Erst im August atmeten die Apotheken auf. Die Schonfrist bezüglich des Austausches von Biosimilars analog zu Generika wurde um ein Jahr verschoben. Nun wird die Debatte aufgrund eines Statements der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) erneut entfacht.
Der Austausch von Arzneimitteln in der Apotheke kann komplex sein und für Diskussionen sorgen. Der automatische Austausch von Biosimilars sorgte daher für massive Bedenken. Darauf wurde reagiert: Laut beschlossenem Kabinettsentwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes wurde die Entscheidung um ein Jahr vertagt.
Die EMA äußerte sich vor wenigen Tagen in einem Statement, welches gemeinsam mit den nationalen Arzneimittelagenturen entworfen wurde, zu diesem Thema. Biosimilars, die in der EU zugelassen sind, sollen sowohl gegen ihr Referenzarzneimittel als auch gegen ein gleichwertiges Biosimilar austauschbar sein. Praktiziert werde dies bereits in anderen Mitgliedsstaaten der EU. Es bringe zudem mehr Klarheit für Angehörige der Gesundheitsberufe und verhelfe so mehr Patient:innen zum Zugang zu biologischen Arzneimitteln in der gesamten EU.
Seit 2006 habe die EMA 86 Biosimilar-Arzneimittel zugelassen, gründlich geprüft und überwacht. Erfahrungen aus der klinischen Praxis hätten gezeigt, dass sie in Bezug auf Wirksamkeit, Sicherheit und Immunogenität mit Referenzprodukten vergleichbar sind und somit austauschbar seien, so Emer Cooke, Executive Director der EMA. „Dies sind gute Nachrichten für Patienten und medizinisches Fachpersonal, die einen breiteren Zugang zu wichtigen therapeutischen Optionen zur Behandlung schwerer Krankheiten wie Krebs, Diabetes und rheumatoider Arthritis haben“, so Cooke.
Basieren würde die Position der EMA zudem auf der Analyse von Sicherheitsdaten aus mehr als einer Million Patientenbehandlungsjahren – in denen keine Sicherheitsbedenken aufgekommen seien. EU-Expert:innen sind daher der Ansicht, dass ein Biosimilar, wenn es in der EU zugelassen wird, anstelle seines Referenzprodukts (oder umgekehrt) verwendet oder durch ein anderes Biosimilar desselben Referenzprodukts ersetzt werden könne.
Entscheidungen über die Substitution auf Apothekenebene – also die Praxis, ein Arzneimittel anstelle eines anderen ohne Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt abzugeben – werden von den einzelnen Mitgliedstaaten verwaltet. Die EMA wird ihre Kommunikationsmaterialien zu Biosimilars für Patient:innen und medizinisches Fachpersonal aktualisieren, um den gemeinsamen Standpunkt hervorzuheben.
Zur Erinnerung: Läuft der Patentschutz für ein Biopharmazeutikum (Biologikum) aus, so können Nachahmerpräparate eine Marktzulassung erhalten. Diese heißen Biosimilar, denn sie sind dem Original lediglich sehr ähnlich. Austauschbarkeit bedeutet in diesem Kontext, dass das Referenzarzneimittel durch ein Biosimilar ersetzt werden kann, ohne dass Patient:innen einen Unterschied in der Wirksamkeit feststellen können. Bei tatsächlich gleichen Präparaten spricht man von Bioidentika. Streng genommen ist der Ausdruck „Generikum“ nicht korrekt, da es sich nicht um chemisch-synthetisch hergestellte Arzneimittel handelt.
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