Alte Apotheke: „Verwaltung war überfordert“ APOTHEKE ADHOC, 24.01.2018 17:40 Uhr
Im Prozess gegen den mutmaßlichen Pfusch-Apotheker Peter S. haben heute zwei Mitarbeiterinnen der Alten Apotheke ausgesagt. Sie gaben Einsicht in die Abläufe der Buchhaltung.
Laut Apothekenmitarbeiterin Birgit K. war die Verwaltung überfordert. Die Apotheke sei schnell gewachsen und die Buchhaltung hätte das Wachstum nicht bewältigen können. So habe es immer ein Missverhältnis zwischen dem tatsächlichen und dem verbuchten Warenbestand gegeben. Bei der ersten Inventur sei es „drunter und drüber“ gegangenen, berichtete K. laut dem Recherchekollektiv Correctiv. Daraufhin sei eine zweite Inventur angesetzt worden, bei der K. aber nicht anwesend war.
Immer wieder sei es zu Konflikten zwischen S. und seiner Mutter gekommen, die die Mitarbeiterin als „Herrscherin des Kellers“ bezeichnet. Dort habe die Mutter den Wareneingang kontrolliert und eine ordnungsgemäße Verbuchung gestört. Sie habe ein enges Verhältnis zum Steuerberater gehabt und vermutlich die wirtschaftliche Situation der Apotheke gekannt. Wenn S. fit war, habe er sich gegen seine Mutter durchsetzen können, bei Kopfschmerzen habe er nachgegeben, berichtet die Mitarbeiterin.
Arztpraxen hätten bei Bestellungen hohe Rabatte erhalten oder gar nicht gezahlt. S. habe die Weihnachtsfeier der Praxis bezahlt, in der K. früher gearbeitet hat. Bei den Ärzten habe sie 3500 Euro brutto verdient, in der Alten Apotheke 5500. K. soll ein enges Verhältnis zu S. gehabt haben. Der Chef habe ihr und ihrem Freund eine Kreuzfahrt geschenkt, berichtet K. Da ihr das teure Geschenk unangenehm gewesen sei, habe sie S. gebeten, mit ihnen auf die Kreuzfahrt zu kommen.
Als zweite Zeugin wurde die Apothekerin Ramona S. vernommen. Sie war laut K. für Rezepturen in der Apotheke zuständig. Es habe häufig Probleme mit dem Warenprogramm der Apotheke gegeben, sagte Ramona S. laut Correctiv. Das Programm habe angegeben, dass Ware in der Apotheke vorrätig, tatsächlich aber nichts mehr im Lager gewesen sei oder es gab an, es gebe das Medikament nicht mehr, wenn es noch vorrätig war.
Wie bereits andere Mitarbeiter vor ihr, so gab auch Ramona S. an, dass Peter S. ohne Schutzkleidung im Labor gearbeitet habe. Einige Male habe sie ihn dort im Anzug gesehen, ihn aber nicht darauf angesprochen. Wenn Peter S. auf Reisen war, hätten PTA im Zyto-Labor die Infusionen hergestellt.
Vor einem Besuch der Amtsapothekerin habe man an einigen Türen Schilder mit der Aufschrift „Nur für Personal“ angebracht. Die Amtsapothekerin habe mit Peter S. Kaffee getrunken, bevor sie die Apotheke kontrollierte. Der Anwalt der Nebenklage fragte Ramona S., ob ein Patient im Dezember 2016 ein abgelaufenes Krebsmedikament in der Alten Apotheke erhalten habe. Daran konnte sich Ramona S. nicht erinnern.