Keine Demontage der Vollapotheke! 16.11.2011 14:14 Uhr
Welche Auswirkungen hätten die vom Gesundheitsministerium geplanten Änderungen der Apothekenbetriebsordnung auf die Arbeitsbedingungen in den öffentlichen Apotheken? Diese Frage stand im Mittelpunkt der berufspolitischen Diskussion auf der ADEXA-Herbstsitzung am Sonntag in Kassel. Bereits am Samstag waren die beiden Vorsitzenden Barbara Neusetzer und Tanja Kratt vom Beirat für die nächsten fünf Jahre im Amt bestätigt worden. Auch die Mitglieder der ADEXA-Tarifkommission wurden wiedergewählt; zwei neue ehrenamtliche Vertreter kamen dazu.
Barbara Neusetzer und Tanja Kratt werden ihre erfolgreiche Arbeit für die Interessen aller Berufsgruppen in den öffentlichen Apotheken fortsetzen, die sich u. a. in stetig wachsenden Mitgliederzahlen und der Wertschätzung durch die Fachöffentlichkeit und die Gesundheitspolitik niederschlägt. Neben der Tarifpolitik steht hier zum Beispiel die Ausgestaltung des europäischen Netzwerks angestellter Apothekerinnen und Apotheker auf der Agenda. Netzwerkarbeit ist aber auch innerhalb Deutschlands wichtig – sowohl mit anderen Gewerkschaften und Berufsverbänden als auch mit den Standesorganisationen, um gemeinsam den politischen Einfluss für eine sichere Zukunft der Apothekenarbeitsplätze zu stärken. „In Zeiten von AMNOG und Rabattverträgen gibt es zwischen den Tarifparteien durchaus gleichgerichtete Interessen gegenüber der Gesundheitspolitik wie die bessere Honorierung von pharmazeutischen Leistungen“, so Barbara Neusetzer. Eine adäquate Beteiligung der Angestellten wird sich dann im nächsten Tarifergebnis widerspiegeln.
Mit Dank verabschiedet wurde die Berliner Pharmazieingenieurin Antje Hoch, die seit 1990 kontinuierlich in der Tarifkommission von ADEXA aktiv war. Von 1993 bis 2000 gehörte sie auch dem Bundesvorstand der ADEXA-Vorgängerorganisation BVA an. „Ihr Engagement sucht wirklich seinesgleichen“, so Tanja Kratt. „Zwei Jahrzehnte hat sie sich ehrenamtlich für die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt, für ihre Rechte gekämpft und mit dafür gesorgt, dass sich Arbeitsbedingungen und Gehälter verbessern.
Der Sonntag stand ganz unter dem Eindruck des Referentenentwurfs zur Apothekenbetriebsordnung. „Wir wollen flächendeckend die Vollapotheke mit dem gesamten Leistungsspektrum inklusive Rezeptur, Labor und Notdienst erhalten“, so die einhellige Meinung der ADEXA-Aktiven. Der Patient müsse weiterhin in jeder Apotheke Qualität und umfassende pharmazeutische Leistungen erwarten können. Filialapotheken ohne Rezeptur und Bereitschaftsdienst seien aber nicht nur aus Patientensicht bedenklich, sondern würden auch immer mehr Arbeitsplätze zur Schmalspur-Stelle degradieren.
ADEXA spricht sich außerdem dafür aus, den Personalbedarf der Apotheken mit bestimmten Personalschlüsseln festzulegen. Es kann nicht sein, dass manche Apotheken beispielsweise mit einem Apothekenleiter und sechs PKA dauerhaft arbeiten – ein ordnungsgemäßer Betrieb ist so nicht gewährleistet. Die Kontrollen seien je nach Kammerbezirk und Pharmazierat recht unterschiedlich und teilweise zu lasch, so die Erfahrung von ADEXA-Landesvorsitzenden.
Die Sitzungsteilnehmer lehnen die geplante Neuregelung ab, wonach nichtpharmazeutisches Personal bei der Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln, für die ein QMS erforderlich ist, eingesetzt werden darf. Dies würde eine Aufweichung der beruflichen Kompetenzen von pharmazeutischen und nichtpharmazeutischen Mitarbeiterinnen bedeuten, die von keiner Seite gewollt sein kann.
Diskutiert wurde weiterhin eine Informations- und Beratungspflicht für das gesamte pharmazeutische Personal (§ 20 Abs. 1) und die geplanten Auflagen für die Beratung beim Botendienst.
Die Ergebnisse werden in die Stellungnahme von ADEXA einfließen, die bis zum 18. November an das Bundesgesundheitsministerium geschickt wird.
Die nächste Gewerkschaftssitzung ist vom 20.-22. April 2012 in Hamburg geplant. Am 21. April wird – ähnlich wie in diesem Jahr in Köln – ein Gewerkschaftstag mit Fortbildungsprogramm für alle Mitglieder und interessierten Nichtmitglieder stattfinden.