Keine Minimal-Lösungen mehr

Weichenstellung für eine nachhaltige Zukunft! 14.06.2023 15:21 Uhr

Die für Deutschland bekannte zuverlässige Versorgung mit Arzneimitteln sei bereits Vergangenheit, eine weitere Verschlechterung zu befürchten. In dieser Situation kommen nun die ersten Verfassungsbeschwerden gegen das Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) aus der Industrie. Es sei berechtigt, so der BVDAK, wenn Unternehmen wie AbbVie begründen, dass ein Grundrecht auf Gleichbehandlung verletzt würde, falls neue Medikamente mit wissenschaftlich begründetem gleichen Nutzen wie zugelassene Standardtherapien mindestens zehn Prozent weniger kosten müssten. Die deutsche Bevölkerung erlebe nun hautnah, wie es um unser Gesundheitssystem bestellt sei.

„Es muss sich etwas ändern – und zwar jetzt – gerade in der Apothekenvergütung“, so der BVDAK-Vorsitzende Dr. Stefan Hartmann und fragt: „Was passiert eigentlich, wenn wir die Arzneimittellieferverträge kündigen? Wir machen es wie die Pflegeheimbetreiber: Sie bekommen das festgelegte Honorar von den Krankenkassen und lassen die Pflegeheimbewohner einfach zuzahlen“. Die Krankenhäuser nehmen einfach Darlehen bei ihren oft öffentlichen Trägern auf.

EINE URSACHE DER KRISE: ÜBERHOLTE RABATT-IDEOLOGIE
Mit der Politik von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und später Horst Seehofer hatte das Unheil seinen Lauf genommen. Die Apotheken waren verpflichtet, den Patienten ausschließlich Rabattarzneimittel abzugeben. Der günstigste Anbieter erhielt dabei den Zuschlag. Alle anderen Anbieter waren dann für zwei Jahre nicht mehr am Marktgeschehen beteiligt. Arzneimittel musste die Industrie aus Kostengründen in Fernost produzieren lassen. Die Folge war ein Produktionsabbau in Europa, so der BVDAK. Für eine Beseitigung der Lieferengpässe werde es nun viele Jahre brauchen.

„In Zeiten des Umbruchs stehen auch gesellschaftliche Strukturen wie die GKV in heutiger Form auf dem Prüfstand. Wozu benötigen wir noch 97 gesetzliche Krankenversicherungen? In anderen Ländern genügen eine bis drei und eine private Zusatzversicherung“, so der kühne Denkanstoß des BVDAK-Vorsitzenden. „Warum werden im Gesundheitsmarkt neue Strategien nicht umgesetzt? Warum wird immer nur diskutiert statt gehandelt?“, fragt Dr. Stefan Hartmann.

Klar sei, dass ein Angriff auf die GKV-Vorgehensweise zu einer Eskalation und Gegenmaßnahmen der Kassen zum Beispiel in Form von verzögerten Rezeptabrechnungen führen könne. Doch dem sturen Festhalten an überholten gesetzlichen Regelungen oder unzureichenden kleinen Reparaturen könne nur mit klarem Konflikthandeln statt einem Hang zur Harmonie begegnet werden. Der Apotheken-Protesttag am 14. Juni 2023 dürfe, so der BVDAK-Vorsitzende, nur ein Anfang sein. Ein längeres Abwarten auf deutliche Zugeständnisse der Politik sei unangebracht. Pharmahersteller würden mit der Verfassungsklage nun den richtigen Weg gehen.