Hamburg

Ärzte verdienen an Arzneimittelchecks Benjamin Rohrer, 18.11.2010 12:30 Uhr

Berlin - 

In Hamburg können AOK-Versicherte ab sofort ihre Arzneimittel prüfen lassen - allerdings nicht in der Apotheke, sondern bei ihrem Hausarzt. Für einen „umfassenden fundierten Arzneimittelcheck“ können die Ärzte 80 Euro in Rechnung stellen; so haben es AOK und Kassenärztliche Vereinigung (KV) im neuen Hausarztvertrag vereinbart. Die Hamburger Apotheker sind enttäuscht: Auch sie hätten gerne mit Krankenkasse und Ärzten kooperiert.

Wünscht ein Patient den Medikationscheck, stellt die AOK dem Arzt eine patientenbezogene Auswertung über vier Quartale zur Verfügung. In der Analyse sind auch Verordnungen anderer Mediziner enthalten. Entsprechend der Selbstauskunft des Patienten ergänzt der Hausarzt die Medikationsliste mit Daten über die Selbstmedikation.

Nach Abstimmung mit den beteiligten Kollegen erarbeitet der Arzt gegebenenfalls einen neuen Medikationsplan. Im Falle solcher Rücksprachen und bei einem Zeitaufwand von mehr als 240 Minuten stehen dem Mediziner 160 Euro zu. Der Medikationscheck ist ein Selbstläufer: In halbjährigen Abständen erhalten die Hausärzte automatisch aktuelle patientenbezogene Auswertungen von der AOK. Voraussetzung ist, dass der Arzt sich regelmäßig pharmazeutisch fortbilden muss.


„Es ist bedauerlich, dass man uns nicht auf eine solche Kooperation angesprochen hat“, kommentiert ein Sprecher der Hamburger Apothekerkammer die Vereinbarung. Zumal die Apotheken die bessere Datenbasis hätten und nicht erst die Selbstmedikation beim Patienten abfragen müssten.

Gerade mit Hinsicht auf eine angestrebte Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) auf Bundesebene sei es „traurig“, dass die Krankenkassen bislang keine Kollektivverträge mit Apothekern angestrebt hätten. KBV und ABDA hatten im vergangenen Jahr ein gemeinsames Modell erarbeitet, nach dem der Arzt nur noch die Wirkstoffe verschreibt, der Apotheker das für den Patienten geeignete Arzneimittel auswählt. Es sei das erklärte Ziel der KBV, die Ärzte in der Medikamentenauswahl zu entlasten, so der Sprecher. „Der Arzneimittelcheck widerspricht diesem Ziel aber.“

Der Hamburger Apothekerverein will nun Gespräche mit der AOK führen. „Ziel ist es, bei ähnlichen Modellen in der Zukunft eine bessere Abstimmung zu finden“, so der Kammer-Sprecher. Gegen den nun beschlossenen Arzneimittelcheck wolle man sich aber nicht wehren: „Der Vertrag ist geschlossen, es wäre wenig sinnvoll, nachträglich auf eine Veränderung zu drängen.“