Was heißt schon persönliche Leitung? Carolin Bauer, 18.08.2016 10:18 Uhr
Personal, QMS, Beratungspflicht: Inhaber haben mit dem Betrieb ihrer Apotheke in der Regel viel zu tun. Durchgehend in der Offizin stehen muss der Chef zwar nicht, doch die „persönliche Leitung“ ist gesetzlich vorgeschrieben. Für Nebentätigkeiten des Apothekenleiters gibt es keine konkrete Vorschrift, doch die Pharmazieräte haben sich auf eine Mindestumfang geeinigt.
Eine Apotheke muss persönlich vom Apothekenleiter beaufsichtigt werden. Das ist im Apothekengesetz (ApoG) geregelt. Demnach verpflichtet die Betriebserlaubnis zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung. „Ausnahmen sind nicht vorgesehen“, sagt Dr. Annett Zielosko, Vorsitzende der Arbeitsgruppe Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen (AATB).
Die persönliche Leitung bedeute nicht nur Lenkung, sondern auch persönliche Beaufsichtigung des Betriebes und des Personals, erklärte die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) in ihrer Resolution aus dem Jahr 2011. „Eine persönliche Beaufsichtigung erfordert eine körperliche Anwesenheit des Apothekenleiters“, stellten die Pharmazieräte klar.
Auch in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) ist die persönliche Leitung geregelt. Demnach hat der Apothekenleiter der zuständigen Behörde jede weitere berufliche oder gewerbsmäßige Tätigkeit anzuzeigen, bevor sie aufgenommen wird. „Damit kann die zuständige Behörde überprüfen, ob der Umfang der Nebentätigkeit der persönlichen und verantwortlichen Leitung entgegensteht“, so die APD. Zur Gewährleistung sei eine Nebentätigkeit nur bis zu einem Umfang von maximal acht Stunden pro Woche während der Öffnungszeiten der Apotheke möglich, legten sie fest.
Der Apothekenleiter muss nicht durchgängig in der Offizin stehen. Einen Anhaltspunkt für die Beurteilung bietet die Beschäftigung eines Filialleiters, der – genauso wie der Chef selbst – eine persönliche Leitungsverpflichtung hat. Die APD erklärt in ihrer Resolution: Der Filialleiter muss in Vollzeit angestellt sein, also mindestens 40 Stunden pro Woche anwesend sein.
In der täglichen Praxis sei der Apothekenleiter üblicherweise nicht während der gesamten Öffnungszeiten anwesend, so Zielosko. „Auch bei Hauptapotheken kann davon ausgegangen werden, obwohl deren Leiterinnen oder Leiter nicht an eine wöchentliche maximale Arbeitszeit gebunden sind.“ Daraus sei aber nicht zu schließen, dass die persönliche Leitung nicht wahrgenommen werde. Vielmehr müsse die verantwortliche Person Sachwalterin des Geschehens bleiben.
Der Inhaber kann Aufgaben zwar an sein Personal abgeben, muss aber die Durchführung beaufsichtigen. „Grundsätzlich muss in jeder Apotheke während der Öffnungszeiten eine Apothekerin oder ein Apotheker anwesend sein“, so Zielosko. Diese Forderung ist einem Apotheker aus Hagen 2011 auf die Füße gefallen. Der wurde von der Amtsapothekerin zu einer Strafe von 200 Euro verdonnert, weil er 15 Minuten beim Arzt im Nebenhaus war – und kein anderer Approbierter zugegen.
Der Apotheker wehrte sich vor Gericht, war aber nicht erfolgreich. Schließlich zahlte er das Bußgeld. „Ich finde die Entscheidung der Amtsapothekerin bis heute nicht nachvollziehbar“, sagt er. Seine Mitarbeiter seien informiert gewesen. „Ich war für sie greifbar und hatte mein Handy dabei.“
Im Jahr darf sich der Apothekenleiter maximal drei Monate von einem anderen Apotheker vertreten lassen. Auch längere Auszeiten sind möglich, wenn „ein in der Person des Apothekenleiters liegender wichtiger Grund“ vorliegt und die zuständige Behörde dies zulässt.
Alternativ kann sich ein Apothekenleiter von einem Apothekerassistenten oder einem Pharmazieingenieur vertreten lassen. Allerdings ist das für maximal vier Wochen im Jahr möglich. In diesem Fall gilt eine Anzeigepflicht. Voraussetzung ist außerdem, dass der Apothekerassistent oder Pharmazieingenieur für die Vertretung geeignet ist und im Vorjahr mindestens sechs Monate hauptberuflich in einer Apotheke beschäftigt war.
Bei Filialleitern schaut die Aufsicht regelmäßig in den Arbeitsvertrag: Meist wird eine tarifliche Vollzeitstelle vorausgesetzt, aktuell also 40 Wochenstunden. Wenn lange Öffnungszeiten aufgrund der Arbeitsverträge des Filialleiters und anderer Approbierter möglicherweise nicht abgedeckt werden können, kann die Aufsicht auch einen konkreten Personaleinsatzplan anfordern.