Abmahnfalle: Analgetika-Warnhinweis APOTHEKE ADHOC, 20.08.2018 10:06 Uhr
Zum Schutz der Patienten, zur Freude der Abmahnanwälte und zum Ärger der Apotheker müssen rezeptfreie Schmerzmittel einen Warnhinweis tragen. Mit dem Ziel der maximalen Risikominimierung wurde die Analgetika-Warnhinweis-Verordnung (Analgetika-WarnhV) beschlossen und ist seit 1. Juli in Kraft. Für die Hersteller gilt eine Übergangsfrist von zwei Jahren. Apotheker sind dagegen sofort zum Abschuss freigegeben.
OTC-Analgetika mit Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen, Paracetamol, Phenazon und Propyphenazon zur oralen und rektalen Anwendung, die zur Behandlung von leichten bis mäßig starken Schmerzen und Fieber zugelassen sind, müssen gemäß Verordnung einen entsprechenden Warnhinweis enthalten. Der Bundesrat hatte dem Vorhaben Anfang Juni zugestimmt. Die Packungen sollen auf der Vorderseite – in deutlich lesbarer Schrift und dauerhaft – den Aufdruck tragen: „Bei Schmerzen oder Fieber ohne ärztlichen Rat nicht länger anwenden als in der Packungsbeilage vorgegeben.“ Vorgaben zu Farbe oder bestimmten Symbolen gibt es nicht. Die Hersteller müssen die Vorgabe innerhalb zwei Jahren umsetzen. Nach Ablauf der Übergangsfrist sind die Arzneimittel nicht mehr verkehrsfähig.
Apotheken sollten die neuen Vorgaben jedoch sofort berücksichtigen, denn für sie gilt die Übergangsvorschrift nicht. Ein Blick in das Heilmittelwerbegesetz (HWG) offenbart die potentielle Abmahnfalle. In § 4 heißt es: „Jede Werbung für Arzneimittel im Sinne des § 2 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) muss folgende Angaben enthalten: […] Nummer 7: Warnhinweise, soweit sie für die Kennzeichnung der Behältnisse und äußeren Umhüllungen vorgeschrieben sind.“
Der Warnhinweis muss demnach zwingend auch auf Angebotsflyern einen Platz finden, wenn diese die betroffenen Fertigarzneimittel bewerben. Denn gemäß § 4 Absatz 3 Satz 3 HWG entfällt diese Hinweispflicht nicht bei der Öffentlichkeitsarbeit. Die ABDA hat die Verbände über das Risiko informiert. Diese warnen ihre Mitglieder bereits in aktuellen Rundschreiben.
Die Wettbewerbszentrale ist derzeit noch nachsichtig: Man werde Apotheker erst in die Pflicht nehmen, wenn die Warnhinweise tatsächlich auf der Packung stehen. Während der Übergangszeit für die Industrie sollen keine Apotheken abgemahnt werden. „Das ist aus unserer Sicht eine einfache Faustformel für die Branche: Wenn es auf der Packung steht, muss auch in der Werbung darauf hingewiesen werden“, erklärt Rechtsanwältin Christiane Köber aus der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale gegenüber APOTHEKE ADHOC.
Der Warnhinweis dient laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) dem Schutz der Verbraucher. Studien zur Folge wenden Verbraucher OTC-Analgetika zu oft und zu lange an. Packungsbeilagen und die enthaltenen Warn- und Dosierungshinweise sowie Kontraindikationen würden nicht beachtet. Schwerwiegende Gesundheitsschäden können die Folgen von Überdosierung und längerfristigem Gebrauch sein.
Apotheker und der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) sprachen sich im vergangenen Jahr gegen Warnhinweise auf Packungen von OTC-Analgetika aus. Was der vorgeschlagene Packungsaufdruck wirklich bringe, könne auf Basis der vorliegenden Daten nicht abgeschätzt werden, so der BAH. Außerdem stimmten die zugelassenen Anwendungszeiträume vielfach nicht mit den vorgeschlagenen Warnhinweisen überein.
Laut BMG sind 1742 Arzneimittel betroffen, die von 843 pharmazeutischen Unternehmen in den Verkehr gebracht würden. Der finanzielle Aufwand liege für den Hersteller bei etwa 400.000 Euro. Auch Rezepturarzneimittel sind betroffen und sollen mit dem Hinweis versehen werden: „Bei Schmerzen oder Fieber ohne ärztlichen Rat nicht länger anwenden als vom Apotheker oder von der Apothekerin empfohlen.“