Herzkrankheiten und Zigaretten kosten vor allem Männer wertvolle Lebenszeit 04.08.2015 10:20 Uhr
Frauen haben eine deutlich längere Lebenserwartung als Männer - dieser Tatsache sind sich Forscher schon seit Langem bewusst. Wie es in Industrienationen zu der starken Diskrepanz zwischen den Geschlechtern kommen konnte, war bisher allerdings kaum beleuchtet worden. Eine neuere Studie zeigt nun, dass es sich bei den Unterschieden in der Lebenserwartung um ein relativ neues Phänomen handelt, dessen Ursprung vor allem im Lebensstil begründet ist.
Neuere Entwicklungen der Sterblichkeitsrate
Mädchen, die heute in Deutschland zur Welt kommen, haben im Durchschnitt eine Lebenserwartung von 83,5 Jahren; Jungen in den gleichen Jahrgängen hingegen werden im Schnitt nur 79 Jahre alt werden. Eine Studie an der University of Wisconsin beschäftigte sich in den vergangenen Jahren mit der Frage, ob es sich bei diesen Unterschieden um eine “Gegebenheit” der Natur, der ein Resultat unseres modernen Lebensstils handelt.
Das Forscherteam um Hiram Beltran-Sanchez untersuchte zu diesem Zweck die Todesursache von Männern und Frauen in den Jahrgängen von zwischen 1880 und 1935 in 13 Industrienationen (Quelle: Proceedings of the National Academy of Sciences). Einbezogen wurden dabei nur Tode nach dem 40. Lebensjahr um Faktoren wie Kriege, Unfälle und Gewalttaten außer Acht zu lassen. Grundlage für die Untersuchung war die Human Mortality Database und der World Health Organization’s Mortality Database.
Menschen hatten im 19. Jahrhundert natürlich schon deshalb eine niedrigere Lebenserwartung, da sie deutlich seltener Zugang zu frischem Wasser, gesunden Lebensmitteln und Antibiotika zur Behandlung von Infektionen hatten. Interessant ist darüber hinaus allerdings, dass sich bereits Anfang des 20. Jahrhunderts eine Kluft zwischen Männern und Frauen bildete.
So war es drei Mal so wahrscheinlich, dass Männer, die zwischen 1900 und 1935 geboren wurden, in ihren 50ern oder 60ern starben als Frauen. Als Antibiotika und sauberes Trinkwasser flächendeckend erhältlich wurden, sank die Sterblichkeit von Frauen um 0,29%, bei Männern allerdings nur um 0,17% - die unterschiedliche Lebenserwartung zwischen den Geschlechtern ist also nicht ganz neu.
Wie der Lebensstil unsere Lebenserwartung beeinflusst
Als zusätzlich zu der oben beschriebenen Studie auch Daten der United Nations Food and Agriculture Organization ausgewertet wurden, wurde klar, dass die Lebenserwartungen der beiden Geschlechter begannen auseinanderzugehen, als Menschen anfingen mehr tierische Fette zu konsumieren.
Andere Studien zeigten zudem, dass Männer, die in den Jahren zwischen 1950 und 1985 geboren wurden, mehr Fleisch aßen als Frauen. Forscher vermuten daher, dass eine fettreiche Ernährung die Wahrscheinlichkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie beispielweise Bluthochdruck (Hypertonie), Carotisstenose, Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz oder Schlaganfälle bei Männern steigert und die Lebenserwartung so senkt.
Weiterhin sind Experten sich einig, dass auch Zigarettenkonsum eine sehr wichtige Rolle bei der Sterblichkeit spielen kann. Ihren Schätzungen nach macht die Tatsache, dass Männer öfter und mehr rauchen etwa 30% des Unterschiedes in der Lebenserwartung von Männern und Frauen aus. In Ländern wie den Niederlanden, Belgien und Australien, in denen Jungs besonders früh mit dem Rauchen anfangen, soll der Tabakkonsum sogar für 40% der höheren Sterblichkeit verantwortlich sein.
Der Blick in die Zukunft
Gerade im Bereich der Ernährung, der Sterblichkeit und des Lebensstils gibt es etliche Fragen, die derzeit noch nicht abschließend wissenschaftlich erklärt werden können. Die Studie der University of Wisconsin zeigt allerdings eindeutig, dass biologische Faktoren nicht allein dafür verantwortlich sind, dass die Mortalität von Männern höher ist als die von Frauen. Es bleibt also zu hoffen, dass beispielsweise die Neigung zu Herzkrankheiten in naher Zukunft durch zusätzliche Studien und eine Verbesserung unseres Lebensstils für Männer und Frauen gleichermaßen weiter gesenkt werden kann.