Nullretax

5000 Euro: Barmer bleibt hart Nadine Tröbitscher, 24.04.2018 09:55 Uhr

Berlin - 

Von der Retaxstelle kommen selten gute Nachrichten, diese Erfahrung musste auch ein Apotheker aus Niedersachsen machen. Im Kampf David gegen Goliath bleibt die Barmer hart und die Apotheke hat das Nachsehen. Der Schaden beläuft sich auf etwa 5000 Euro.

Auf Null retaxiert wurde der Hochpreiser Enbrel (Etanercept, Pfizer). Geliefert wurde wie verordnet, ohne dabei den Rabattvertrag der Barmer zu berücksichtigen. Der Arzt hatte den Reimport von Orifarm rezeptiert und das Aut-idem-Kreuz gesetzt. Darüber ist die Apotheke gestolpert.

Das Kreuz ist in den Köpfen fest mit einem generellen Substitutionsverbot verankert. Dieses gilt jedoch nur bei Original und Generikum. Bei Original und Import muss die Apotheke umdenken, hier gelten andere Gesetze. Denn Reimporte beziehen sich – trotz eigener Zulassung – auf das Original und werden sozialrechtlich somit als dasselbe Arzneimittel betrachtet. Apotheker können das gesetzte Aut-idem-Kreuz ignorieren – es sei denn, der Arzt hat einen zusätzlichen Vermerk dokumentiert wie: „aus medizinisch-therapeutischen Gründen kein Austausch“. Voraussetzung ist jedoch eine ausdrückliche Arzneimittelverordnung, also der genauer Produktname und/oder die Pharmazentralnummer.

Im Klartext bedeutet das für den vorliegenden Fall: Ist der Reimport verordnet und Aut-idem gesetzt, aber das Original rabattiert, muss ausgetauscht und der Rabattvertrag bedient werden. Gleiches gilt im umgekehrten Fall: Rabattierter Import hat Vorrang vor nicht rabattiertem Original. Nicht austauschen muss die Apotheke, wenn ein Generikum rabattiert ist. Die Apotheke hätte das Original von Pfizer liefern müssen, da dieses zum Zeitpunkt der Abgabe rabattiert war. Besonders bitter: Aktuell hat die Barmer einen Rabattvertrag sowohl mit Pfizer als auch mit Orifarm.

Der Verstoß gegen die Vorgabe ist schmerzhaft und kommt die Apotheke teuer zu stehen. Die Barmer lenkte auf mehrmalige Nachfrage nicht ein und ließ sich nicht auf eine Kulanzregelung ein. Die Kasse ließ sich nicht erweichen, wenigstens den Einkaufspreis zu erstatten und so einen größeren Schaden abzuwenden. Schließlich wurde der Patient richtig versorgt. Nun muss die Apotheke dessen Versorgung aus eigener Tasche zahlen.

„Da dieser Punkt im Arzneiversorgungsvertrag klar geregelt ist, ist eine Rechnungskorrektur in Folge eines Verstoßes gegen den Vertrag leider nicht vermeidbar“, teilte ein Sprecher mit. „Leider haben wir hier keinen Spielraum. Wir würden auch anderen retaxierten Apotheken gegenüber mit zweierlei Maß messen, wenn wir im beschriebenen Fall ausnahmsweise die Rechnungskorrektur zurücknähmen oder anpassten.“ Eine nachvollziehbare Reaktion, die den betroffenen Apotheker wenig tröstet.

Immer wieder sind Kollegen von ähnlichen Fällen betroffen. Eine Apotheke in Brandenburg musste zuletzt ebenfalls Lehrgeld zahlen: Auch hier wurde der mit Aut-idem-Kreuz verordnete Import geliefert, rabattiert war jedoch das Original. Die KKH nutze ebenfalls ihr Retax-Recht und kürzte auf Null, der Einspruch wurde abgelehnt.

Helfen kann den Apotheken die Software, denn nicht immer hat man die gesetzlichen Vorgaben parat: In der Regel öffnen sich entsprechende Fenster, wenn nicht gesetzeskonform beliefert wird. Leider werden im Stress die Warnungen oft weggeklickt.