Die Vorwürfe gegen einen Berliner Apotheker wogen schwer: 1,5 Millionen Euro sollte er mit gefälschten Rezepten zu Unrecht bei den Krankenkassen abgerechnet haben, so die Staatsanwaltschaft. Doch das Amtsgericht Berlin-Tiergarten sprach den Inhaber heute frei. Der Vorsitzende Richter hielt es für möglich, dass der Apotheker von dem massenhaften Betrug nichts gewusst hatte.
Zwischen April und September 2016 wurden in der Apotheke rund hundert Rezepte über hochpreisige Arzneimittel eingereicht. Dahinter steckte eine Bande professioneller Rezeptfälscher. Die Staatsanwaltschaft glaubte an eine Mittäterschaft des Apothekers, da zwar auch in mehreren anderen Apotheken gefälschte Rezepte eingelöst wurden, aber bei Weitem nicht in diesem Umfang.
Wenn der Apotheker nicht direkt eingeweiht gewesen sei, so das Argument der Staatsanwaltschaft, hätte er den Betrug zumindest erkennen müssen. Denn in einem Fall wurden an einem Tag zwei Dutzend Rezepte eingelöst, in einem Monat Rezepte im Wert von 818.000 Euro. Hätte der Apotheker bewusst darüber hinweggesehen und die Apotheke trotzdem abgerechnet, spricht man juristisch von bedingtem Vorsatz. Doch die eigentlichen Täter hatten laut dem Anwalt des Apothekers, Dr. Maximilian Warntjen, jeweils sehr glaubwürdige Geschichten erzählt. Die Rezepte seien für Heimbewohner, daher die große Menge.
Da die Rezepte auch nach Auffassung des Gerichts auf sehr hohem Niveau gefälscht waren, hielt es der Vorsitzende Richter für möglich, dass der Apotheker von dem Betrug tatsächlich nichts gewusst haben könnte. Diese begründeten Zweifel an der Mittäterschaft-Hypothese führten letztlich zum Freispruch.
Aufgefallen war der Betrug übrigens bei einer Krankenkasse. Denn die Profi-Fälscher hatten ein Rezept für eine Versicherte eingelöst, die bereits verstorben war. Nach dem Hinweis der Kasse wurden die Verdächtigen über längere Zeit abgehört und zwischenzeitlich in parallelen Verfahren auch verurteilt.
Ob das Verfahren für den Apotheker abgeschlossen ist, steht noch nicht fest. Die Staatsanwaltschaft könnte gegen das Urteil in Berufung gehen. Nach der heutigen Entscheidung war der Apotheker, dessen Approbation auf dem Spiel stand, jedenfalls sehr erleichtert. Er wünsche nur, dass dieser ganze Alptraum endlich ende, hatte er vor der Urteilsverkündung noch gesagt.
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