Centbeträge bei Rezeptur

61 Seiten Retaxationen: „Lose-Lose-Situation für alle“

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Berlin -

Insgesamt 61 Seiten mit Retaxationen für verschiedene Rezepturen – das war auch für Lars Gunder, den Inhaber der Regenbogen-Apotheke in Moers, eine neue Erfahrung. Die AOK Rheinland/Hamburg retaxierte wegen Centbeträgen und zeigte bei einer direkten Auseinandersetzung mit dem Apotheker kein Verständnis.

„Ich habe noch nie Retaxationen in diesem Umfang bekommen. Rund 60 Seiten mit je zwei Fällen bei einem Nennwert um 200 Euro. Daran wird schon deutlich, um welche Kleinstbeträge es im Einzelnen geht“, fasst Gunder zusammen. „Da frage ich mich, wie es sich überhaupt lohnt, dass sich jemand hinsetzt und diese Fälle bearbeitet. Das sind mehr oder weniger alle Rezepturen des letzten Halbjahres“, ärgert sich der Apotheker.

Die Unterschiede zwischen der kassenseitigen Berechnung und der von Gunder sind jeweils minimal. „In einem Fall habe ich eine Topitec-Kruke berechnet, während die AOK eine Aponorm-Kruke für ihre Berechnung zugrunde gelegt hat“, berichtet er. Mischscheiben, Dosierhülsen und Zusatzetiketten, die der Inhaber zu Recht in seine Kalkulation einbezieht, lässt die Kasse dagegen außen vor. „So kommen diese Kleinstunterschiede dann zustande“, schildert er.

Es geht ums Prinzip

Gegen die Vielzahl an Fällen Einspruch einzulegen, hat Gunder knapp zwei Stunden gekostet, denn: Seiner Meinung nach sind die Retaxationen nicht hinnehmbar. „Mir geht es da auch ums Prinzip. Es kann nicht sein, dass Krankenkassen uns so Beträge absetzen“, stellt er klar. Bei Rezepturen sind die Retaxationen laut Inhaber noch ärgerlicher; schließlich handle es sich hierbei um ein Zusatzgeschäft. „Dass die Krankenkassen da extra pingelig sind, kann ich nicht nachvollziehen.“

Deshalb fragte Gunder direkt bei der AOK Rheinland/Hamburg nach. Zuerst konnte man dem Apotheker auf den Sachverhalt keine Antwort geben. „Zwei Wochen später habe ich mit der stellvertretenden Abteilungsleiterin gesprochen. Die zeigte sich keineswegs einsichtig“, bedauert der Inhaber. Sein Hinweis, dass sich derartige Retaxationen betriebswirtschaftlich überhaupt nicht rechnen können, stieß auf taube Ohren: „Sie erklärte mir, dass sie das genau so machen und sich an ihre gesetzlichen Vorgaben halten müssen“, bedauert Gunder.

Er brach das Gespräch schließlich ab und erklärte gegenüber der Mitarbeiterin abschließend: „Teilweise bearbeiten Kollegen in der Nähe Rezepturen nicht mehr zeitnah. Wenn man derartige Retaxationen zurückbekommt, senkt das die eigene Motivation einer zeitnahen Belieferung.“ Darüber hinaus ist Gunder der Auffassung: „Da werden die Gelder der Versicherten verschwendet, ich verliere durch die Retaxationen Geld, das ist doch eine Lose-Lose-Situation für alle.“

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