0/1 bis 0/4: Zertifikate jetzt auch für Ungeimpfte Patrick Hollstein, 05.02.2022 08:05 Uhr
Damit die Kontrolle von Impfungen zukünftig noch einfacher wird, können Apotheken ab sofort auch für Ungeimpfte passende Zertifikate ausstellen. Somit haben nun alle Bürger:innen einen Anspruch auf ein gültiges Zertifikat. Beim Ausstellen sind strenge Regeln zur Nummerierung zu beachten.
Im Grundsatz orientiert sich die Nummerierung an dem bisherigen Schema der Auffrischimpfungen bei Comirnaty und Spikevax. Ungeimpfte erhalten also den Eintrag „0/3“. Aber: Diese Angabe kann nur für Personen über 5 Jahren ausgewählt werden! Ungeimpfte Kinder unter 5 Jahren erhalten (bis zur Zulassung eines Vakzins für die Altersgruppe) den Eintrag „0/0“. Auf dem Zertifikat erscheint hier die zusätzliche Angabe „Kein Impfstoff verfügbar“.
Darüber hinaus müssen Apotheken auch auf das Alter des Impflings, eventuelle Vorerkrankungen und den Beruf achten. Da die Ständige Impfkommission (Stiko) eine zweite Booster-Impfung für alle Personen über 70 Jahren, Menschen mit Immunschwäche sowie Ärzt:innen und Pfleger:innen mit direktem Patientenkontakt vorsieht, erhalten diese Personengruppen den Eintrag „0/4“. Der Eintrag für die Berufsgruppen wurde erst einmal nur formal aufgenommen, da hier ab Mitte März eine Impfpflicht besteht.
Faktor π je nach Geschlecht
Diffizil wird es in Abhängikeit von dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung gegen die Impfung getroffen wurde. Reicht die Skepsis zurück bis in die Zeit vor der allgemeinen Booster-Empfehlung, ist grundsätzlich 0/2 der richtige Eintrag. Allerdings muss bei Menschen über 70 Jahren mit dem Faktor π multipliziert werden, sodass in Abhängkeit vom Geschlecht eine gerade oder ungerade Zahl herauskommen kann.
Sonderfall: Zweitinfektion vor Erstimpfung
Außerdem wurde aufgrund zahlreicher Meldungen, dass es bei der Ausstellung von Genesenenzertifikaten für Mehrfach-Infizierte zu Schwierigkeiten kommt, ein neuer Schieberegler im DAV-Portal eingeführt: Personen, die erst nach der zweiten Infektion ihre Erstimpfung erhalten haben, erhalten das doppelte Genesenen-Impfzertifikat. Hierfür muss der/die Apotheker:in oder PTA den Schieberegler „Genesenen-Genesenen-Impfung“ aktivieren. Im Zuge dieser Neuerung weist die Abda darauf hin, dass doppelt Infizierten keine einfache Genesenenimpfung ausgestellt werden darf. Wer zweifach infiziert und nachfolgend einmalig geimpft ist, erhält den Eintrag „2/2-Genesenenbooster“. Der Zusatz „Genesenenbooster“ erscheint dabei nicht auf dem Ausdruck.
Zugegeben: Es gibt keine Zertifikate für Ungeimpfte. Doch auch bei den tatsächlich möglichen Konstellationen kam es diese Woche immer wieder zu Fragen im HV. Durch die neuen Nummerierungsregeln müssen sich Apotheker:innen und PTA vor allem beim Ausstellen von Janssen- und Genesenen-Zertifikaten umstellen. Der bisherige Eintrag von „2/2“ für Auffrischimpfungen bei Janssen-Geimpften ist obsolet. So wird die erstmalige Janssen-Impfung mit „1/1“ eingetragen und alle Folgeimpfungen mit „2/1“, „3/1“ usw. – gleiches gilt für Genesenen-Impfzertifikate, die erste Impfung nach der Genesung wird mit „2/1“ eingetragen, die nächste Spritze mit „3/1“.
