Vor der Entscheidung

ABDA-Gipfel: Alle warten auf Jens Spahn

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Berlin -

In der kommenden Wochen trifft sich die ABDA-Führung zum Rx-Versandverbots-Gipfel. Für Donnerstag hat ABDA-Präsident Friedemann Schmidt zu einem Treffen des Geschäftsführenden Vorstandes eingeladen. Einziger Tagesordnungspunkt: die aktuelle politische Lage. Die ABDA-Führung will ihre Reihen schließen und mit einer einheitlichen Position Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) entgegentreten.

Auch die ABDA tappt bisher im Dunkeln. Spahn und seine Beamten haben sich noch nicht in die Karten blicken lassen. Weder DAV-Chef Fritz Becker noch Schmidt wissen, in welche Richtung sie ihre Reden für die Eröffnung von Expopharm beziehungsweise Apothekertag schreiben sollen – Jubel oder Untergang oder vielleicht doch ein vorzeigbarer Kompromiss? Die mit früheren Gesundheitsministern eingeübte Praxis der Vorabsprache funktioniert mit Spahn nicht.

Spahn macht sein Ding. Das haben auch schon die Gesundheitspolitiker der Koalition zu spüren bekommen. Sein Terminservicegesetz (TSVG) zur Verkürzung der Wartezeiten in den Arztpraxen stellte Spahn zunächst Medienvertretern vor. Seitdem hängt der Haussegen zwischen dem BMG und den Gesundheitspolitikern schief. „Ich hoffe, dass mich Spahn diesmal vorab informiert“, erzählt ein Gesundheitspolitiker frustriert.

Auch der ABDA ergeht es nicht besser. Im Lindencorso richtet man sich auf alle Eventualitäten ein. Nicht ausgeschlossen wird, dass Spahn mit zwei Vorschlägen auf dem Apothekertag aufkreuzt und diese zur Diskussion stellt. Je länger das Rätselraten andauert, umso heftiger die Spekulationen. Medienbeobachter außerhalb der Fachszene wetten allerdings darauf, dass Spahn kein Rx-Versandverbot als Geschenk mitbringt. Stern, Spiegel, Wirtschaftswoche, Handelsblatt und FAZ würden den nach höheren Ämtern strebenden Gesundheitsminister als Hüter mittelalterlicher Strukturen brandmarken, der vor der angeblich ach so mächtigen Apothekerlobby einknickt.

Wer am Ende einknickt, bleibt vorerst offen. Wer in diesen Tage aber mit ABDA-Verantwortlichen redet, hört überraschende Töne: Man müsse doch anerkennen, dass es in der sich digitalisierenden Gesellschaft keine Mehrheit für ein Rx-Versandverbot gebe. Verwiesen wird darauf, dass die ABDA vor der Einführung des Versandhandels rund sechs Millionen Unterschriften dagegen in einer Kampagne mobilisieren konnte. Zuletzt waren es nur noch 1,2 Millionen. Auch die zähe Sammlung von 50.000 Unterschriften für die Online-Petition von Apotheker Christian Redmann sei alles andere als ein Beleg für großen Rückhalt der Verbotsforderung.

Außerdem seien die Apotheker im Zuge der letzten Wochen alles andere als geschlossen bei Spahn und seinem Abteilungsleiter Thomas Müller aufgetreten. MVDA, Kooperationsaptheker und andere haben unterschiedliche Botschaften ins BMG mitgebracht. Noch nicht einmal sicher ist sich die ABDA, wie eine offene Diskussion auf dem DAT über ein Rx-Versandverbot und Alternativen ausgehen würden.

Das weiß natürlich auch Spahn. Genau beobachtet haben wird man im BMG auch die Ankündigung von Noweda und Burda, mit einer bundesweiten Bestellplattform den Apothekenmarkt aufzumischen. Warum sollte sich Spahn für ein Rx-Versandverbot verkämpfen, wenn wichtige Player der Branche sich aufmachen, den Markt zu verändern?

Dass die ABDA die Zeichen der Zeit verstanden hat, belegen zudem andere Entscheidungen. Der plötzliche Kursschwenk zum E-Rezept gehört ebenso in diese Kategorie wie die Ankündigung, künftig mit Hilfe der Zentralinstituts der Kassenärzte (ZI) die in der Vergangenheit von der Politik angezweifelten Apothekendaten auf eine neue Grundlage zu stellen.

Warum dann jetzt nicht zugreifen, wenn man von Spahn einen vorzeigbaren Plan B bekäme: Darin enthalten müsste sein, dass Apotheker mit den Kassen Versorgungsverträge – zum Beispiel für Schwangeren oder Diabetiker – schließen könnten. Auch ihren Widerstand gegen Impfen in Apotheken könnten die Apotheker über Bord werfen. Die Rache der Ärzte müssten sie nicht fürchten, wenn Spahn das vorschlüge. Und in den Schubladen verschwinden müsste das bei der ABDA besonders unbeliebte 2hm-Gutachten. Eine Milliarde Euro wollen sich die Apotheker von den Kassen nicht abknöpfen lassen. Wenn zum guten Schluss noch ein Strukturtopf zum Erhalt von Landapotheken herausspringen würden – warum sollte man da nicht zugreifen?

Wenn die ABDA-Spitze nächste Woche also zu Spahn pilgert, muss sie etwas mitbringen. Ein kategorisches Nein zu allen Alternativen zum Rx-Versandverbot dürfte nicht ausreichen. Viel Reaktionszeit bleiben Schmidt & Co. jedenfalls nicht mehr. Spahn wird vor der Eröffnung des Apothekertages seine Entscheidung verkünden. Das steht fest.

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