Zyto-Vertrag für Ex-Verbandschef Alexander Müller, 07.07.2016 12:54 Uhr
Dr. Peter Homann bezeichnet sich selbst als „Neuling“ unter den Zyto-Apothekern. Der ehemalige Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbands (HAV) hat bei der Ausschreibung der AOK zwei Losgebiete gewonnen. Über ein eigenes Sterillabor verfügt seine Alte Apotheke in Schlüchtern nicht. Für die Herstellung hat er einen Lohnhersteller beauftragt. Als Kapitulation will er seine Beteiligung aber nicht verstanden wissen.
Mit Sterilrezepturen hat sich Homann in der Vergangenheit kaum befasst. Nur einen ortsansässigen Urologen habe er einmal versorgt, berichtet der ehemalige HAV-Chef. An der Ausschreibung habe er sich beteiligt, weil ihn das Thema interessiere. Ab August versorgt er ein MVZ in Fulda sowie vier onkologischen Praxen im Main-Kinzig-Kreis.
Sein Aufwand hält sich dabei allerdings in Grenzen. Die Herstellung übernimmt die Firma Rhein Main Compounding, vormals Henke Pharma aus Aschaffenburg. Auch die Gebote wurden von dem Lohnhersteller kalkuliert, Homann kennt die Preise nach eigenen Angaben selbst gar nicht. Auf einen womöglich ruinösen Bieterwettstreit hätte er sich ohne die entsprechende Erfahrung auch nicht eingelassen.
Homann bekommt für den administrativen Aufwand eine Pauschale pro hergestellter Rezeptur. In seiner Apotheke reiche es aus, einen Arbeitsplatz einzurichten. „Deshalb habe ich mich überhaupt beteiligt“, so Homann. Er hat sich für die beiden Losgebiete Fulda und Schlüchtern/Geinhausen/Büdungen/Gedern beworben und hatte jeweils Erfolg.
Dass sich mit Homann ein ehemaliger Verbandschef an einer Zyto-Ausschreibung beteiligt, entbehrt nicht einer gewissen Brisanz. Immerhin setzt sich der Deutsche Apothekerverband (DAV) schon länger dafür ein, dass solche Ausschreibungen generell verboten werden. DAV-Chef Fritz Becker hatte zuletzt noch einmal betont, dass Zytostatika für Rabattverträge nicht geeignet seien. „Die Krankenkassen haben hier leider jedes Maß verloren“, so Becker im April. Von der Politik forderte er entsprechende Gesetzesänderungen.
Homann sieht das entspannt: „Wenn Herr Becker das Verbot solcher Ausschreibungen durchgesetzt bekommt, gratuliere ich ihm und höre sofort auf.“ Im Übrigen wisse der DAV-Chef, dass er sich an der Ausschreibung beteiligt habe.
Finanzielle Interessen standen bei Homann nach eigenem Bekunden nicht im Vordergrund. Mit der vereinbarten Vergütung pro Anfertigung sei kein Vermögen zu verdienen. Da sein eigener Aufwand überschaubar ist, geht der ehemalige HAV-Chef dennoch davon aus, dass sich die Beteiligung für ihn lohnt. Der Vertrag läuft zunächst für ein Jahr, mit Option auf Verlängerung. Ob die Alte Apotheke bis zum Schluss dabei ist, hängt nicht nur vom Erfolg der Verträge ab: Homann sucht einen Nachfolger für seine Apotheken, spätestens für zwei bis drei Jahren soll für ihn in der Offizin Schluss sein.
Die AOK Bundesverband hatte im März die Versorgung mit Sterilrezepturen in insgesamt fünf Bundesländern ausgeschrieben – Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein. Bislang hat nur die AOK Hessen die Zuschläge erteilt, die AOK Rheinland/Hamburg und AOK Nordost sind noch nicht so weit.
In Hessen übernehmen ab August 13 Apotheken die Versorgung von Krebspatienten. Allerdings ist die Zusammenarbeit mit Onkologen nicht überall exklusiv: In den vier Losgebieten Marburg, Gießen, Schwalmbach und Korbach/Bad Wildungen/Frankenberg hat sich keine einzige Apotheke bei der AOK beworben. Die Lose werden in der Ausschreibung aufgehoben. Damit können die Onkologen in diesen Regionen nach wie vor mit Apotheken ihrer Wahl zusammenarbeiten.
Nach dem Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts (BSG) zu Zyto-Verträgen war zu erwarten, dass die Kassen vermehrt auf Exklusivvereinbarungen in diesem Bereich setzen würden. Neben der AOK gibt es eine gemeinsame bundesweite Ausschreibung von DAK und GWQ. Innerhalb der Union wird derweil noch diskutiert, ob solche Verträge verboten werden sollen.