Anzahl an der falschen Stelle?

5000-Euro-Retax: Kasse versteht Mengenangabe nicht

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Berlin -

Eine Patientin der Engel-Apotheke Stolberg bekommt zweimal die Doppelpackung Tremfya 100 mg IloInPen (Guselkumab, Janssen) verordnet. Für das Apothekenteam ist die Sachlage klar, anders ist es bei der AOK Rheinland/Hamburg. Diese retaxiert die Belieferung: „Da die verordnete PZN – hinter der die Mengenangabe ‚2x‘ aufgetragen wurde – zwei Fertigpens enthält, ist aus unserer Sicht eine Packung mit zwei Fertigpens verordnet.“ Das Apothekenteam ist fassungslos.

Die Patientin wird von der Apotheke schon seit geraumer Zeit mit dem monoklonalen Antikörper versorgt. „Manchmal bekommt sie eine Doppelpackung, in diesem Fall aber zwei“, berichtet Apothekerin Nagihan Yaman. Die Apotheke belieferte das Rezept Mitte November 2023. „Auf dem Rezept hatte der Arzt ‚Tremfya, 100 mg Fertigpen, 2ב in die erste Verordnungszeile geschrieben. Weil er keinen Platz mehr hatte, hat er die PZN darunter notiert.“

Die AOK beanstandete die Belieferung Mitte September 2024; es handele sich um eine unklare Verordnung. „Wir hätten nur eine Doppelpackung abgeben dürfen, obwohl der Zusatz ‚2x‘ hinter dem Wort Fertigpen steht und nicht davor“, erläutert die Apothekerin.

Im Zuge der Beanstandung hat sich die Apothekerin vergangene Rezepte noch einmal ganz genau angeschaut. „Da war zum Beispiel eine Doppelpackung Tremfya deutlich verordnet worden, weil die Anzahl vor der Abkürzung FS für Fertigspritze und nicht danach notiert wurde. Da war es für uns eindeutig, dass es wirklich nur zwei Fertigspritzen sein sollen“, erklärt sie. „Aber sobald die Anzahl nach dem Wort Fertigpen oder Fertigspritze steht, haben wir zwei Doppelpackungen abgegeben.“

In diesem Fall wurde eine Doppelpackung Tremfya verordnet, erkennbar dadurch, dass die Anzahl vor der Arzneimittelbezeichnung „Fertigspritze“ steht.Foto: Engel-Apotheke Stolberg

Dass die Apotheke die beanstandete Verordnung korrekt beliefert hat, bestätigte auch die Ärztin aus dem Universitätsklinikum Aachen. „Die Patientin muss sich die Verordnungen immer wieder von dort abholen. Durch die größere Verordnungsmenge sollten auch Wege gespart werden“, berichtet Yaman.

Für den Einspruch, den die Apothekerin an die Kasse verfasste, setzte auch die verordnende Ärztin ein Schreiben auf. „Darin steht, dass die Therapie fortgesetzt wird und die Praxis darauf verzichtet hat, zwei separate Verordnungen für je ein Doppelpack Tremfya auszustellen. Stattdessen wurde direkt eine Verordnung über zwei Doppelpackungen ausgestellt.“

Einspruch abgelehnt

Mitte Januar lehnte die Kasse den Einspruch final ab. „Entgegen Ihren Ausführungen ist nicht die PZN ‚2x‘ verordnet worden, denn diese Angabe steht nicht im Bezug zur PZN auf der Verordnung“, so der Abschlussbefund der AOK. „Es wurden ‚Fertigpen 2x‘ verordnet. Da die verordnete PZN – hinter der die Mengenangabe ‚2x‘ aufgetragen wurde – zwei Fertigpens enthält, ist aus unserer Sicht eine Packung mit zwei Fertigpens verordnet.“

Wäre das Apothekenteam der Meinung gewesen, dass insgesamt vier Fertigpens gemeint sein könnten, hätte diese Unklarheit laut der Kasse vor der Abgabe geklärt und eine entsprechende Änderung auf der Verordnung dokumentiert werden müssen. „Ihrem Einspruch geben wir aus den genannten Gründen nicht statt“, heißt es abschließend.

„Wir haben nicht dokumentiert, weil für uns die Verordnung eindeutig war“, ärgert sich Yaman. „Der Zusatz ‚2x‘ hätte direkt vor der PZN in derselben Verordnungszeile stehen müssen. Das akzeptiert die Kasse nicht und die Verordnung ist für sie deshalb unklar.“

Bei BtM- und Hochpreiserpräparaten gilt in der Engel-Apotheke das Vier-Augen-Prinzip. „Für mich und meine Kollegin war die Verordnung eindeutig. Für meine Chefin auch. Wir haben zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt, wie wir dieses Rezept beliefern.“

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