Hochpreiser zu früh abgerechnet Alexander Müller, 29.05.2015 11:26 Uhr
Teure Arzneimittel sind in Apotheken nicht mehr gern gesehen. Der geringe prozentuale Zuschlag zum Fixhonorar gleicht das enorme Inkassorisiko nicht aus, auch im Einkauf sind die Hochpreiser unattraktiv. Um wenigstens möglichst schnell an ihr Geld zu kommen, ziehen manche Apotheken die Rezepte bei der Abrechnung vor. Oft werden die „verfrühten“ Rezepte vom Rechenzentrum oder von der Kasse zurückgeschickt. Die AOK Nordost hat in einem Fall jetzt auf Null retaxiert und der Apotheke zunächst verwehrt, das Rezept erneut einzureichen.
Die betroffene Apotheke aus Sachsen hat überdurchschnittlich viele hochpreisige Arzneimittel. Die Apotheke rechnet mit der VSA ab. Das Münchener Rechenzentrum holt die Rezepte in zwei Touren am ersten Werktag und Mitte des Monats ab. Da in der Apotheke regelmäßig auch am Tag der Abholung mehrere Hochpreiser abgegeben werden, gibt der Inhaber diese Rezepte dem Boten der VSA mit, bislang ohne Probleme.
Doch jetzt retaxierte die AOK Nordost Impfstoffe für den Praxisbedarf mit Verweis auf ein falsches Abgabedatum. Es handele sich um einen Erfassungsfehler der Abrechnungsstelle, heißt es in der Korrektur. Offenbar war bei der Abrechnung tatsächlich der 29. Juli eingetragen, laut Rezept erfolgte die Abgabe aber am 1. August.
In diesem Fall geht es insgesamt um knapp 3000 Euro. Dem Apotheker könnten jedoch weitere und schmerzhaftere Retaxationen drohen, da die Hochpreiser immer so früh wie möglich in die Abrechnung gegeben werden.
Es gibt Apotheken, die mit dieser Praxis seit Jahren gut fahren. Dass die Kassen Rezepte für den „Folgemonat“ nicht akzeptieren, ist aber ebenfalls üblich. Die AOK Nordost stellte auf Nachfrage klar: „Laut Arzneilieferverträgen muss die Rechnungslegung der Apotheken grundsätzlich für den abgeschlossenen Kalendermonat erfolgen.“
Normalerweise sortieren die Rechenzentren diese Rezepte zur Sicherheit vorher aus und schicken sie an die Apotheke zurück – es sei denn, die Apotheke besteht auf eine vorzeitige Abrechnung. Das war bei der sächsischen Apotheke nach deren Angaben nicht der Fall.
Die Rechenzentren prüfen die Rezepte zwar, bevor sie sie bei der Kasse einreichen. Trotzdem kann es immer mal passieren, das eine falsche Verordnung „durchrutscht“. Die AOK teilte dazu mit: „Wenn in Einzelfällen seitens der Rechenzentren der Apotheken eine andere Zuordnung erfolgt, wird zunächst retaxiert. Die Apotheke hat das Recht Widerspruch einzulegen. Dieser wird unter Abwägung der Besonderheiten geprüft.“
Doch damit hatte die Apotheke zunächst keinen Erfolg: Telefonisch wurde ihr seitens der Kasse mitgeteilt, dass es keine Möglichkeit gebe, das Rezept zurück zu bekommen. Man habe sich hierzu auch mit der AOK Plus abgestimmt, die normalerweise für die sächsische Apotheke „zuständig“ ist. Die Apotheke hat Einspruch gegen die Nullretaxation eingelegt, bislang aber noch nichts von der Kasse gehört. Ein Sprecher der AOK Nordost teilte nach Prüfung des Falls durch die Fachabteilung aber mit, dass der Einspruch anerkannt werden soll.