Keine Lösung für Sonderfälle
Trotz der neuen Regelungen und Hilfestellungen seitens der Abda können nicht alle Sonderfälle aufgegriffen werden. Durchbruchsinfektionen machen es den Apotheken besonders schwer. Wer sich nach doppelter Impfung infiziert und anschließend erneut eine dritte Spritze erhält, der kann sowohl ein Zertifikat „3/3“ als auch ein Zertifikat über eine Genesenenimpfung ausgestellt bekommen. Der Nachweis über die Genesenenimpfung bringt für den Betroffenen im Alltag nur wenig – Apotheken sollten die reguläre Booster-Impfung eintragen.
Und mit diesem ganzen Hin und Her nicht genug, wurden die Apotheken zum Wochenende noch darüber informiert, dass die Zertifikate für Janssen-Geimpfte zum Teil neu ausgestellt werden müssen. Die Differenz zwischen ausgestellten Impfzertifikaten und tatsächlich verabreichten Impfungen wird folglich noch weiter auseinanderklaffen, sodass kaum noch eine Möglichkeit besteht, die beiden Werte in Relation zu setzen. Zu allem Ärger hinzu kam noch am Dienstag der Ausfall bei der Abrechnung der im Januar ausgestellten Zertifikate, der allerdings nach wenigen Stunden behoben war.
Die gute Nachricht: Apotheken, die selbst gegen Corona impfen, müssen die Daten für das Zertifikat nicht noch einmal eingeben, da sie direkt nach der Übertragung an das Robert-Koch-Institut (RKI) automatisch ins Zertifikatsportal übernommen werden. Noch ist der zugehörige Reiter nicht im Portal eingepflegt, doch pünktlich zum Start des Impfangebotes in der kommenden Woche wird die Funktion freigeschaltet. Einstweilen können die Betriebe mittels Button „Testübertragung“ üben.
In dieser Woche konnten die Apotheken erstmals Impfstoff für die Anwendung in eigener Verantwortung bestellen. Der Start ist verhalten – insgesamt gingen laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) 616 Bestellungen über insgesamt 25.000 Dosen ein, die meisten davon für Biontech. Die Abda rechnet entsprechend damit, dass in der kommenden Woche bundesweit mehrere hundert Apotheken mit den Corona-Impfungen starten werden – und dass es dann mehr werden. Eine vierstellige Zahl habe bereits bei ihrer jeweiligen Landesapothekerkammer gemeldet, dass sie die personellen, räumlichen und versicherungstechnischen Voraussetzungen zum Impfen erfüllen. In Berlin müssen Apotheken allerdings beim Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) anzeigen, wenn sie Räumlichkeiten, die normalerweise anderweitig genutzt werden, umwidmen wollen.
E-Rezepte: 729 von 30.000
Ebenfalls langsam startet das E-Rezept. 729 digitale Verordnungen wurden in der Telematikinfrastruktur (TI) bisher erzeugt und verarbeitet – Stand Freitag. Das geht aus dem neuen Gematik-Dashboard hervor, das täglich um 00.10 Uhr aktualisiert wird. Ab sofort zeigt das mehrheitlich bundeseigene Digitalisierungsunternehmen dort nicht nur E-Rezept-Zahlen, sondern auch weitere relevante Schlüsselzahlen zu Anwendungen der TI. Das angepeilte Ziel von 30.000 E-Rezepten ist noch in weiter Ferne – auch wenn die Gematik noch einmal klarstellte, dass dies nicht bis Ende März erreicht werden soll. An der Börse reagiert man mittlerweile maximal nervös auf solche Verlautbarungen. Im Webinar von APOTHEKE ADHOC konnten Apotheker:innen sich noch einmal bei Experten von Noventi über die Details informieren.
Die Zahl der selbstständigen Apotheker:innen ist laut Abda im vergangenen Jahr erstmals unter 14.000 gesunken. Die Zahl der Apotheken war ebenfalls rückläufig und lag zum Jahreswechsel bei 18.461. Aber Vorsicht: Wer schließen muss und seinen Kundenstamm verkaufen will, muss auf das Zuweisungsverbot achten. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied im Fall einer Zahnarztpraxis, dass Heilberufler sich bei der Empfehlung von Kolleg:innen nicht von monetären Aspekten leiten lassen dürfen. Laut Treuhand Hannover gibt es aber weiterhin verschiedene Wege, den Inhaber oder die Inhaberin einer zu schließenden Apotheke zu entschädigen. In diesem Sinne: Ein schönes Wochenende.