Kundenservice

Abholbox statt Botendienst APOTHEKE ADHOC, 23.05.2018 09:10 Uhr

Berlin - 

Bei Amazon haben Kunden zunehmend ein Bestellverhalten trainiert, das auch Apotheker durchaus nutzen können. Gemeint sind Abholboxen, die sogar noch einen höheren Service für Apothekenkunden bringen können als die Amazon-Lieferung.

Apotheker Dr. Frank Henle aus Bellenberg bei Ulm hat seit März 2018 den Service eingerichtet. In der Brunnen Apotheke in Bellenberg und in der St. Michael Apotheke in Vöhringen steht jeweils eine Medikamenten-Abholbox. Die ist mit vier kleinen und zwei großen Fächern ausgestattet.

Das Verfahren ist denkbar einfach. Wird ein Arzneimittel bestellt, erhält der Kunde einen Abholschein mit einer Nummer. Die letzten vier Ziffern sind der Code, der später dann beim Abholen der Ware einfach nur eingetippt werden muss, dann öffnet sich das Fach. Nach dreimaligen Fehlversuchen wird der gesamte Vorgang blockiert. Die Standorte werden zudem per Kamera überwacht.

Mit diesen beiden Sicherheitstools soll ausgeschlossen werden, dass sich jemand durch wiederholtes Eintippen vierstelliger Codes unberechtigt Zugang zu hinterlegten Arzneimitteln verschafft. Henle hält das aber trotz der erst kurzen Laufzeit der Boxen für eher unwahrscheinlich. Denn es werden weder BTM in den Boxen hinterlegt, noch andere problematische Arzneimittel mit hohem Missbrauchspotenzial wie zum Beispiel Schlafmittel.

Obwohl die Abholboxen schon länger auf dem Markt sind, ist Frank Henle erst durch Kundengespräche auf diese Idee gebracht worden. Die älteren Kundengruppen sind es nicht, die sind mit den Botendiensten der Apotheken hoch zufrieden, weil diese Klientel auch meist zu Hause anzutreffen ist. Aber bei Berufstätigen und vor allem jüngeren Kunden ist das anders.

Hier hat es immer wieder Probleme mit der korrekten Ablage solcher Lieferungen durch Botendienste gegeben, wenn die Empfänger nicht zu Hause waren. Das Problem kennen die Amazon-affinen Kundengruppen auch durch andere Lieferdienste und bei Arzneimitteln wollten sie eine andere Lösung. Für Henle hat sich die Investition von jeweils rund 3000 Euro pro Abholbox schon jetzt gelohnt, weil er sich dadurch neue und jüngere Kundengruppen erschlossen hat.

Schamgefühl wegen bestimmter Produktgruppen, die man nicht vor anderen in der Offizin abholen will, spielen laut Henle beim Ausweichen auf den Boxen-Service keine Rolle. Bei erhöhtem und sensiblem Beratungsbedarf stehen in den Apotheken entsprechendes Personal und Beratungszimmer zur Verfügung. Der Erfolg der Abholboxen beruht nach seiner Erfahrung ganz klar darauf, dass die Kunden an die Medikamente außerhalb der Öffnungszeiten kommen und zwar am gleichen Tag.

Dass Henle innerhalb kurzer Zeit für diesen Service auf Facebook über 140 Likes bekommen hat, erklärt er sich eben mit der jüngeren Kundschaft, die auch seinen YouTube-Kanal mit etlichen Tutorials nutzt. Bei dieser Klientel gebe es größere Schnittmengen zwischen Facebook und Abholbox, so der Apotheker.

Das Anbringen der Medikamenten-Abholboxen war im Vorfeld mit dem zuständigen Pharmazierat abgeklärt worden. Danach erfolgt die Befüllung der Boxen nur außerhalb der Öffnungszeiten der Apothekenzeiten. Temperaturgeführte Arzneimittel werden gar nicht hinterlegt.

Mit der zunehmenden Konkurrenz durch Versandapotheken, Einzelhandel und Amazon kommen immer mehr Service-Tools für Apotheker auf den Markt. Dazu zählen unter anderem der Automatenhersteller BD Rowa mit seinem neuen Abholterminal „Vpoint Pick-up“ und die mit einem VISION.A Award prämierte Lieferplattform „Curacado“ als direkte Konkurrenz zu Amazon.