Apotheken sind immer für die Menschen da. Und auch häufig besetzt – im Notdienst sogar rund um die Uhr. Kein Wunder also, dass auch für die umliegenden Nachbarn häufig einiges an Paketen angenommen wird. Für die Apotheken hat sich das zum spannenden Zusatzgeschäft entwickelt. Denn mit dem neuen Beschluss aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) gehen die nicht direkt zustellbaren Päckchen mit dem Botendienst der Apotheke an die Kund:innen. Und die Apotheke darf die Botendienstgebühr abrechnen.
Die Pakete einfach nur annehmen und dann in der Apotheke liegen lassen, bis die Adressaten sie abholen, war gestern. Schließlich passt dieses Konzept vorne und hinten nicht – daher entschied sich auch das BMG dazu, hier die Regeln entsprechend anzupassen. Einerseits handelt es sich hier eindeutig nicht um gleich lange Spieße: Während die Apotheken vor Ort einfach zu ihren Kund:innen nach Hause fahren können, um ihnen exklusiv die bestellten Arzneimittel zukommen zu lassen, sind die Versender auf die zustellenden Logistiker angewiesen.
Und dass die nicht immer zuverlässig zustellen, ist allgemein bekannt. Doch nicht nur das: Wird das Paket nicht direkt entgegengenommen, kann niemand Gewähr dafür übernehmen, dass es nicht noch tagelang am Ablageort herumliegt. Wenn sich Kund:innen dann über den zu späten Empfang der Pakete beschweren, können die Versender nicht mal etwas dafür. Unfair!, ruft es daher von hinter der Grenze.
Andererseits geht es hier um liegengebliebenes Potenzial: Die Versender sind durchaus bereit, für besondere Services Geld springen zu lassen. Also werden künftig zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Gleich lange Spieße für die Versender und Mehreinnahmen für die Vor-Ort-Apotheken! So sammeln die Apotheken künftig Päckchen von DocMorris und Shop Apotheke (und der DHL-Bote spart sich auch noch den Weg in die fünfte Etage) und fahren sie auf einer ihrer ein bis drei Touren in der Nachbarschaft aus. Bevorteilt werden hier zwar eher die Stadtapotheken, aber dafür lässt sich Karl Lauterbach (SPD) auch noch etwas einfallen.
Wir haben mit einer Apothekerin gesprochen, die das neue Modell gern mitmacht: „Früher habe ich mich immer aufgeregt, wenn ich bemerkt habe, dass ich hier für die Versender die Päckchen in Empfang nehme.“ Gebracht habe ihr das aber nichts. Anfangs habe sie sich geärgert; versucht, die Kund:innen zu bekehren. „Dann habe ich auch mal ein Päckchen verschwinden lassen, das brachte aber auch nur zeitfressende Diskussionen“, berichtet die Inhaberin. „Jetzt bekomme ich für jedes dieser Pakete 2,50 Euro – ändern kann ich die Lage doch eh nicht mehr, dann kann ich auch daran mitverdienen.“
Einziges Manko: Die Kund:innen fragen den Boten doch tatsächlich auch vor ihrer Haustür noch nach Zeitschriften und Zugaben. Aber was tut man nicht alles für die Kundenbindung... Nur wegbrechen darf das wichtige Botenpersonal jetzt nicht mehr. Sonst muss die Inhaberin auch noch allein ausfahren.
Packstation für die Versender-Kund:innen spielen: Das ist tatsächlich schon in so mancher Apotheke vorgekommen. Vor einer Woche nahm eine Inhaberin aus der Feldberger Seenlandschaft ein Paket an. Erst später sah sie, dass es von DocMorris kam. Nun wird das Personal angewiesen, die Lieferungen des Versandhändlers nicht mehr anzunehmen. Ob der Kunde seine Sendung wohl inzwischen schon abgeholt hat?
Zumindest das Kunden-Hin-und-Hergeschiebe zwischen DocMorris und Tochter Teleclinic hat nun einen heftigen Dämpfer bekommen: Das Landgericht München bestätigte in dem Fall die Anschuldigungen der Apothekerkammer Nordrhein. Der Versender hat bereits ein paar Dinge angepasst, hin- und hergeschoben wird aber erst einmal weiter.
Aber auch wenn dieses Urteil gegen DocMorris sicher einige Apotheker:innen freut: Die Probleme liegen gerade woanders. Inhaberinnen und Inhaber bangen weiter um ihre finanziellen Mittel, die durch das Skonto-Urteil teils schmerzhaft zu schrumpfen drohen. Immerhin Großhändler AEP macht den Apotheken ein Angebot, dass durchaus als „okay“ durchgeht. Ob AEP aber auch mehr Apotheken im Kundenstamm managen kann, wird sich zeigen müssen.
Die Apotheken stehen – ohne Honoraranpassung und mit gestiegenen Fixkosten – „wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand“, weiß man aber immerhin inzwischen auch beim Großhandel. Der Spielball liege nun aber bei der Politik – auf Lauterbachs Apothekenreform, die bis Mai kommen sollte, wartet man hingegen weiter.
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