Fallbeispiele

Rezeptur-Sonderfälle: Was ist zu beachten? Teil 1

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Berlin -

Wer viele Rezepturen herstellt und zulasten der GKV abrechnet, kennt die zahlreichen Probleme, die dabei auftreten können. Darf ein Kosmetikum als Grundlage verwendet werden? Wie ist die korrekte Vorgehensweise, wenn die Dosierung auf der Verschreibung fehlt? Darf eine Rezeptur hergestellt und zulasten der Krankenkasse abgerechnet werden, wenn die Applikationsart unplausibel ist? Und in welcher Zeitspanne müssen sie überhaupt hergestellt werden? Hier kommt unsere kleine Reihe zur Abrechnung von nicht alltäglichen Rezepturen.

Fall 1: Das am Häufigsten vorkommende Problem in der Praxis ist wohl, dass der Arzt vergessen hat, eine Gebrauchsanweisung auf das Rezept aufzubringen. Laut § 2 der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) ist ein Rezept aber erst dann abrechnungsfähig – und kann beim Fehlen derselben auf Null retaxiert werden. Auch fehlende oder ungenaue Angaben zur Art und Menge der Wirk- und Hilfsstoffe kommen häufiger vor. Beispiele wären „Erythromycin in Basiscreme DAC ad 100 g“ oder „Erythromycin 2 Prozent in Basiscreme DAC“. Einmal fehlt die Einsatzkonzentration des Wirkstoffes und einmal die Menge der Rezeptur.

Die korrekte Vorgehensweise ist in allen Fällen, die fehlenden Angaben mit dem Verschreibenden zu klären. Sowohl die Einsatzkonzentration, als auch die Gesamtmenge und die fehlende Gebrauchsanweisung dürfen dann ergänzt werden. Sie werden gemeinsam mit dem Vermerk „Nach Rücksprache“ am besten mit einem schwarzen Stift auf die Verordnung geschrieben. Um retaxsicher zu heilen, müssen das Datum und die Unterschrift der abgebenden Person mit aufgebracht werden.

Fall 2: Die Grundlage der Rezeptur ist ein Kosmetikum, was insofern problematisch ist, als dass diese weder apothekenpflichtig sind, noch zwingend die erforderliche Qualität nach GMP-Richtlinien erfüllen und einen Nachweis laut § 11 Abs. 2 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) erbringen können. Der sichere Nachweis von Identität und Reinheit ist somit nicht so einfach zu erfüllen, es sei denn, der Hersteller kann ein valides Prüfzertifikat und eine Möglichkeit zur Verfügung stellen, die Grundlage auf Identität zu prüfen. Ist das der Fall, bleibt die Frage nach der Kompatibilität des Kosmetikums mit dem zugesetzten Wirkstoff. Auch hier bieten verschiedene Firmen im Internet Listen mit bereits geprüften Wirkstoff/Grundlagen-Kombinationen an.

Nur weil ein Kosmetikum verwendet wird, kann die Krankenkasse übrigens nicht retaxieren. Die Apotheke muss im Zweifelsfall aber in der Lage sein nachzuweisen, dass sie die Grundlage ordnungsgemäß geprüft hat. Hier gäbe es im Falle einer Überprüfung durch den Pharmazierat im Rahmen seiner Begehung wahrscheinlich größere Probleme als mit der Abrechnung. Kann der ordnungsgemäße Reinheits-und Identitätsnachweis nicht stattfinden, so sollte die Grundlage vom Apotheker ausgetauscht werden, was auch ohne Rücksprache mit dem Arzt möglich ist. Wenn alle Voraussetzungen erfüllt werden, kann dagegen auch ein Kosmetikum als Rezepturgrundlage verwendet und abgerechnet werden.

Fall 3: Der Arzt hat ein „bedenkliches Rezepturarzneimittel“ verordnet oder die empfohlene Einsatzkonzentration zu hoch gewählt. In diesem Fall ist eine Rücksprache unerlässlich. Fehler passieren auch im besten Betrieb einmal, im gemeinsamen Gespräch findet sich oft die Möglichkeit, Schwierigkeiten auszuräumen. Sollte der Verschreibende auf seiner Verordnung bestehen, so ist das ein Fall einer negativen Nutzen-Risiko-Bewertung – die Herstellung muss trotz Kontrahierungszwang abgelehnt werden. Ansonsten könnte der verantwortliche Apotheker sogar strafrechtlich belangt werden, wenn ein Kunde durch eine bedenkliche Rezeptur Schaden nimmt.

In manchen Fällen ist eine höhere oder niedrigere Einsatzkonzentration, als sie in den Normdosen angegeben wird, aber medizinisch notwendig. Auch das lässt sich in einem direkten Gespräch schnell klären. Ein kurzer Vermerk entweder auf dem Rezept selbst oder in der Herstellungsdokumentation kann helfen, spätere Retaxationen zu umgehen oder nachträglich zu heilen. Bedenkliche Rezepturazneimittel laut dürfen § 5 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) aber in keinem Fall abgegeben werden. Werden sie trotzdem in einer Rezeptur verwendet, macht sich der verantwortliche Apotheker strafbar – und eine Retax wäre unabwendbar.

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