Chronischer Stress kann krank machen

Stress – ein oft unterschätztes Volksleiden 22.07.2015 15:23 Uhr

Heut gilt es fast schon als chic, gestresst zu sein, denn wer Stress hat, ist wichtig, ist gefragt, immer unterwegs und ihm ist nie langweilig. So zumindest die landläufige Meinung. Doch Stress ist nicht gleich Stress. Es muss zwischen verschiedenen Stressarten unterschieden werden. Zudem spielt es eine große Rolle, ob der Einzelne ein Ventil für seinen Stress findet. Denn ist dem nicht so, kann Stress auch krank machen und sogar in einem Burnout münden. Grund genug, das abstrakte Konstrukt „Stress“ einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Welche Arten von Stress gibt es?

Wenn Menschen von Stress sprechen, ist damit meist der negative Disstress gemeint. Doch es gibt nicht nur negativen Stress, denn Stress kann auch durchaus positive Aspekte haben. Dann wird vom sogenannten Eustress gesprochen.
• Der Eustress

Eustress empfinden viele beispielweise vor der Geburt eines Kindes oder der Hochzeit. Gemeint ist positiver Stress, welcher durch angenehme Stressoren ausgelöst wird, so ein Beitrag von t-online.de. Geist und Körper sind aufgewühlt und fühlen sich fast an, wie in einer Wettkampfsituation. Doch im großen Ganzen ist es ein angenehmes und beflügelndes, ja aufregendes Gefühl. Eustress schärft die Sinne und stellt den Einzelnen so auf bestimmte Herausforderungen ein. Er hat also einen großen Nutzen.

• Der Disstress

Unter Disstress werden all jene Stressoren zusammengefasst, auf welche der Körper nicht reagieren kann, wie zum Beispiel der Tod eines geliebten Menschen, eine Verletzung oder auch eine Rüge durch den Vorgesetzten. Der Körper verfällt in eine extreme Anspannung und verschiedene Hormone und Neurotransmitter, wie zum Beispiel Adrenalin, werden ausgeschüttet. Kurzzeitig steigert dies die Leistungsbereitschaft. So war Disstress vor allem in der Steinzeit sehr wichtig, stellte er unsere Vorfahren doch optimal auf den Kampf oder die Flucht ein. Doch Kampf und Flucht finden heute in der Regel nicht mehr statt. Es müssen also andere Ventile gefunden werden, um den Stress abzubauen. Passiert dies nicht, kann er auf Dauer krank machen.
Welche Faktoren sind bei der Entstehung von Stress beteiligt?
Verschiedene Faktoren begünstigen die Entstehung von Stress. Zu nennen sind da die äußere Situation und deren personenbezogener Einfluss, also die auf den Betreffenden einwirkenden Reize. Zum anderen zu nennen sind die interpersonellen Faktoren, also beispielsweise die Erwartungen, Bedürfnisse, verfügbaren Ressourcen und Handlungsoptionen des Einzelnen. Das Ziel jeder Person ist es stets, die auf sie einprasselnden Reize zu verarbeiten, die Anforderungen zu meistern und die Bedürfnisse zu befriedigen. Sind die eigenen Ressourcen jedoch knapp oder sind zu wenige Handlungsoptionen vorhanden, um dieses Ziel zu erreichen, entsteht daraus Stress. Hat eine Person zu einem gewissen Zeitpunkt keine Ressourcen mehr zur Verfügung, kommt dann aber ein neuer Reiz beziehungsweise eine Anforderung oder ein Bedürfnis hinzu, dann wird dieser Reiz als Stressor, welcher eine Stressreaktion hervorruft, empfunden.
Unter Ressourcen werden dabei die zur Verfügung stehenden Mittel zur Bewältigung von Alltagssituationen verstanden. Diese können in personale Ressourcen, also psychische und körperliche Gesundheit, kognitive Fähigkeiten und Persönlichkeitsfaktoren, wie zum Beispiel Belastbarkeit und soziale Ressourcen, wie Halt im Familien- und Freundeskreis oder auch den sozioökonomischen Status eingeteilt werden.
Die Anforderungen wiederum lassen sich in externe und interne Anforderungen aufteilen. Unter externen Anforderungen werden zum Beispiel Aufgabenstellungen im Berufsalltag oder auch die Bewältigung der Hausarbeit angesehen. Zu den internen Anforderungen zählt vor allem der Anspruch an sich selbst.

