Molekularer Wirkmechanismus von Hydrotalcit aufgeklärt

Talcid® mobilisiert auch Widerstandskräfte des Ösophagusepithels 03.09.2012 09:14 Uhr

Sodbrennen, zählt zu den häufigsten gastro-intestinalen Beschwerden im Apothekenalltag. Hydrotalcit (Talcid®) lindert bei der Refluxkrankheit nicht nur wirksam die brennenden Symptome, sondern schützt darüber hinaus die Schleimhaut der Speiseröhre vor dem refluxbedingten Angriff von zytotoxischen H+-Ionen und aggressiven Gallensäuren, denn Hydrotalcit mobilisiert auch die Widerstandskräfte des Ösophagusepithels. So wird das Risiko manifester Schleimhautläsionen reduziert. Der Arbeitsgruppe um den Gastroenterologen Prof. Dr. Andrzej Tarnawski, Long Beach CA. (USA), gelang es erstmals, die zugrundeliegenden protektiven Mechanismen aufzuklären, die der Empfehlung von Hydrotalcit in der Apotheke weitere Basis geben.

Die gastro-ösophageale Refluxkrankheit (GERD) geht im Allgemeinen mit erosiven Veränderungen der Ösophagusschleimhaut einher. Ursache der Läsionen ist der refluxbedingte Kontakt der Ösophagusschleimhaut mit zytotoxischen H+-Ionen und aggressiven Gallensäuren, erklärte Prof. Tarnawski. Antacida binden überschüssige Magensäure und lindern so effektiv das Symptom Sodbrennen. Über einen Kamm scheren darf man die große Gruppe der Antacida jedoch nicht, betonte Tarnawski.

Hydrotalcit, ein Antacidum der dritten Generation, besitzt eine einzigartige kristalline Schichtgitterstruktur, in der sich Schichten aus Aluminium- und Magnesiumhydroxid-Ionen mit Schichten aus Carbonat-Ionen und Wasser abwechseln, beschrieb der Gastroenterologe.. Diese stabile Gitterstruktur ermöglicht eine kontrollierte Neutralisation überschüssiger Säure. Hydrotalcit kann zudem Pepsin und aggressive Gallensäuren binden. Damit erklärt sich die gute symptomatische Wirkung von Hydrotalcit.

Experimentelle und klinische Daten belegen zudem, dass das Schichtgitter mukosaprotektive Eigenschaften hat und die Abheilung von Magenulcera unterstützt. Außerdem überzeugt Hydrotalcit in einigen klinischen Studien durch seine Effektivität bei GERD. Auf der Digestive Disease Week 2012, San Diego, stellte Prof. Tarnawski erstmals die molekularen Mechanismen der protektiven Wirkung von Hydrotalcit auf das Ösophagusepithel vor.

Tarnawski erinnerte daran, dass das Plattenepithel des Ösophagus sowohl differenzierte Keratinozyten als auch ihre Progenitorzellen (KPC) enthält und eine „Schutzbarriere“ zu den aggressiven Refluxkomponenten bildet. Damit stellt das Ösophagusepithel die entscheidende strukturelle Komponente der Widerstandskraft der Ösophagusschleimhaut dar. Eine Schlüsselrolle für die Integrität des Epithels spielt den aktuellen Erkenntnissen zufolge die Expression zytoprotektiver Faktoren.

In experimentellen Untersuchungen wies Prof. Tarnawski nach, dass Hydrotalcit sowohl mit differenzierten Keratinozyten als auch mit KPC interagiert, die Expression zytoprotektiver Faktoren aktiviert und so die Ösophagusschleimhaut vor refluxinduzierten Erosionen oder Ulcera schützt.

Für ihre experimentellen Untersuchungen hatte die kalifornische Arbeitsgruppe Gewebekulturen vom Rattenösophagus sowie die humane Ösophagus-Zelllinie HET-1A in einer Nährstofflösung entweder mit Placebo oder mit Hydrotalcit (1–5 mg/ml) für ein bis vier Stunden inkubiert. Im Anschluss wurde die Hälfte der Proben gegenüber H+-Ionen und Taurocholsäure (TCA) exponiert.

Die Ergebnisse: Bei den mit Placebo vorbehandelten Zell- und Gewebekulturen erfolgte eine signifikante Desintegration der Epithelstruktur und die Apoptose-Rate nahm signifikant zu. Dagegen reduzierte die Vorbehandlung mit Hydrotalcit die Apoptose-Rate um mehr als 50% und verhinderte signifikant H+-Ionen- und TCA-induzierte Epithelläsionen.

