Stellungnahme von ADEXA zum Tarifstreit in Nordrhein

Die TGL-Nordrhein hat sich verrechnet - (LOB)-Prämien sind keine Gehaltserhöhung! 12.04.2011 12:29 Uhr

Das „Angebot“ der Arbeitgebervertretung TGL-Nordrhein von 0,5 Prozent Gehaltserhöhung und 1,5 Prozent leistungsabhängigem Bonus ist nicht tariffähig. Auch schon mit minimalem tariflichem oder mathematischem Verständnis erkennt der geneigte Beobachter, dass jede Leistung, die einmal im Jahr fällig wird (oder eben auch nicht, wenn der Mitarbeiter aus Sicht des Apothekenleiters nicht genug geleistet hat), sich nicht auf das Gehalt als solches auswirken kann.


Die von ADEXA seit Jahrzehnten ausgehandelten echten Tariferhöhungen beziehen sich auf lineare, regelmäßige, gleichbleibende Gehaltsbestandteile, die sich auch auf die Höhe der Rente und eventuelle Lohnersatzleistungen auswirken. Mit ihnen können die Arbeitnehmer verbindlich rechnen und zumindest in Hinblick auf die Inflation mithalten. Das Gehalt, das sie monatlich zur Verfügung haben, würde sich sonst - angesichts der allgemeinen Verteuerung - in der Kaufkraft verringern.


In Hinblick auf diesen notwendigen Ausgleich der Lebenshaltungskosten erscheint es hier schon fast wie moderne Sklavenhaltung, wenn man ernsthaft seinen Mitarbeitern Brutto-Gehaltssteigerungen von 0,5 Prozent anbietet. Von diesen höchstens 5 bis 10 Euro, die auf der Gehaltsabrechnung übrig bleiben, kann man nicht einmal die Steigerung der Benzinkosten parieren, geschweige denn an Neuanschaffungen denken.


Selbstverständlich kann man - allerdings unter Beibehaltung der notwendigen linearen Tarifsteigerungen - darüber hinaus auch lobende Prämien in Aussicht stellen und Mitarbeiter damit motivieren. Es darf aber nicht vergessen werden, dass es sich hierbei nicht um Tariferhöhungen handelt.


Wer aber denkt, diese Prämien sollten denjenigen Mitarbeitern gezahlt werden, die den meisten Umsatz für die Apotheke machen, ist auf dem Holzweg. Zum einen ist die Leistung einer Apotheke immer eine Teamleistung: Wenn eine Approbierte einen lukrativen Zusatzverkauf macht, muss die PKA die Waren rechtzeitig bestellt haben, und die PTA muss ihr im Gespräch mit anderen Patienten den Rücken frei halten.


Wer erlaubt, dass sich das gesamte pharmazeutische Personal auf den reichen, multimorbiden Rentner und den nach jedem Strohhalm greifenden Krebspatienten stürzt und die anderen links liegen lässt, führt eine Zwei-Klassen-Pharmazie unter den Kunden ein. Dies ist nicht nur ethisch verwerflich, es rechnet sich auf Dauer auch nicht, auf diese Weise die anderen Kunden zu vergraulen.


Es stellt sich angesichts des finanziellen Debakels die Frage, wo wir denn in unserer Gesellschaft die Angestellten in Apotheken ansiedeln wollen. Bei einem derzeitigen Stundenlohn von 8,90 Euro brutto (ca. 6 Euro netto) für eine PKA im ersten Berufsjahr hinkt sie fast jedem Lehrberuf hinterher.


Wer es als Apothekenleiter sehenden Auges zulässt, dass man hier pfeilgerade auf einen Niedriglohnsektor hinarbeitet, der gräbt sich seine eigene Grube. Gesundheitspolitiker werden sich dann künftig gar nicht mehr mit den Ruinen zu beschäftigen haben, die aus der ehemals stolzen Apotheke geworden sind; dann kommt nur noch die Abrissbirne.


Apotheker, die eine solche Tarifpolitik machen, spielen Drogeriemärkten und Ketten in die Hände: Bravo, TGL-Nordrhein!

ADEXA- Die Apothekengewerkschaft
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Kontakt:
Tanja Kratt
Zweite Vorsitzende

Iris Borrmann
Leiterin des Justiziariats
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