Interview Mietzuschüsse

Ärzte als „Problemmieter“ für Apotheker?

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Berlin -

Ärzte sollen in ihrem Verordnungsverhalten von niemandem beeinflusst werden. Besonders heikel ist es, wenn Pharmahersteller im Verdacht stehen, Ärzte zu bestechen. Doch auch Mietzuschüsse von Apotheken können als unerlaubte Einflussnahme gewertet werden, die Auflagen wurden mit dem Versorgungsstrukturgesetz verschärft. Die Kanzlei Kevekordes hat das Thema genauer unter die Lupe genommen. APOTHEKE ADHOC sprach mit Rechtsanwalt Ralph Kromminga über Zuweisergeschäfte, verbilligte Mieten und Ärzte als Amtsträger.

 

ADHOC: Dürfen Apotheker Ärzten noch Mietzuschüsse zahlen?

KROMMINGA: Nach unserer Auffassung: Ja. Denn verboten ist laut dem Gesetzestext nur, dass Ärzte gegen Gewährung von Mietzuschüssen an der Arzneimittelversorgung beteiligt werden. Das heißt im Umkehrschluss: Zuschüsse ohne konkrete Gegenleistung sind und bleiben zulässig. Unzulässig wäre aber beispielsweise ein Mietzuschuss von einer Apotheke, der je nach Anzahl der dort eingereichten Rezepte variiert.

ADHOC: Was ändert sich mit dem Versorgungsstrukturgesetz?

KROMMINGA: Erstmals stellt damit jede Zuweisung von Patienten gegen Entgelt, etwa an eine Klinik, einen Facharzt oder eine Apotheke, ein Verstoß gegen die vertragsärztlichen Pflichten dar. Außerdem müssen die Krankenkassen künftig die Kassenärztlichen Vereinigungen und Ärztekammern über Auffälligkeiten in diesem Bereich informieren. Die Strafen für Ärzte bei erwiesenen Verstößen reichen dann von einer Verwarnung bis zum Entzug der Zulassung in sehr schweren Fällen.

ADHOC: Um welche Art von Zuschüssen geht es?

KROMMINGA: Das reicht von direkten Mietzahlungen an Ärzte über die verbilligte Vermietung von Räumen in der Immobilie des Apothekers bis hin zur Einrichtung der Praxis. Das ist aus unserer Sicht unproblematisch, solange die Patienten in der Praxis nicht in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinflusst werden.

 

 

ADHOC: Wer sollte solche Vereinbarungen kontrollieren können?

KROMMINGA: Hinweise auf Absprachen, die mehr als die reine Miete beinhalten, kommen meist aus dem direkten Umfeld: Patienten, die in der Praxis angesprochen wurden oder Mitbewerber der involvierten Apotheke, die sich benachteiligt fühlen. Falls die Patienten dies ihrer Krankenkasse melden, wird die Krankenkasse den Fall der zuständigen Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung melden, die die Sache dann prüfen werden. Mitbewerber werden sich direkt an die Ärztekammer oder die Kassenärztliche Vereinigung richten.

ADHOC: Inwiefern sind Apotheken betroffen?

KROMMINGA: Apotheken dürfen nach dem Apothekengesetz schon heute keinen Einfluss auf das Verordnungsverhalten von Ärzten nehmen. Mietzuschüsse können bei Betriebsprüfungen in den Fokus geraten, da der Apotheker die Zuschüsse in der Regel als Betriebsausgaben deklariert. Die Finanzbehörden können dies als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe werten, wenn die Ausgaben aus ihrer Sicht unrechtmäßig zustande gekommen sind.

ADHOC: Reicht ein auffälliges Verordnungsverhalten des Arztes als Beweis?

KROMMINGA: Das ist eine Frage des Einzelfalles. Falls bei einer Apotheke viele Rezepte von einem Arzt eingelöst werden, der seine Praxis im selben Gebäude hat, dürfte das alleine als Nachweis einer illegalen Absprache nicht ausreichen. Viele Patienten werden die Rezepte alleine aus Gründen der örtlichen Nähe in der Apotheke im Erdgeschoss einlösen. Falls die Apotheke sich weit entfernt von der Arztpraxis befindet, kann der Sachverhalt anders zu beurteilen sein.

 

 

ADHOC: Kann der Apotheker die Miete nicht frei bestimmen, wenn die Praxis in seiner Immobilie ist?

KROMMINGA: Die Frage ist, ab wann die Mietbedingungen als Vorteil gewertet werden. Wenn sie 5 Prozent günstiger ist als ortsüblich? Oder zieht man die Grenze bei 10 Prozent oder bei 30? Offen ist auch, mit welchen anderen Gewerben eine Arztpraxis überhaupt verglichen werden kann.

ADHOC: Warum soll ein Apotheker den Arzt in seiner Nähe nicht unterstützen dürfen?

KROMMINGA: Die Frage nach der Rolle des Arztes wird gerade vor dem Bundesgerichtshof geklärt. Wenn der BGH Ärzte als Beauftragte der Krankenkassen ansieht, sind alle Zuwendungen verboten, die eine Gegenleistung vorsehen. Sollte der BGH Ärzte aber als Amtsträger einordnen, könnten sogar Mietzuschüsse ohne Gegenleistung als Vorteilsannahme strafbar sein.

ADHOC: Mit welchen Folgen?

KROMMINGA: Ärzte und Apotheker müssten die seit Jahrzehnten bestehende Praxis der Mietzuschüsse einstellen. Apotheker würden nicht mehr in Ärztehäuser investieren. Ärzte würden über Nacht als Mieter zum Problemfall werden, weil sich auch „normale“ Vermieter wegen „Vorteilsgewährung“ an einen Arzt strafbar machen könnten, wenn die Miete zu günstig wäre.

 

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