Faktencheck: Fünf Jahre Arzneimittelrabattverträge 13.04.2012 11:17 Uhr
Im April 2007 erfolgte die sogenannte „Scharfstellung“ der Rabattverträge durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz. Seitdem müssen in der Apotheke rabattierte Arzneimittel vorrangig abgegeben werden. Pro Generika hat vor diesem Hintergrund das Berliner IGES-Institut aktuell beauftragt, die Auswirkungen der Rabattverträge auf den Wettbewerb im Generikamarkt in den vergangenen Jahren einer wissenschaftlichen Analyse zu unterziehen. Die Ergebnisse liegen jetzt vor.
Wettbewerb entsteht nicht durch Rabattverträge
Das IGES hat klar herausgearbeitet, dass der Wettbewerb im patentfreien Arzneimittelmarkt grundlegend davon abhängt, wie viele Unternehmen mit ihren Arzneimitteln auf dem Markt präsent sind. Die Untersuchungen des IGES zeigen: Je höher die Anzahl der Generikaanbieter, umso intensiver ist der Wettbewerb und umso rascher kommt es zu deutlichen Preissenkungen. Der Wettbewerb wird nicht durch Rabattverträge ausgelöst.
Marktkonzentration nimmt durch Rabattverträge stark zu
Hingegen hat die Marktkonzentration – als Indikator für die Verteilung von Umsatzanteilen auf die Anzahl der Unternehmen – durch die Rabattverträge in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Dieser Effekt ist in den exklusiven Ausschreibungen umso stärker, da dort jeweils nur ein Unternehmen den Zuschlag erhält.
Um die Zunahme der Marktkonzentration quantitativ zu messen, haben die IGES-Experten die Entwicklung in einer repräsentativen Auswahl von Generikamärkten von 2008 bis 2011 umfassend ausgewertet. Grundlage dabei war der einschlägige „Hirschman-Herfindahl-Index“ (HHI) des für Wettbewerb zuständigen US-Justizministeriums. Liegt dieser Indikator über dem kritischen Schwellenwert von 1.800, ist dies für Ökonomen der Beleg für eine sehr hohe Marktkonzentration und entsprechend geringe Wettbewerbsintensität.
Die IGES-Ergebnisse im Einzelnen: 2008 war die Marktkonzentration in knapp der Hälfte der untersuchten Generikamärkte hoch (über dem Schwellenwert von 1.800). 2011 hingegen war die Marktkonzentration in fast allen untersuchten Generikamärkten (96 %) sehr hoch, zum Teil lag sie bei einem Vielfachen des Schwellenwerts.
Die Behinderung des Wettbewerbs durch Rabattverträge mit Erstan-bietern nach Patenablauf hat 2011 deutlich zugenommen
In einem weiteren Teil ihres Gutachtens untersuchte das IGES die Auswirkungen, die Rabattverträge mit Erstanbietern nach Patentablauf auf den Wettbewerb haben.
Dabei zeigte sich: Besteht ein Rabattvertrag des Erstanbieters über den Patentablauf hinaus, kommt es zu einer messbaren Behinderung des Ge-nerikawettbewerbs. Hingegen kommt die Marktdurchdringung von Generika nur in den Krankenkassenmärkten sehr rasch voran, wo sie nicht durch einen solchen Vertrag eingeschränkt wird.
Nach Patenablauf gleiche Marktchancen für alle!
Für Bork Bretthauer, Geschäftsführer von Pro Generika, ergibt sich aus der neuen IGES-Studie unmittelbarer politischer Handlungsbedarf. „Die Bundesregierung hat mit dem AMNOG entschieden, an Rabattverträgen grundsätzlichen festzuhalten. Jetzt muss es darum gehen, die gesetzlichen Rahmenbedingungen nach Patentablauf so zu gestalten, dass für alle Marktteilnehmer faire und gleiche Wettbewerbschancen gelten. Ohne die-ses Grundprinzip funktioniert kein Wettbewerb.
Das IGES zeigt auf, dass die Beeinträchtigung des Wettbewerbs durch die Rabattverträge von Erstanbietern nach Patentablauf im Jahr 2011 weiter zugenommen hat. Wer intensiven Wettbewerb will, darf Schutzmauern dieser Art nach Patentablauf nicht zulassen. Erstanbieterrabattverträge darf es daher nur bis zum Ablauf des Patents geben. Danach gilt: Wettbewerb für alle!“
Zum Text bei www.progenerika.de