Den Einspruch lehnte die Kasse ab und machte dann doch eine Rolle rückwärts.
Die Apotheke ließ nicht locker. Schließlich konnte das Problem nach erneuter Nachfrage doch noch aufgeklärt werden. „Es handelt sich um einen Fehler auf unserer Seite“, teilt ein Sprecher der Kasse mit. Die Apotheke sei dem Vertrag zur Belieferung von Nahrung beigetreten, räumt die Kasse ein. Daher müssten diese Produkte und dazugehörige Verbandstoffe mit einer Pauschale abgerechnet werden, heißt es – und bei all diesen Apotheken würden natürlich auch die Abrechnungen geprüft. „Dabei wurde übersehen, dass die Verordnung aus dem November 2019, um die es hier geht, gar nicht in diesem Zusammenhang steht, sondern, wie auf dem Rezept im Grunde auch vermerkt, zur Versorgung des suprapubischen Katheters diente. Leider wurde das von uns nicht erkannt.“
Daraufhin habe sich die Kasse mit der Apotheke telefonisch in Verbindung gesetzt, entschuldigt und das weitere Verfahren geklärt, so ein Sprecher. Solange der Vertrag läuft, werde der Apotheker zukünftig darauf achten, dass Verordnungen eines PEG Verbandwechselsets für den betroffenen Kunden vom Arzt mit dem Zusatzvermerk „suprapubischer Katheter“ versehen sein müssen. Fehle der Vermerk, solle der Apotheker entsprechende Rücksprache mit der Praxis halten, inwieweit die Diagnose zutreffe. Das Ergebnis soll entsprechend dokumentiert werden. „Außerdem wird er, der Form halber, einen zweiten Widerspruch einreichen, sodass wir unsere Entscheidung revidieren können. Eine Retaxierung findet nicht statt“, so die Kasse.
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