Der zugrundeliegende molekulare Mechanismus: Die Vorbehandlung mit Hydrotalcit steigerte signifikant die Expression zytoprotektiver Faktoren. Für die Aufrechterhaltung der Integrität des Ösophagusepithels und seiner Funktion als „Schutzbarriere“ sind insbesondere die von KPC exprimierten Regulationsproteine Survivin, COX-2 und HSP-70 von Bedeutung. Survivin ist ein Anti-Apotose-Protein, das Enym Cyclooxygenase 2 (COX-2) wird bei zellulärem Stress durch Zytokine und Mitogene induziert und generiert mukosaprotektives Prostaglandin E2, das Hitzeschockprotein HSP-70 (heat shock protein) wirkt bei zellulärem Stress stabilisierend auf Zellproteine.

Die Vorbehandlung mit Hydrotalcit schützte die KPC vor dem „Angriff“ von H+-Ionen und TCA: Sie waren auch nach der Exposition gegenüber zytotoxischen Molekülen gut erhalten und zeigten weiterhin eine starke Expression zytoprotektiver Faktoren.

Die Ergebnisse im Detail: Hydrotalcit steigerte in den HET-1A-Zellen bzw. der Gewebekultur die Expression von Survivin um 46 ± 3% bzw. 53 ± 10%, die COX-2-Expression um 51 ± 5% bzw. 69 ± 5% sowie die HSP-70-Expression um 60 ± 5% bzw. 180 ± 10% (alle p < 0,001 versus Placebo).

„Damit ist Hydrotalcit das erste Antacidum, das nachweislich die Widerstandskräfte des Ösophagusepithels mobilisiert“, erklärte Prof. Tarnawski.

Seine Schlussfolgerungen: Die Behandlung mit Hydrotalcit führt im Ösophagusepithel zu einer signifikanten Hochregulation von Keratinozyten und ihren Progenitorzellen mit verstärkter Expression der zytoprotektiven Faktoren Survivin, COX-2 und HSP-70, sodass die Epithelzellen vor dem Einfluss von zytotoxischen H+-Ionen und aggressiven Gallensäuren geschützt werden. Diese Regulationsproteine stellen wichtige Komponenten der epithelialen Widerstandskraft dar. Ihre Aktivierung repräsentiert einen neuen molekularen Mechanismus der protektiven Wirkung von Hydrotalcit auf das Ösophagusepithel.


Über Bayer HealthCare Deutschland

Bayer HealthCare Deutschland vertreibt die Produkte der in der Bayer HealthCare AG zusammengeführten Divisionen Animal Health, Consumer Care, Medical Care und Pharmaceuticals. Das Unternehmen konzentriert sich auf das Ziel, in Deutschland innovative Produkte in Zusammenarbeit mit den Partnern im Gesundheitswesen zu erforschen und Ärzten, Apothekern und Patienten anzubieten. Die Produkte dienen der Diagnose, der Vorsorge und der Behandlung akuter und chronischer Erkrankungen sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin. Damit will Bayer HealthCare Deutschland einen nachhaltigen Beitrag leisten, die Gesundheit von Mensch und Tier zu verbessern.

Quelle:

Tarnawski AS et al. Poster und Vorträge im Rahmen der Digestive Disease Week (DDW 2012) vom 19. bis 22. Mai 2012 in San Diego/CA. (USA)


Mehr Informationen finden Sie unter www.presse.bayerhealthcare.de


Zukunftsgerichtete Aussagen

Diese Presseinformation kann bestimmte in die Zukunft gerichtete Aussagen enthalten, die auf den gegenwärtigen Annahmen und Prognosen der Unternehmensleitung des Bayer-Konzerns bzw. seiner Teilkonzerne beruhen. Verschiedene bekannte wie auch unbekannte Risiken, Ungewissheiten und andere Faktoren können dazu führen, dass die tatsächlichen Ergebnisse, die Finanzlage, die Entwicklung oder die Performance der Gesellschaft wesentlich von den hier gegebenen Einschätzungen abweichen. Diese Faktoren schließen diejenigen ein, die Bayer in veröffentlichten Berichten beschrieben hat. Diese Berichte stehen auf der Bayer-Webseite www.bayer.de zur Verfügung. Die Gesellschaft übernimmt keinerlei Verpflichtung, solche zukunftsgerichteten Aussagen fortzuschreiben und an zukünftige Ereignisse oder Entwicklungen anzupassen.