Ausnahmeregelungen

1-Propanol & Ethanol: Weitere Formulierungen erlaubt

, Uhr
Berlin -

Die Desinfektionsmittelherstellung in den Apotheken wurde von der Bundesstelle für Chemikalien erneut erweitert: Neben neuen Formulierungen gibt es auch eine Erlaubnis für Unternehmen der chemischen Industrie. Vor allem die Abgabe an berufsmäßige Verwender wie Kliniken und Arztpraxen steht dabei im Vordergrund.

Seit Anfang März dürfen die Apotheken offiziell isopropanolhaltige Desinfektionsmittel selbst herstellen. Die Ausnahmegenehmigung gilt bis zum 31. August und umfasste zunächst nur für bestimmte Rezepturen mit Isopropanol. Doch auch Isopropanol wird mittlerweile knapp – die erlaubten Formulierungen können nur noch begrenzt hergestellt werden, da die Rohstoffe fehlen. Daher wurde die Ausnahmeregelung nun erweitert, um auch die Versorgung von Kliniken, Pflegeeinrichtungen und Ärzten zu sichern – den Einrichtungen, die es derzeit am dringendsten brauchen. Denn Desinfektionsmittel sind wegen der Sars-CoV-2-Epidemie zur begehrten Mangelware geworden. Die neue Ausnahmeregelung gilt bis einschließlich 8. September.

Was darf nun hergestellt werden?

Was die Apotheken herstellen dürfen, ist explizit geregelt: Die Allgemeinverfügung galt bisher für die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Formulierung eines Mittels zur hygienischen Händedesinfektion mit Isopropanol, sowie für das 2-Propanaol-Wasser-Gemisch 70 Prozent (v/v). Für ethanolhaltige Händedesinfektionsmittel galt die Verfügung bisher jedoch nicht.

Erlaubt sind nun die Herstellung 70-prozentiger Gemische mit 2-Propanol, 1-Propanol oder Ethanol sowie die beiden folgenden Rezepturen:

2-Propanol 99,8% (v/v) 75,15 ml
Wasserstoffperoxid 3% (v/v) 4,17 ml
Glycerol 98% (v/v) 1,45 ml
Gereinigtes Wasser ad 100,00 ml

oder

Ethanol 96% (v/v) 83,33 ml
Wasserstoffperoxid 3% (v/v) 4,17 ml
Glycerol 98 % (v/v) 1,45 ml
Gereinigtes Wasser ad 100,00 ml

Die nun möglichen ethanolhaltigen Produkte dürfen zwar zulassungsfrei in den Verkehr gebracht werden, allerdings müssen herstellende Apotheken nun eine elektronische Meldung gemäß Biozid-Meldeverordnung durchführen – diese ist kostenfrei und kann auf elektronischem Wege erfolgen. Die bisherigen Regelungen beinhalten jedoch, dass die Produkte nur von Herstellern, die bei der Europäischen Chemikalienagentur gelistet sind, bezogen werden dürfen – die Verfügbarkeit ist dadurch begrenzt. Aufgrund der aktuellen Ausnahmesituation sind die Vorgaben jedoch gelockert worden.

Dank der erweiterten Ausnahmeregelung ist nun jedoch auch die Herstellung von 2-Propanol-haltigen, 1-Propanol-haltigen und Ethanol-haltigen Biozidprodukten zur hygienischen Händedesinfektion „zur Abgabe an berufsmäßige Verwender aufgrund einer Gefahr für die öffentliche Gesundheit“ möglich. Neben Apotheken und der pharmazeutischen Industrie dürfen nun auch Unternehmen der chemischen Industrie offiziell die festgelegten Rezepturen herstellen. Da die Mittel nun offiziell als „Biozid“ hergestellt werden darf, müssen die verwendeten Rohstoffe keine Arzneibuchqualität aufweisen. Außerdem fallen Mengenbegrenzungen für die Herstellung weg.

Gemäß Artikel 55 Absatz 1 der EU-Biozid-Verordnung können zuständige Behörden für eine Dauer von maximal 180 Tagen gestatten, dass bestimmte Biozidprodukte unter beschränkten und kontrollierten Bedingungen bereitgestellt und verwendet werden. Bedingung ist die Notwendigkeit für die öffentliche Gesundheit.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
„Wir verhalten uns juristisch richtig“
Rezeptur-Retax: Kassen fordern tausende Euro
Mehr aus Ressort
Kein Bewusstsein für Leistung vorhanden
Notdienst: Apotheker für 50 Prozent Luxus-Aufschlag
Neue Nische für Zwischenhändler
Skonto über Großhandelsapotheken?

APOTHEKE ADHOC Debatte