Der erste Notdienst im Jahr hat Apotheker Thomas Luft ein ungewöhnliches Kundengespräch beschert. Ein Anrufer mit asiatischer Landesvorwahl erkundigte sich auf Englisch nach dem Chef. Der Inhaber der Post-Apotheke in Edingen-Neckarhausen ging von einem unerwünschten Werbeanruf aus und wimmelte den Mann ab. Kurz darauf erhielt er eine negative Bewertung bei Google. Es habe sich offenbar nicht um einen sogenannten „Cold Call“, sondern um einen Urlauber gehandelt, so Luft.
Luft räumte am vergangenen Sonntag gerade die Großhandelsbestellungen aus, als das Telefon klingelte. Es war kurz nach 8.30 Uhr. Der Notdienst hatte gerade begonnen. Auf dem Display der Telefonanlage war eine fremde Nummer zu sehen. Ein Mann meldete sich auf Englisch und wollte den „Shop Owner“ sprechen. „Das habe ich natürlich verneint“, so Luft. Der Apotheker ging von einem unerwünschten Werbeanruf aus Fernost aus und legte auf.
Kurz darauf erhielt er per E-Mail einen Hinweis, dass bei Google eine neue Bewertung eingegangen sei. Sie stammte von Jihong Kim. „Unlikely noted, owner said Sunday was not opened“, beschwerte sich der Asiate im Internet darüber, dass – anders als beschrieben – der Chef gesagt habe, die Apotheke sei geschlossen. „Das war schon seltsam“, so Luft, der sich über den „einen Stern“ ärgerte.
Der Apotheker wunderte sich über den Anrufer mit der südkoreanischen Landesvorwahl 0082. Zunächst ging er von einem japanischen Anrufer aus. „Da rufe ich nicht zurück, bei einem deutschen Mobiltelefon hätte ich das gemacht.“ Bei dem Mann habe es sich offenbar um einen Urlauber auf Tour durch Südwestdeutschland gehandelt, so Luft. Denn kurze Zeit später vergab der Südkoreaner für die Heidelberger Linden-Apotheke fünf Sterne – die höchste Bewertung bei Google. Dort sei man sehr „nett und freundlich“.
Luft kommentierte die schlechte Rezension des Südkoreaners, entschuldigte und erklärte sich auf Englisch. „Falls Sie wirklich pharmazeutische Beratung benötigten, sollte er gerne am Sonntag nochmals anrufen.“ Er habe im Notdienst keine Anrufe aus Asien erwartet. Zudem fragte er, ob es möglich sei, die negative Bewertung zu ändern. Eine Antwort erhielt er nicht. „Ich erwarte nicht, dass da was kommt.“
Vielleicht habe es mit der unterschiedlichen Kultur zu tun, dass man in Asien am Sonntag in einer Apotheke direkt nach dem Chef verlange. „Dort landet man eventuell zunächst im einem Call-Center“, erklärt sich Luft den Gesprächseinstieg des Kunden. Die deutschen Kunden fragten am Telefon am Wochenende oder in der Nacht meist: „Haben Sie offen?“, so Luft, der die 1980 gegründete Apotheke 2007 von seinem Vater übernommen hat.
Er kenne die Frage „May I speak to the owner?“ bisher nur von unerwünschten Werbeanrufen, die zuletzt vermehrt aus Singapur eingingen. „Ich dachte, es handelt sich um die gleiche Masche.“ Deshalb sei er skeptisch gewesen. Künftig will Luft im Notdienst bei ungewöhnlichen Anrufen konkret nachfragen. Dass seine bis dato durchweg positive Google-Bewertungen durch den Anrufer aus Fernost einen halben Stern verloren haben, ärgert ihn nicht mehr.
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