„Ja“ oder „Nein“ zur öffentlichen Apotheke?

„Als würden wir in einem schlechten Traum feststecken“

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Berlin -

Inhaber Johannes Meis betreibt die Apotheke Meis am Krankenhaus im niedersächsischen Cloppenburg. Seiner Meinung nach ist die grundlegende Frage zur Stunde, ob der Gesetzgeber weiterhin auf eine Vor-Ort-Struktur mit Apotheken bauen möchte oder nicht. Da das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) noch ganz frisch ist, könne jetzt noch eingegriffen werden. Allerdings sei die Skonto-Streichung nur ein weiteres Problem der öffentlichen Apotheke, das Anlass zu Sorge und Verunsicherung gebe.

„Die Folgen für die Apotheke kann man grob hochrechnen“, erklärt Meis. „Sagen wir: Eine Apotheke hat Einnahmen von 2,4 Millionen Euro mit einem Rx-Anteil von 80 Prozent. Wenn wir hier von 1,6 Millionen Euro ausgehen, dann fehlen durch die gestrichenen 3 Prozent Skonto ungefähr 38.000 Euro im Jahr.“

Die Treuhand hatte zuletzt geschätzt, dass ein Verbot von Skonti jede Apotheke im Durchschnitt beim Betriebsergebnis einen Betrag von 22.000 Euro kosten könnte. Hier ist laut Meis zu vermuten, dass Hochpreiser herausgerechnet wurden.

Zum erhöhten Kassenabschlag und steigenden Personalkosten komme nun der Verlust des Rx-Skontos hinzu. „Da kann man sich ausrechnen, dass sich eine Apotheke irgendwann eben nicht mehr rechnet.“

Der Gesetzgeber ist am Zug

Von den 3 Prozent Skonto hätten die Apotheken bislang stets inflationsbereinigt profitiert. „Auch wenn die Firmen ihre Preise anpassen, bekommen wir immer 3 Prozent auf diese Preise.“ Zwar hätten Apotheken bislang nicht so stark davon profitiert, wie die Abda es fordere. „Wenn das jetzt noch mehr entkoppelt wird und die von Lauterbach angekündigte Umverteilung stattfindet, wird das vorrangig nicht der Durchschnittsapotheke oder der Landapotheke helfen, sondern denen, die wenig Hochpreiser haben.“ Als Beispiel führt Meis Centerapotheken an. Insgesamt sei die Lage für Apotheken aktuell schlicht sehr unsicher.

Noch habe die Politik die Gelegenheit gegenzusteuern, so Meis. „Dem Gesetzgeber muss klar sein, was gerade passiert. Die Frage ist: Will er noch eine Apotheke haben, wie sie jetzt existiert, oder will er sie nicht haben?“

Rx gehört in die Apotheke vor Ort

Dass er sie nicht haben will, dafür spricht laut Meis das Card-Link-Verfahren, das demnächst kommen wird. Die neue Einlösemöglichkeit des E-Rezepts werde den Wechsel der Kundschaft von der öffentlichen Apotheke hin zum Versender beschleunigen. „Da müssen wir uns der Realität stellen: Wenn der Patient die Online-Apotheke möchte, dann ist das so. Wenn es irgendwann aber keine Apotheken mehr vor Ort gibt, die die Versorgungsstruktur aufrechterhalten, dann muss man das als Gesetzgeber meiner Meinung nach hinterfragen.“ Das Konzept, dass man auf Versender im Ausland setze, gebe es weltweit nicht, so Meis. „Das ist reine Utopie, was der Herr Lauterbach da macht.“

Seiner Meinung wäre es sinnvoll gewesen, die Belieferung verschreibungspflichtiger Arzneimittel in den Händen der öffentlichen Apotheke zu lassen. „Als Apotheker komme ich mir vor, als würde ich in einem schlechten Traum feststecken“, erklärt Meis. Dass höhere Gehälter verlangt werden, kann der Inhaber gut nachvollziehen. „Das ist gerechtfertigt, denn die Mitarbeitenden im Apothekenwesen werden schon viel zu lange schlecht bezahlt, vor allem im Hinblick auf ihre Leistung.“ Eine Erhöhung hätten sie schon lange verdient.

„Allerdings bekommen wir seit 20 Jahren nicht mehr Geld. Nun wird auch noch im Skonto-Bereich gekürzt. In Aussicht ist eine Honorarumverteilung, bei der im Endeffekt nicht klar ist, wie sich diese auswirkt oder für wen diese überhaupt Vorteile bringt. Dann steht uns eine völlig neue Apothekenstruktur bevor mit Abgabestellen und ‚Mutter-Apotheken‘.“ Lauterbach zufolge sei dieses Konzept für unterversorgte Regionen angedacht. „Da fragt man sich einfach, wo das alles hinführt und wie der Gesundheitsminister das überhaupt regulieren will. Und: Wie definiert sich eine unterversorgte Region?“ Es blieben viele Fragen offen. „Das bringt eine derartige Verunsicherung mit sich, dass Schließungswellen entstehen. Und die haben wir.“

Grundstimmung: Verunsicherung

Zur Stunde könne man nichts anderes machen als abzuwarten, was kommt. „Was sollen wir anderes machen? Diese Frage stellen sich ja nicht nur wir, sondern auch alle Krankenhäuser in Deutschland, alle niedergelassenen Ärzte – in Bezug auf die Gesundheitskioske. Das ist eine grundlegende Frage: ‚Wie sieht unsere Zukunft aus?‘ Und da fehlt mir seitens der Politik Eckpunkte zur konkreten Umsetzung – keine Ideen – und Planungssicherheit für mich als Unternehmer.“

Bei Meis ist der Eindruck entstanden, der Minister sehe das System als Planwirtschaft an. „In Teilen mag das ja zutreffen. Er vergisst aber, dass Akteure, die in diesem Bereich arbeiten, selbstständig sind und mit ihrem Privatvermögen haften.“ Die Entscheidung, eine Apotheke zu gründen oder zu übernehmen, sei immer eine bewusste Entscheidung. „Wenn die Apotheke dann plötzlich nicht mehr rentabel ist, weil sich praktisch von heute auf morgen etwas ändert, dann fehlt einfach die Planungssicherheit. Die Skonto-Kürzung ist dabei nur ein Beispiel von vielen, die sich einfach immer weiter anhäufen.“

Ein Markt verändere sich immer, dessen müsse man sich als Unternehmer immer bewusst sein und sich auf Veränderungen einstellen können. „Mittlerweile kommt die Hauptverunsicherung aber vom Gesetzgeber. Und Verunsicherung heißt in der Wirtschaft immer: keine Investition. Bezogen auf die Apotheke resultiert daraus ein fehlendes Wachstum und eine minderwertige Versorgung.“

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