Zu guter Letzt lassen sich auch die Stressoren in unterschiedliche Arten aufgliedern. Diese sind:

  • Physische Stressoren: Hitze, Kälte, Lärm, Krankheit, Hunger, Gestank
  • Chemische Stressoren: Gift, Drogen
  • Psychische Stressoren: Über- und Unterforderung, Ängste
  • Soziale Stressoren: Isolation, Konflikte, Verluste

Wie wirkt sich chronischer Stress auf Körper und Geist aus?
Nachdem eingegrenzt werden konnte, was Stress eigentlich ist, soll sich nun damit beschäftigt werden, wie er sich kurz- und langfristig auf den Menschen auswirkt.

• Die kurzfristigen Symptome von Stress

Wie bereits erwähnt wurde, ist Stress etwas sehr Nützliches, denn er sorgt dafür, dass der Körper in einer Gefahrensituation all seine Kräfte mobilisiert um entweder zu kämpfen oder zu flüchten. Gehirn und Muskeln werden mit mehr Energie versorgt, wofür der Körper zusätzlichen Sauerstoff benötigt. Die Atmung wird tiefer, das Herz pumpt schneller und auch aus den Fett- und Zuckerreserven aus Leber und Fetteinlagerungen wird Energie gewonnen. Durch die verstärkte Energieproduktion entsteht Wärme, welche wiederum abgeführt werden muss. Der Betroffene fängt an zu schwitzen. Da das Gehirn sowie die Muskeln nun mehr Energie bekommen, muss sie an anderer Stelle eingespart werden. So arbeiten bestimmte Organe, wie zum Beispiel der Verdauungsapparat nun langsamer. Der Verdauungsapparat beginnt bereits im Mund, denn hier wird der aufgenommenen Nahrung Flüssigkeit zugesetzt. Der in Stresssituationen typischerweise auftretende trockene Mund hängt also mit dieser Unterversorgung des Verdauungsapparats zusammen. Die Pupillen erweitern sich und der Blick ist geschärft. Auch die Schmerzempfindlichkeit verringert sich kurzzeitig und die Blutgerinnungsfähigkeit steigt. Alles im menschlichen Organismus ist nun darauf vorbereitet, den Stressor mit Muskelkraft zu eliminieren. Doch diese angestaute Energie wird heute in der Regel nicht mehr freigesetzt, sondern es stellt sich ein Zustand der anhaltenden Erregung ein.


• Die langfristigen Folgen von Stress


Stress kann der Grund für Magen-Darm-Beschwerden sein
Bleibt der Körper dauerhaft in Alarmbereitschaft und werden keine ausreichenden Erholungsphasen eingebaut, wird der Stress also chronisch, kann das fatale Folgen haben. Chronischer Stress kann krank machen. Nach einer gewissen Zeit sind die Energiereserven des Einzelnen verbraucht. In erster Instanz sinken dann die Leistungs- und die Konzentrationsfähigkeit. Ebenfalls typische Symptome von chronischem Stress sind Gereiztheit, Schlafstörungen, Bluthochdruck sowie Magen-Darm-Beschwerden. Ein dauerhaft hoher Stresslevel schwächt zudem das Immunsystem und macht den Betroffenen anfälliger für Infektionskrankheiten. Darüber hinaus werden auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lungenleiden sowie Rückenschmerzen begünstigt. Den Gipfel der Stressbelastung stellt das Burnout-Syndrom da, auf welches im nächsten Abschnitt noch genauer eingegangen werden soll.

• Das Burnout-Syndrom


Das Portal burn-out-syndrom.org definiert das Burnout-Syndrom als einen Zustand vollkommener körperlicher und geistiger Erschöpfung. Ein Gefühl des Ausgebrannt Seins beschreiben viele der Patienten, woraus der Name Burnout abgeleitet wurde. Darüber hinaus ist das Burnout-Syndrom auch unter dem Namen Stresssyndrom bekannt. Meist entwickelt sich die Krankheit schleichend über einen Zeitraum von sechs Monaten bis zu einem Jahr. Symptome wie Schlafstörungen, Müdigkeit, Depressionen und mangelndes Interesse können für ein Burnout-Syndrom sprechen, welches in einem Nervenzusammenbruch münden kann. Der Betroffene hat keinerlei Kraft mehr und verliert den Lebenswillen.

Was kann der Einzelne tun, um sein Stresslevel nachhaltig zu senken?
Es ist ganz klar, chronischer Stress ist sehr ungesund und sollte tunlichst vermieden werden. Doch sich einfach nicht stressen zu lassen, das gelingt den Wenigsten. Die Anforderungen Im Beruf und Privatleben verschwinden schließlich nicht einfach. Was sich ändern muss, ist die Art, wie der Einzelne darauf reagiert und wie er mit sich selbst umgeht. Deshalb nun einige hilfreiche Tipps zur Vermeidung von Stress.

