Nach 25 Jahren gilt in Sachsen ab dem Jahreswechsel wieder ein Tarifvertrag in Apotheken. Die Tarifkommissionen des Sächsischen Apothekerverbandes (SAV) und der Apothekengewerkschaft Adexa haben heute einen Rahmentarifvertrag und einen Gehaltstarifvertrag unterzeichnet.
Der SAV war 1997 aus dem Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) ausgetreten. Seitdem gilt die Tarifbindung für sächsische Verbandsmitglieder nicht mehr. Hauptargument für den Sonderweg war der hohe Anteil an Pharmazieingenieur:innen unter den Beschäftigten. Doch diese „aussterbende“ Berufsgruppe spielt eine immer kleinere Rolle im Alltag, weshalb seit Längerem über einen Tarifvertrag gesprochen wird.
Wie der Kammerbezirk Nordrhein, wo Adexa mit der TGL verhandelt, wird in Sachsen aber nicht der Bundesrahmentarifvertrag gelten. Der neu geschaffene Vertrag für Sachsen soll sich aber an vielen Stellen am BRTV beziehungsweise RTV Nordrhein orientieren. „Er unterscheidet sich aber durch eine innovative Vereinbarung zur Honorierung von eigenverantwortlicher Fort- und Weiterbildung“, so Dr. Sebastian Michael, Verhandlungsführer für den SAV Michael. „Auch werden Berufsanfänger innerhalb der ersten Jahre kontinuierliche Gehaltssteigerungen erfahren, da wir vor allem jungen Kolleginnen und Kollegen einen zusätzlichen Anreiz für die Arbeit in der öffentlichen Apotheke bieten wollen.“
Tanja Kratt, Leiterin der Adexa-Tarifkommission, erklärt, dass der Gehaltstarifvertrag bis Ende 2023 läuft. Für das nächste Jahr sei bereits ein weiterer Tarifvertrag mit einer Gehaltserhöhung von 3 Prozent vereinbart. Die Gehaltstabellen sehen demnach kontinuierliche Steigerungen bis zum sechsten Berufsjahr vor. Auch die Filialleitungen sind im Gehaltstarif berücksichtigt worden. „Wichtig war der Adexa-Tarifkommission, dass die sogenannte 13-Prozent-Regelung aus dem Bundesrahmentarifvertrag, wonach Notdienste abgegolten sind, wenn das Gehalt mindestens 13 Prozent über dem Tarifgehalt liegt, im Tarifvertrag für Sachsen nicht enthalten ist.“
Kratt sieht es als großen Erfolg, dass die Gewerkschaft künftig wieder Tarifverträge im ganzen Bundesgebiet hat. „Die sächsischen Adexa-Mitglieder haben lange auf diesen Augenblick gehofft und gewartet. Und obwohl die Verhandlungen aufgrund der Pandemie länger als geplant gedauert haben: Der Abschluss in Sachsen setzt jetzt auch Maßstäbe für die anderen Tarifbereiche.“ Urlaub wird in Höhe von 34 Tagen gewährt. Dazu kommt ein weiterer Urlaubstag nach 5-jähriger Betriebszugehörigkeit.
Beim SAV gab es laut Michael ein einstimmiges Votum der Mitgliederversammlung für die neuen Tarifverträge. „Das werte ich als Zeichen, dass wir zusammen mit Adexa ein zukunftsfähiges Verhandlungsergebnis erzielt haben, mit dem wir auch ein Werkzeug gegen den Fachkräftemangel in Sachsen in der Hand halten.“
Der stellvertretende SAV-Vorsitzende und Leiter der Tarifkommission, Dr. Reinhard Groß, ergänzt: „Neu – im Gegensatz zu den bereits geltenden Tarifverträgen – sind auch Vereinbarungen zur Rufbereitschaft und zur Tätigkeit von zwei Mitarbeitenden im Notdienst.“ Außerdem seien Regelungen getroffen worden, die Engagement und besondere Leistungen im Berufsalltag entlohnen.
Adexa-Chef Andreas May kommentiert: „Von unseren Mitgliedern wissen wir, dass Tarifbindung einen wichtigen Aspekt bei der Wahl des Arbeitsplatzes darstellt. Und auch, dass die Tarifverträge Sicherheit für beide Seiten – Beschäftigte und Arbeitgeber – bieten und damit auch helfen, arbeitsrechtlichen Problemen vorzubeugen.“
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