EDV: Apotheker haften für alles Alexander Müller, 24.01.2014 11:23 Uhr
Der Streit um falsche Angaben bei einem Produkt war schnell beigelegt – vor Gericht ging es um eine Grundsatzfrage: Haften Apotheker für alle Informationen in der Lauer-Taxe? Sie tun es, entschied das Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) und könnte damit eine neue Welle von Abmahnungen lostreten.
Ein Apotheker aus Darmstadt hatte in seinem Onlineshop ein falsch deklariertes Produkt namens „Riolife Eye“ angeboten. Obwohl der Hersteller Pures gegenüber dem Konkurrenten Viathen Healthcare bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, erhielt der Apotheker eine Abmahnung.
Das angegriffene Produkt hatte der Apotheker nie verkauft, es war zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr lieferfähig. Doch über die Suche des Mauve-Onlineshops konnte es noch gefunden werden, weil hier die Informationen aus der Lauer-Taxe automatisch übernommen werden.
Der Apotheker hatte gegenüber Viathen zwar eine Unterlassungserklärung abgegeben, weigerte sich aber, die Abmahnkosten zu übernehmen. Vor Gericht wurde daher nur noch über Geld gestritten.
In erster Instanz hatte das Landgericht Hamburg dem Apotheker recht gegeben: Es sei ihm nicht zuzumuten, alle Daten aus der Lauer-Taxe regelmäßig auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Schließlich werden die rund 415.000 Artikel im Rhythmus von zwei Wochen aktualisiert.
Das OLG kassierte die Entscheidung jetzt und verurteilte den Apotheker zur Zahlung der Abmahngebühr. Im Urteil heißt es, die Haftung bestehe auch ohne Schuld des Apothekers. Es gehe auch nicht um eine Frage der Zumutbarkeit. Es sei Sache des Apothekers, „die Rechtmäßigkeit des von ihm – auch automatisch – angebotenen Produktsortiments sicherzustellen.“
Dabei war es laut Urteil egal, dass der Apotheker das Produkt nicht einmal verkauft hatte – schon das Angebot sei wettbewerbswidrig. Eine Haftungsprivilegierung – wie sie etwa ebay als Verkaufsplattform genießt – gibt es laut OLG für Versandapotheken nicht. Revision ließen die Richter nicht zu, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung habe.
Rechtsanwalt Moritz Diekmann, der den Apotheker vertreten hatte, warnt vor den Folgen des Urteils: Apotheken mit Onlineshop könnten damit sehr leicht Opfer von Abmahnungen werden. Die Richter hätten auf diesen Einwand in der Verhandlung auf den Gesetzgeber verwiesen, berichtet Diekmann.
Auch im aktuellen Fall hatte der Rechtsanwalt der Gegenseite rechtsmissbräuchliches Vorgehen vorgeworfen, zumal mindestens zehn Versender gleichzeitig abgemahnt worden seien. Aus seiner Sicht sollten die Kammern und Verbände aktiv werden.
Doch laut dem OLG konnte „nicht hinreichend sicher festgestellt werden“, dass es dem Kläger hauptsächlich um die Abmahngebühren gegangen sei.