AOK-Blisterprojekt wird verlängert Janina Rauers, 29.12.2009 11:13 Uhr
Eigentlich sollte das Pilotprojekt der AOK Bayern zur patientenindividuellen Verblisterung nach einem Jahr beendet sein. Doch nun denkt die Kasse über eine Verlängerung nach. Zwar läuft der Pilotversuch nach AOK-Angaben erfolgreich. Offenbar reichen aber die bislang gesammelten Daten für die anvisierte wissenschaftliche Auswertung durch das Münchener Institut für Gesundheitsökonomik nicht aus.
Im Rahmen des Pilotprojekts soll geklärt werden, ob durch die Verblisterung zusätzliche Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte vermieden werden können. Außerdem wird die tablettengenaue Abrechnung getestet. Die Resonanz der sieben beteiligten Apotheker sowie der Patienten und Pflegeheime sei durchweg positiv, sagte eine Sprecherin der AOK gegenüber APOTHEKE ADHOC.
Wie viele Patienten teilnehmen, wollte man bei der AOK auf Nachfrage aber nicht verraten. Man wolle der wissenschaftlichen Auswertung nicht vorgreifen, hieß es. Falls das Projekt in die Verlängerung geht, soll die Patientenanzahl jedenfalls gleich bleiben. Einziges Ziel sei es, weitere Daten für die wissenschaftliche Projektauswertung zu sammeln, hieß es bei der Kasse.
Die Pharmazeuten werden tablettengenau nach dem Herstellerabgabepreis vergütet, hinzu kommt eine Pauschale von 6,10 Euro pro Woche und Blister. Sechs der Apotheken aus dem Pilotprojekt verblistern selbst maschinell. Ralf König, Inhaber der „König's Apotheke“ in Nürnberg, wird von der Kohl-Tochter 7x4 mit fertigen Sichtverpackungen beliefert, da er bisher manuell verblisterte. Die AOK testet aber nur maschinell verblisterte Medikamente.
König glaubt an das AOK-Projekt, sieht aber auch Probleme: „Die Blister selbst kommen in den Heimen sehr gut an. Schwierig sind aber die bürokratischen Details.“ Weniger als 20 der insgesamt 800 Patienten, für die er verblistert, entfallen auf das AOK-Projekt. Nur ein einziges von König beliefertes Pflegeheim nimmt an dem Modellversuch teil „Die Heime, die wir bereits versorgen, akzeptieren kein zusätzliches Kartenblistersystem“, sagte König gegenüber APOTHEKE ADHOC. Und die Akquise neuer Kunden sei schwierig und zeitaufwändig - schließlich dürfe mit dem AOK-Projekt nicht geworben werden.
Neben den Heimen müssen die behandelnden Ärzten der patientenindividuellen Medikation zustimmen; für die Projektteilnahme wird zusätzlich eine Einwilligungserklärung der Patienten benötigt. Falls das Projekt verlängert wird, will König erneut versuchen, die von ihm bereits belieferten Heime für die maschinell hergestellten Blister zu begeistern. Dann könnte sein Team rund 100 zusätzliche Patienten in das Projekt holen, schätzt König.
Rund 350 Patienten versorgt die Apotheke im Elisenpalais Aschaffenburg für das AOK-Projekt mit Schlauchblistern. Dr. Eriche Henke, Apothekeninhaber und Geschäftsführer des Blister Centers Aschaffenburg, sieht den Modellversuch als Chance, sich „als strategischer Partner beim Arzneimittelmanagement“ zu etablieren und von Versandhändlern abzugrenzen. Die AOK honoriere die Apotheker zudem angemessen für die entstehende Mehrarbeit. Das Blister Center betreibt Henke als Joint Venture mit Phoenix; der Mannheimer Pharmahändler hält 85 Prozent der Anteile.
Generellen Zuspruch für das Projekt gibt es auch bei 7x4. Das Projektdesign sieht die Kohl-Tochter allerdings kritisch: Es gebe Zweifel, ob die Patientenanzahl für eine wissenschaftliche Bewertung überhaupt ausreiche, sagte ein Unternehmenssprecher gegenüber APOTHEKE ADHOC. Auch Vorher-Nachher-Vergleiche seien schwierig, da viele Patienten bereits vor dem Pilotprojekt mit Blistern versorgt wurden.
Dem widerspricht die AOK: Bei der Auswertung könnten die Wissenschaftler auf „transparente Zahlen“ zurückgreifen. Da die meisten Apotheken entsprechend der gesetzlichen Voraussetzungen erst seit 2008 verblisterten, könne man auf Erfahrungen der klassischen Versorgung zurückgreifen, so die AOK. Außerdem werde die tablettengenaue Abrechnung des Modellprojekts mit der herkömmlichen Abrechnung verglichen.