Mit nur noch 19.942 Apotheken erreicht die Arzneimittelversorgung in Deutschland am Ende des ersten Quartals 2017 einen neuen Tiefpunkt. Wie die ABDA mitteilt, ergibt sich aus 32 Neueröffnungen und 113 Schließungen ein Rückgang der Apothekenzahl um 81 innerhalb von drei Monaten. Vor einem Jahr hatten unter dem Strich nur 59 Apotheken geschlossen: Damals standen 30 Neueröffnungen 89 Schließungen gegenüber.
Besonders auffällig ist laut ABDA der Verlust an selbständigen Apothekeninhabern, deren Zahl in den ersten drei Monaten um 128 sank. Durch 47 zusätzliche Filialen sei dieser Trend in den Gesamtzahlen nicht zu erkennen, da ehemalige Selbständige zum Teil als angestellte Filialleiter weiterbeschäftigt würden.
Laut ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sind wirtschaftliche Aspekte nur eine Ursache, genauso bedeutend seien die ungünstigen Rahmenbedingungen: Der Versandhandel spiele eine entscheidende Rolle. Durch Rx-Boni werde die Lage zusätzlich verschärft: Der Trend zur Reduzierung der Apothekenzahlen habe sich seit dem EuGH-Urteil „deutlich beschleunigt“. Einen anderen Grund für die Zunahme bei den Schließungen sehe er jedenfalls nicht.
Dass immer mehr Kollegen die Selbstständigkeit scheuten, sei die eigentlich schlechte Nachricht, so Schmidt: Die Entscheidung werde durch den Versandhandel beeinflusst. „Immer mehr selbständige Apotheker verlieren offenbar das Vertrauen in die Zukunft. Wir gehen davon aus, dass dabei auch die neue Situation nach dem EuGH-Urteil zur Arzneimittelpreisbindung aus dem Herbst eine Rolle spielt. Dieser Verlust an selbstständigen Apothekern schmerzt deshalb besonders, weil Freiberuflichkeit und Gemeinwohlpflicht unzertrennbar miteinander verbunden sind. Jeder Inhaber trägt die volle Verantwortung und gibt der Apotheke ein Gesicht.“
Die Neueröffnungen könnten den Abwärtstrend leider immer weniger aufhalten, so Schmidt. „Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, der örtliche Verdrängungswettbewerb und die schwierige Nachwuchssuche können Gründe sein, um die eigene Apotheke schließen zu müssen. Die aktuellen Zahlen deuten darauf hin, dass immer mehr Inhaber entweder ihre Apotheke schließen müssen oder als Filialapotheke verkaufen.“
Schmidt weiter: „Zum Glück haben wir noch eine flächendeckende Versorgung. Ein harter Preiswettbewerb mit ausländischen Versandhändlern bei rezeptpflichtigen Medikamenten wird allerdings den Abwärtstrend beschleunigen. Deshalb brauchen wir ein Verbot des Versandhandels mit diesen Arzneimitteln.“ Apotheker bräuchten klare Perspektiven. Sie müssten den Mut und die Zukunftssicherheit finden, um sich wieder für eine eigene Apotheke zu entscheiden.
Aktuell liegt die Zahl der Apotheken auf dem niedrigsten Stand seit 1990, als es 19.898 Apotheken gab. Setzt sich die Zahl der Schließungen in diesem Tempo fort, zeichnet sich für dieses Jahr ein Negativrekord ab.
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