Vorrangig BKK

3000 Euro Retax: „Weiß nicht, ob ich weiter Rezepturen mache“

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Berlin -

Es hagelt weiter Rezeptur-Retaxationen. Vorrangig seien diese von der BKK so Andrea Kampmann, Inhaberin der Rats-Apotheke in Uchte. „Ich bekomme Retaxen für Rezepturen, die einfach von 100 auf 34 Euro runtergerechnet werden“, ärgert sie sich. „Wir überlegen ernsthaft, ob wir im nächsten Jahr überhaupt noch weiter anrühren“, sagte sie Ende vergangenen Jahres.

Das Rezepturgeschäft sei nicht mehr auskömmlich, so Kampmann. „Ich empfinde die Situation als Frechheit“, sagt sie im Hinblick auf die Kündigung der Hilfstaxe – Anlagen 1 und 2. Diese sorgte für massive Verunsicherung unter den Inhaber:innen.

Die Kassen teilen seither die Auffassung der Abrechnung nach §§ 4 und 5 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) nicht. Weil die Hilfstaxe nicht mehr als Berechnungsgrundlage dient, änderten sich seitdem die Preise für Rezepturen teils massiv. „Der Vertrag wurde gekündigt, wir müssen die Anfertigungen jedoch weiter berechnen. Dafür bekommen wir von den Kassen einen auf den Deckel und es heißt schlicht: Der Preis ist zu hoch“, ärgert sie sich.

Rezepturen überhaupt noch tragbar?

In den vergangenen Wochen hagelte es etliche Rezeptur-Retaxationen. „Wenn ich alle zusammenrechne, komme ich auf etwa 3000 Euro Einbuße“, so Kampmann. Bis jetzt seien es nur die BKKen, die so drastisch runterrechnen. „Wir haben Rezepturen mit einem Wert von über 100 Euro eingereicht und die Kasse setzt den Betrag einfach auf 34 Euro runter.“ Mehr noch: „Es hieß zudem, dass der Eigenanteil des Patienten in Höhe von 10 Euro schon verrechnet sei.“ Vor diesem Hintergrund überlegt Kampmann, ob sie sich es überhaupt noch leisten kann, weiterhin individuell angefertigte Rezepturen anzubieten.

„Es ist für uns nicht mehr auskömmlich. Man muss sich nur mal überlegen, was alles noch zusätzlich an einer Rezeptur dranhängt“, so die Inhaberin. „Man muss alles protokollieren und auf Plausibilität prüfen. Es entstehen Kosten, die einem keiner bezahlt.“ Die Kunden würden ihr zwar leidtun: „Aber ich bin im Endeffekt auch eingetragene Kauffrau“, erklärt sie. „Woher soll ich das Geld nehmen, das ich überall drauflegen muss?“ Zwar ist sich die Apothekerin des Kontrahierungszwangs durchaus bewusst, daher werden in der Rats-Apotheke auch weiterhin Rezepturen angefertigt, „aber irgendwann ist mal Schluss.“

Kassen wollen keine Selbstzahlung

Zumal auch die einfache Lösung der Selbstzahlung nicht erlaubt sei: „Der Patient könnte im Prinzip bei einer Rezepturverordnung zunächst in Vorleistung gehen und sich das Geld im Nachhinein von der Kasse wiederholen“, schlägt Kampmann vor. „Aber die Krankenkassen wollen das nicht.“

Zudem habe man als Inhaber auch keinen Rückhalt bei der Standesvertretung. „Auf den LAV Niedersachsen ist leider kein Verlass, es bestehe kein Handlungsbedarf, wenn eine Berechnung beigefügt wurde, teilte man mir mit.“ Nun überlegt Kampmann, rechtliche Schritte einzuleiten. „Ich bin rechtsschutzversichert. Ich überlege zu klagen, obwohl ich weiß, dass es sehr lange dauern wird und wir so gut wie keine Chance haben.“

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