Apotheker:innen und PTA dürfen immer dann von den „pharmazeutischen Bedenken“ Gebrauch machen, wenn sie die Compliance des Patienten/der Patientin in Gefahr sehen. Doch gilt diese Regelung nur für Arzneimittel – oder auch für Hilfsmittel oder Medizinprodukte?
Zu den gängigeren Hilfsmitteln aus der Apotheke zählen unter anderem Artikel zur Stoma-Versorgung, Augenpflaster oder Inkontinenzprodukte. Doch auch technische Produkte können als Hilfsmittel eingestuft werden. Hierzu gehören beispielsweise Inhalationsgeräte oder Applikationshilfen, die der Einbringung eines Arzneistoffes in den Körper dienen. Hilfsmittel bieten laut Gemeinsamem Bundesauschuss (G-BA) eine „ersetzende, unterstützende oder entlastende Wirkung“ und sichern so den Erfolg einer Krankenbehandlung oder beugen einer drohenden Behinderung vor oder gleichen sie aus.
Teilweise ist für die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) die Verordnung durch eine Vertragsärztin oder einen Vertragsarzt erforderlich. In vielen Fällen besteht eine Genehmigungspflicht durch die Kassen. Als Orientierung, welche Hilfsmittel an den jeweiligen Versicherten abgegeben werden dürfen, kann das „Hilfsmittelverzeichnis“ vom GKV-Spitzenverband herangezogen werden. Auch bei Hilfsmitteln können für die Patient:innen sogenannte Mehrkosten anfallen und zwar immer dann, wenn Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen wählen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen (§ 33 Abs. 1 Satz 6 SGB V).
Legt nun ein Patient/ eine Patientin eine Verordnung vor, bei der Apotheker:in und PTA eine Gefährdung der Therapie befürchten, so können – abweichend zur Arzneimittelverschreibung – keine „pharmazeutischen Bedenken“ geltend gemacht werden. Denn diese sind nach § 14 Abs. 3 und 4 Rahmenvertrag in Verbindung mit § 17 Abs. 5 ApBetrO nur bei der Abgabe von Arzneimitteln zulässig. Da der Rahmenvertrag sich nur auf Arzneimittel bezieht, finden die Bedenken keine Anwendung auf Hilfsmittel.
Bei der Abgabe von Arzneimitteln können die Bedenken immer dann angewendet werden, wenn es sich um eine kritische Indikation, einen kritischen Wirkstoff oder Darreichungsform oder um eine kritische Patientengruppe handelt. Lassen sich die Bedenken hinsichtlich der Adhärenz innerhalb des Beratungsgespräches nicht beheben, kann die Sonder-PZN 02567024 mit jeweiligem Faktor (8 oder 9) aufgedruckt werden.
Auch bei Medizinprodukten kann die Sonder-PZN 02567024 nicht angewendet werden. Bei Medizinprodukten handelt es sich um Produkte mit medizinischer Zweckbestimmung, die vom Hersteller für die Anwendung beim Menschen bestimmt sind. Neben Spritzen und Kanülen gehören beispielsweise auch In-vitro-Diagnostika wie Antigen-Schnelltests oder Produkte zur Empfängnisverhütung dazu. Nur Produkte, die in der Anlage V der Arzneimittel-Richtlinie des G-BA gelistet sind, sind überhaupt verordnungsfähig.
Eine große Gruppe innerhalb der Medizinprodukte sind die Verbandmittel. Neben Mullbinden und Kompressen können auch Produkte mit sogenannten weiterführenden Eigenschaften dazu gehören. Sonstige Produkte zur Wundbehandlung sind nur noch dann erstattungsfähig, wenn die wundheilungsfördernde Wirkung nicht über pharmakologische, immunologische oder metabolische Effekte erzielt wird. Ein Austausch der Produkte aufgrund von pharmazeutischen Bedenken ist auch hier nicht erlaubt.
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