ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

Achtung Amtsapotheker!

, Uhr
Berlin -

Helle Aufregung im Backoffice: Der Amtsapotheker ist am Telefon – und will in den nächsten Minuten nach dem Rechten sehen. Oder späht der Revisor während des Gesprächs etwa schon durch das Schaufenster für eine erste Sichtkontrolle?

Während die diensthabende Apothekerin all ihre Eloquenz zusammennimmt um den Revisor an der Eingangstür hinzuhalten, versucht das Team zu retten, was noch zu retten ist. Auf allen verfügbaren Kanälen wird die Chefin kontaktiert. Die PKA, die zur Abfederung des personellen Engpasses im HV installiert wurde, huscht durch die Freiwahl, zieht Ware vor und entfernt das eine oder andere apothekenpflichtige Präparat. Anschließend wird die Sichtwahl in Ordnung gebracht – so gut es eben geht, angesichts der ständigen Engpässe.

Wer ist hier eigentlich Ersthelfer? Hat die neue PTA nicht gerade erst ihren Führerschein gemacht? Schnell wird sie in ihr neues Amt eingeführt und übernimmt gleich auch die Rolle der Brandschutzbeauftragten. Ihre erste Amtshandlung: den Elefantenfuß aus der Rezepturtür entfernen, schließlich müssen Brandschutztüren immer geschlossen sein.

Im letzten Moment quetschen sich die beiden Rezeptur-PTA für eine Schnellkontrolle durch die zufallende Tür. Anbrüche werden entsorgt, nicht geeichte Waagen nebst der praktischen Mikrowelle versteckt. Die ordnungsgemäße Kennzeichnung der Gefahrstoffe wird ebenso überprüft wie die Beschriftung der Standgefäße. Nachdem die Eingangsprüfung aller Rezepturstoffe nachgeholt wurde, vervollständigen die PTA sämtliche Prüfprotokolle, Herstellungsanweisungen und Plausibilitätsprüfungen. Zu guter Letzt eilen sie zur nächstgelegenen Apotheke, um sich fehlende vorgeschriebene Geräte schnell noch zu leihen.

Die QM-Beauftragte vervollständigt derweil händisch die Temperaturprotokolle, denn die automatische Messung ist mal wieder ausgefallen. Im Eiltempo werden die Inventurlisten nachgepflegt, insbesondere die des Notfalldepots. Gleiches gilt für die Putzpläne. Ihre Stellvertreterin druckt währenddessen sämtliche Jahresbelehrungen aus und sammelt die Unterschriften ein.

Während sich der Pharmazierat reckt und streckt und versucht, irgendwie an der Apothekerin vorbeizukommen, wird noch rasch gestaubsaugt und gewischt. Als Apothekenhund Mimi durch den Hintereingang geschleust wird, schlüpft die Inhaberin in letzter Minute hinein – gerade noch rechtzeitig!

Zumindest wird nun auch in Schleswig-Holstein die Revision in der Regel ein bis zwei Wochen im Voraus angekündigt, während in Hamburg und Hessen der Pharmazierat weiterhin offiziell auch unangkündigt anklopfen darf. Nach den Kundgebungen in Dresden und Erfurt in der vergangenen Woche hängen nun die Plakate der Abda an Bahnhöfen. Im Fokus der aktuellen Motive stehen zentrale Zahlen zu Apothekenleistungen; „5 Millionen Überstunden“ verdeutlichen den Aufwand zur Bewältigung von Lieferengpässen, „3 Millionen Antworten“ auf Patientenkontakte, um zwei Beispiele zu nennen. Ergänzen könnte man hier locker die Leistung eines Apothekers, der aufgrund einer Schließung satte 14 Tage am Stück Notdienst ableisten durfte.

Dass nicht jedem Kunden und jeder Kundin geläufig ist, was die Apotheke vor Ort Tag für Tag leistet, haben zwei weitere Apotheker in dieser Woche deutlich zu spüren bekommen. Während der eine mit einer Kundin konfrontiert wurde, die den Großteil ihrer verordneten Arzneimittel lieber bei DocMorris bestellen wollte, soll der nächste einer Anruferin im nächtliche Notdienst das Prinzip der Freitextverordnung erklären. Der Grund: Sie hat Probleme mit ihrer Bestellung über die Shop Apotheke-App.

Wenn es nach dem Kölner TV-Sender RTL geht, sind Vor-Ort-Apotheken ohnehin völlig unnötig. So kann man zumindest den Beitrag aus dem RTL-Morgenmagazin vom Mittwoch verstehen, in dem über Schmerzmittel und deren Nebenwirkungen gesprochen wurde. „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Arzt oder noch besser ihr RTL“, hieß es da.

„Apotheke in der Krise: Handel oder Heilberuf?!“ – dieses Thema steht bei VISION.A 2024 im Mittelpunkt. Die Zukunftskonferenz für Pharma und Apotheke, powered by APOTHEKE ADHOC, ARZ Haan AG, PTA IN LOVE und APOTHEKENTOUR präsentiert am 10. September in Berlin die Antworten. Hier geht es zum Programm.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch
Mehr zum Thema
„Eine Dankeschön kommt selten“
Wegen Schließung: 14 Tage Notdienst am Stück
„Wenn solche Apotheken fallen, hat sich die Welt verändert“
Berliner Groß-Apotheker rutscht in Insolvenz
Mehr aus Ressort
Große Spanne bei Übernahmen
Apothekengründung plötzlich massiv teurer

APOTHEKE ADHOC Debatte