Ausgebootet?

Ärztehaus: Apotheker nicht mehr dabei

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Berlin -

Apotheker, Unternehmer, Investor, ehemaliger erfolgreicher Leistungssportler und Sportmäzen: Günter Krivec ist in Moers eine Größe, wenn auch umstritten. In den vergangenen Jahrzehnten hat er es geschafft, ein erfolgreiches Unternehmen rund um seine Apotheken aufzubauen. Eigentlich war das nächste Großprojekt – ein Ärztehaus am Krankenhaus Bethanien – schon weit fortgeschritten. Doch nun gab die Klinik bekannt, das Ärztehaus nicht mehr mit dem Apotheker gemeinsam realisieren zu wollen.

Das Krankenhaus will zwar weiterhin ein Ärztehaus auf dem eigenen Gelände bauen. Allerdings ohne den Apotheker. Krivec ziehe sich aus dem Projekt zurück, heißt es in der Erklärung der Klinik. „Als enge und stets vertrauensvoll zusammenarbeitende Projektpartner haben wir erkannt, dass es einen neuen Anlauf in Sachen Ärztehaus geben sollte, und haben daher einvernehmlich mit dem Investor vereinbart, das Projekt nicht in der ursprünglich geplanten Form gemeinsam zu realisieren“, teilte Stiftungsvorstand Dr. Ralf Engels mit.

Somit, heißt es weiter, böten sich beiden Parteien bindungsfrei die Möglichkeit, nach neuen Lösungen zu suchen. Die Klinik prüfe derzeit neue Realisierungsformen und nehme hierzu auch mit anderen Investoren Gespräche auf. Die im Zusammenhang mit dem Bau des Ärztehauses geplante Erweiterung des Krankenhaus-Parkplatzes sei davon nicht betroffen. „Die Fällungsarbeiten für die Parkplatzerweiterung am Verwaltungsgebäude sind bereits durchgeführt worden“, so Engels. Die weiteren Arbeiten beginnen im Herbst.

Eigentlich wollte Krivec in Abstimmung mit der Klinikleitung ein Facharztzentrum mit Praxen, aber auch einer Apotheke und einem Sanitätshaus errichten, dessen Angebotspalette auf die des Krankenhauses abgestimmt ist. Es gehe ihm darum, ambulante und stationäre Versorgung optimal zu integrieren, begründete er sein Engagement. So könnten niedergelassene Ärzte an einem Facharztzentrum zum Teil auf teure Infrastruktur des Krankenhauses zurückgreifen, die dadurch besser ausgelastet werde. Umgekehrt könnten die Ambulatorien der Krankenhäuser Patienten an das Ärztehaus abgeben. Die Investitionskosten bezifferte Krivec auf mindestens zehn Millionen Euro ohne ärztliche Ausstattung.

Auch die Klinik zeigte sich zu Beginn der Planung begeistert: „Mit dem Ärztehaus wird zum einen das ambulante Angebot auf dem Campus des Krankenhauses Bethanien erweitert. Das bedeutet für die Patienten Bethanien: Kürzere Wege bei der Diagnose und der Behandlung, und es bedeutet eine enge Abstimmung aller, die mit der Behandlung von Patienten befasst sind, egal, ob im Ärztehaus oder in der Klinik“, sagt der ärztliche Direktor Wolfgang Kupferschmidt gegenüber RP Online.

Inzwischen war die Planung bereits sehr weit fortgeschritten. Es lag offenbar eine Baugenehmigung vor, die ein Gebäude mit circa 4000 Quadratmetern Nutzfläche auf dem Klinikparkplatz links neben der Einfahrt zum Krankenhaus vorsah. Woran das gemeinsame Projekt tatsächlich scheiterte, ist unklar. Krivec ließ mehrere Anfragen von APOTHEKE ADHOC unbeantwortet.

Das Ärztehaus am Krankenhaus Bethanien wäre insgesamt das dritte Ärztehaus, das Krivec gebaut hätte. Zuletzt realisierte der Apotheker ein ähnlich umfangreiches Projekt am Sankt Josef Krankenhaus in Moers. Rund 10,5 Millionen Euro hat er nach eigenen Angaben investiert. Auf 3800 Quadratmetern Fläche rücken nicht nur niedergelassene Ärzte und Krankenhaus näher zusammen, das viergeschossige Gebäude beherbergt auch die von Krivecs Sohn geführte Aeskulap-Apotheke. „Das Ärztehaus ist eine Antwort auf die veränderten Rahmenbedingungen in Moers“, sagte der Apotheker gegenüber APOTHEKE ADHOC kurz nach der Eröffnung. „Es ging mir auch darum, die berufliche Zukunft meiner Kinder zu sichern.“ Denn immerhin drei seiner sieben Kinder sind Pharmazeuten.

Nach Krivecs Auffassung wird ein Großteil der Apotheken in den kommenden Jahren aufgeben müssen. „Erhalten bleiben Apotheken in extrem guten Lauflagen, Apotheken, die entweder um sich herum Arztpraxen geschart haben beziehungsweise den Ansiedlungen von Praxen in Krankenhausnähe gefolgt sind“, so der Apotheker. Alternativen seien besondere Dienstleistungen wie die Sterilherstellung für verschiedene ärztliche Fachrichtungen, die Einbindung in Palliativnetzwerke, die Altenheimversorgung und Homecare.

Er selbst hat diese Strategie schon frühzeitig verfolgt. Als er die Adler-Apotheke in Moerser Altstadt übernahm, sei sie „eine traditionsbeladene renommierte Apotheke“ gewesen, allerdings mit einem bescheidenen Umsatz. Weit und breit sei kein Arzt zu finden gewesen. Zudem war mit der 200 Jahre alten Löwen-Apotheke ein starker Konkurrent nur einen Katzensprung entfernt. „Die Frage war damals: Wie gelingt es, Arztpraxen in einer Altstadt mit kleinmaßstäblichen Häusern ohne Aufzüge, aber dafür mit veralteten Treppenhäusern, anzusiedeln“, erläutert Krivec. Seine Antwort: Gar nicht.

Der Apotheker beschloss stattdessen, Praxisräume im Umkreis seiner Adler-Apotheke einfach neu zu bauen. Innerhalb der folgenden 20 Jahren sind einige davon entstanden. Nach jahrelanger Vorbereitung hat der Apotheker außerdem das Ärztehaus im Zentrum der Altstadt errichtet und damit den Standort der Adler-Apotheke und der Apotheke am Neumarkt, geleitet von seiner Tochter, gesichert. Im vergangenen Jahr entstand dann das Ärztehaus am St-Josef-Krankenhaus. Bei dritten muss der Apotheker jedoch nun einen Rückschlag einstecken.

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