• Die Vermeidung von Stress

Wie bereits erwähnt, wird die To-Do-Liste nicht plötzlich kürzer, was sich jedoch verändern kann, ist die eigenen Einstellung.

  • Den eigenen Perfektionismus ablegen – natürlich ist es schön, wenn man alles vorbildlich und am besten auch noch vor dem eigentlichen Abgabetermin erledigt. Doch ständig 120 Prozent von sich selbst zu fordern und sich unter Druck zu setzen, führt auf Dauer zwangsläufig zur Überlastung. Der eigene Anspruch sollte also herabgesetzt werden. Die Aufgaben lassen sich zum Beispiel nach Wichtigkeit und Dringlichkeit sortieren. Aufgaben, welche die volle Konzentration erfordern und gut gemacht werden müssen, kommen zuerst. Dafür wird dann aber auch ein realistisches Zeitpensum eingeplant. Die zweite Tageshälfte wird mit weniger anspruchsvollen Aufgaben gefüllt. Auch, wenn Zeitdruck herrscht, müssen zudem Pausen eingelegt werden. In Ruhe essen und wenigstens einmal zwischendurch an die frische Luft gehen, sind Pflicht. Und was besonders wichtig ist: Die Arbeit wird zu Feierabend abgeschlossen und es wird nichts mit nach Hause genommen.

  • Aufgaben delegieren und auch mal Nein sagen – Wenn man will, dass etwas richtig gemacht wird, dann macht man es am besten selbst. So lautet die landläufige Meinung. Der Einzelne sollte aber beachten, dass er seine Aufgaben nur dann wirklich gut erledigen kann, wenn ihm ausreichend Energie zur Verfügung steht. Niemand kann sich um alles kümmern und dann am Abend noch genügend Energie haben, um gemeinsame Zeit mit den Kindern zu verbringen, die Hausarbeit zu erledigen oder Freunden beim Umzug zu helfen. Deshalb muss sich jeder selbst überlegen, welche Aufgaben er delegieren kann. Arbeiten beide Partner Vollzeit und gibt es regelmäßig Streit wegen der Hausarbeit, kann einfach eine Putzhilfe engagiert werden. Die Kinder können auch mal von der Nachbarin aus dem Kindergarten mitgenommen werden und es ist vollkommen in Ordnung das Treffen mit den Schwiegereltern abzusagen und das Wochenende faul auf dem Sofa zu verbringen. Nur wer „Nein“ sagen kann, schützt sich vor ständiger Überlastung und spart sich seine Energie für die Dinge auf, die gerade wirklich wichtig sind.

  • Nicht alles persönlich nehmen und stets bedenken, dass es mehrere Blickwinkel gibt – der Ratgeber „Weniger Stress! 30 Tipps, wie wir zufriedener durchs Leben kommen“ empfiehlt, das negative Verhalten anderer nicht stets auf sich selbst zu beziehen. Die Probleme anderer nicht zu den eigenen machen, so lautet die Devise. Weiterhin muss der Einzelne bedenken, dass es immer mehrere Blickwinkel auf einen Sachverhalt gibt, so der Beitrag weiter. Jede Person nimmt Dinge anders wahr und sieht sie aus ihrem persönlichen Blickwinkel. Wer sich das bewusst macht, kann Konflikte vermeiden und Situationen von vornherein entschärfen.


• Der Abbau von Stress

Sport senkt den Stresslevel nachweislich
Mindestens ebenso wichtig, wie die Vermeidung von Stress, ist der Abbau desselbigen. Hier ist Sport eine sehr gute Möglichkeit, denn er sorgt dafür, dass die angestaute Energie freigelassen wird. Egal ob Schwimmen, Laufen, Radfahren oder Tennis – jeder Sport eignet sich gleichermaßen. Wichtig ist, dass die sportliche Betätigung Spaß macht und dabei hilft, den Kopf einfach mal auszuschalten. Zudem hat Sport noch weitere Effekte, welche sich positiv auf das eigene Wohlbefinden auswirken:

  • Der Einzelne konzentriert sich auf sich selbst und erlebt positive Emotionen
  • Konzentrations- und Kognitionsleistungen verbessern sich
  • Oft findet eine Einbindung in soziale Gemeinschaften statt
  • Das Immunsystem wird gestärkt
  • Das Körpergefühl verbessert sich

Personen, denen dies besonders schwerfällt, können durch autogenes Training, Atemübungen, Tiefenmuskelentspannung nach Jacobson oder Meditation zu innerer Ruhe finden. Sportarten, welche diese Aspekte ebenfalls innehaben, sind zum Beispiel Yoga, Qigong oder auch Pilates.