Ärztezentren

MVZ: Apotheker kippt Fremdbesitzverbot

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Berlin -

Mit Ärzten im Haus lebt es sich als Apotheker leichter. Noch komfortabler ist die Lage, wenn man auch noch Herr im Haus ist – die Apobank empfiehlt Pharmazeuten, gezielt in Ärztehäuser zu investieren. Voraussetzung ist freilich, dass man nicht gegen das Antikorruptionsgesetz verstößt. In den vergangenen Jahren haben sich Zyto-Apotheker und Herstellbetriebe in Tumorzentren eingekauft. Einer der Pharmazeuten hat jetzt vor Gericht durchgesetzt, dass er weiter expandieren kann – obwohl das eigentlich verboten ist.

MVZ können laut Sozialgesetzbuch (SGB V) von zugelassenen Ärzten, Krankenhäusern, Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen oder von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, gegründet werden. Die erforderlichen Kassenarztsitze bringen die Mediziner mit, die sich unter das Dach begeben. Mit dem Wechsel ins Angestelltenverhältnis fallen die Zulassungen an die Betreibergesellschaft.

Der Kreis der gründungsberechtigten Gesellschafter wurde erst 2012 eingeschränkt; davor konnte jedermann ein MVZ eröffnen und Ärzte anstellen. Auch Apotheker mischten mit, Krankenkassen und die Funktionäre der Ärzte. Weil der Markt zunehmend seltsame Blüten trieb, sah sich die damalige schwarz-gelbe Koalition veranlasst, die Patienten vor Spekulanten zu schützen. Für bestehende MVZ wurde ein Bestandsschutz eingeführt. Sie sollten weiterhin frei werdende Arztstellen nachbesetzen und weitere Vertragsarztsitze hinzunehmen können, sich auf ausgeschriebene Vertragsarztsitze bewerben sowie Änderungen in der Organisationsstruktur vornehmen können.

Unklar blieb damals, ob bereits etablierte Einrichtungen, die nach neuen Regeln unzulässig wären, weiter expandieren dürften. Einige Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) vertraten den Standpunkt, dass unter dem Bestandsschutz nicht einmal Zweig-MVZ erlaubt wären. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ließ dagegen mitteilen, dass es für Einrichtungen mit Altgesellschaftern keine Beschränkungen gebe.

Apotheker Hermann Rohlfs wollte es genau wissen. Der Inhaber der Rats-Apotheke in Uslar hatte bereits 2010 in Nordhausen das Tumorzentrum Nordthüringen gegründet. Knapp zwei Jahre später beantragte die Betreibergesellschaft die Gründung eines weiteren MVZ in Hessen. Doch der Zulassungsausschuss lehnte ab: Der Antragsteller gehöre nicht mehr zum zulässigen Gründerkreis, hieß es von der KV.

Das Sozialgericht Marburg entschied 2014 gegen den Apotheker: „Eine Absicht des Gesetzgebers, auch MVZ in den Gründerkreis einzubeziehen, ist nicht ersichtlich“, hieß es in der Urteilsbegründung. Anderenfalls laufe die Beschränkung auf Ärzte, Kliniken & Co. quasi ins Leere. Weiterhin gründungsfähige Gesellschafter könnten ja einfach ein weiteres MVZ gründen, so der Tenor.

Das Hessische Landessozialgericht (LSG) kippte diese Entscheidung jetzt. Anders als die Vorinstanz zielten die Richter in Darmstadt bei ihrer Entscheidung nicht auf die Regelungen zum Bestandsschutz ab, sondern auf die Vorschriften zum Kreis der gründungsberechtigten Gesellschafter. Dass in der Aufzählung MVZ fehlen, spielt aus Sicht der Richter keine Rolle: Der Gesetzgeber habe ausweislich seiner Begründung alle an der ärztlichen Versorgung teilnehmenden Akteure im Blick gehabt. Dazu gehörten MVZ genauso wie die explizit genannten Kliniken, die oftmals von Investoren in Form von Kapitalgesellschaften betrieben würden. Verwiesen wurde auch auf andere Stellen im SGB V, die sich an Ärzte richten und gleichermaßen für Zahnärzte, Psychotherapeuten und MVZ gelten.

Dass damit die Beschränkung ad absurdum geführt wird, sehen die Richter nicht – weil die Vorschrift aus ihrer Sicht nämlich selbst absurd ist: „Die vom Gesetzgeber beschriebene Gefahr von Mittelabflüssen an private, rein gewinnorientierte Organisationen und der Beeinflussung medizinischer Entscheidungen durch Kapitalinteressen […] ist daher bei MVZ nicht höher einzustufen als bei den […] zugelassenen Krankenhäusern.“

Revision zum Bundessozialgericht wurde zugelassen. Nicht geklärt ist bislang, ob nur Glücksritter der ersten Stunde weiter MVZ-Ketten aufziehen dürfen, ob also umgekehrt dem „Mutter-MVZ“ im Falle eines Gesellschafterwechsels die Zulassung entzogen werden könnte. Die KV Hessen sieht es so. Das Urteil aus Darmstadt lässt jedoch erahnen, dass die Richter kein Problem mit einer indirekten Beteiligung von kapitalgetriebenen Investoren an MVZ hätten.

Nach Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gab es zuletzt 2156 MVZ, in denen 1341 Vertragsärzte und 14.317 angestellte Mediziner tätig waren. An 40 Prozent der Einrichtungen waren Vertragsärzte beteiligt, an weiteren 40 Prozent Krankenhäuser. 20 Prozent hatten andere Träger. Die meisten MVZ sind in Städten angesiedelt, nur 14 Prozent in ländlichen Gemeinden zu finden.

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