Wegen Pfusch-Arzt: InfectoDiarrstop verliert Erstattung

Berlin -

Antidiarrhoika sind grundsätzlich von der Erstattung ausgeschlossen, wenn sie nicht verschreibungspflichtig sind. Ausnahmen bilden die in der Anlage 3 der Arzneimittelrichtlinie (AM-RL) aufgeführten Arzneistoffe. Einem Produkt wird im Oktober die Erstattungsfähigkeit entzogen: InfectoDiarrstop LGG wird zwei Jahre nach der Aufnahme wieder gestrichen.

Im September 2015 überzeugten die Ergebnisse der Dialagg-Studie die Experten des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). InfectoDiarrstop LGG (Lactobacillus rhamnosus GG, Infectopharm) wurde in die Anlage 3 zur AM-RL aufgenommen. Am 17. August teilte der G-BA mit, das Produkt wieder zu streichen. Dieser Beschluss ist binnen vier bis sechs Wochen nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger rechtswirksam.

Die Entscheidung ist auf Manipulationen durch das Studienzentrum an anderen Studienergebnissen zurückzuführen. Ein beteiligter Prüfarzt, der Daten manipuliert haben soll, wurde rechtskräftig verurteilt. Das Studienzentrum ist somit nicht mehr vertrauenswürdig. „Eine ähnliche Manipulation ist zwar im Falle von Dialagg nicht zweifelsfrei feststellbar, allerdings verliert die Studie ohne dieses Prüfzentrum die wirtschaftliche Belastbarkeit“, teilt Infectopharm mit.

Die Studie könne somit nicht länger die Grundlage für die Erstattungsfähigkeit des Produktes sein, lautet die gemeinsame Entscheidung von Infectopahrm und dem G-BA. Zulassung, Wirksamkeit und Sicherheit von InfectoDiarrstop LGG werden nicht angezweifelt. Auch die Leitlinienempfehlungen werden unverändert bleiben. „Die Evidenzlage zu Lactobacillus GG zur Therapie der kindlichen Diarrhö ist unverändert mit 1A zu bewerten“, teilt Infectopharm mit.

InfectoDiarrstop LGG ist in verschiedenen Varianten erhältlich – geschmacksneutral als InfectoDiarrstop mono, Kirsch und Banane. Enthalten sind ein lebensfähiges Milchsäurebakterium sowie in den Fruchtvarianten zusätzlich Salze und Kohlenhydrate zum Ausgleich von Elektrolyt- und Flüssigkeitsverlusten im Falle einer Durchfallerkrankung. Das Pulver zur Herstellung einer Suspension wird zur Behandlung von Diarrhö bei Säuglingen und Kleinkindern eingesetzt.

Das kühlpflichtige Pulver wird in 200 ml Wasser eingerührt, Tee oder Fruchtsäfte sind nicht geeignet. Säuglinge und Kleinkinder nehmen über den Tag verteilt den Inhalt von ein bis zwei Doppelkammerbeuteln zu sich. Die übliche Dosis für Kinder ab zwei Jahren beträgt zwei bis drei Doppelkammerbeutel. Der magensaftresistente Lactobacillus rhamnosus GG bildet Milchsäure und sorgt somit im Darm für eine pH-Verschiebung, die pathogenen Keimen ein Überleben unmöglich macht.

Bislang war Lactobacillus rhamnosus GG unter Nummer 12 der AM-RL Anlage 3 mit mindestens 5x10⁹ koloniebildenden Einheiten bei Säuglingen und Kleinkindern zusätzlich zu Rehydratationsmaßnahmen erstattungsfähig. Ebenso in der Liste zu finden sind Elektrolyte und Saccharomyces boulardii bei Kleinkindern und Kindern bis zum vollendeten 12. Lebensjahr.