Diclofenac – Fakten und Mythen rund um die Einnahme eines der bekanntesten NSAR 16.03.2012 11:14 Uhr
Bereits vor über 35 Jahren wurde Diclofenac (Voltaren®) als verschreibungspflichtiges Medikament zugelassen, seit 2004 bzw. 2007 ist es auch systemisch in Tablettenform für die Selbstmedikation erhältlich (Voltaren Dolo 12,5 bzw. 25 mg). Dennoch herrscht bis heute Unsicherheit bei vielen Apothekenkunden, wann sie das Analgetikum am besten einnehmen sollen. Vielfach wird davon ausgegangen, die Magenverträglichkeit von Diclofenac sei besser, wenn das Medikament während der Mahlzeiten eingenommen wird. Solche Irrtümer können durch eine gezielte Beratung ausgeräumt werden.
Damit ein Analgetikum effektiv und rasch wirkt, ist ein Beratungsgespräch über die Einnahmemodalitäten sehr wichtig. Dabei erfährt der Kunde zum Beispiel, welche der folgenden Aussagen stimmen und welche nicht:
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„Diclofenac sollte bei akuten Schmerzen eine Stunde vor oder zwei bis drei Stunden nach einer Mahlzeit eingenommen werden.“
Das ist richtig. Der Grund dafür ist, dass in der Selbstmedikation akuter Schmerzen ein schneller Wirkeintritt angestrebt wird. Diclofenac – in der schnell freisetzenden Formulierung (z. B. in Voltaren Dolo) – erfüllt diese Anforderung besonders gut, wenn es nicht zu den Mahlzeiten eingenommen wird. Denn ein voller Magen verzögert die Resorption des Wirkstoffs, sodass mehr Zeit vergeht, bis die Schmerzlinderung eintritt. Ohne eine solche Verzögerung wird der maximale Wirkstoffspiegel bereits nach etwa 30 Minuten erreicht.¹
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„Diclofenac sollte grundsätzlich zu den Mahlzeiten eingenommen werden, um eine bessere Magenverträglichkeit zu erreichen.“
Das stimmt nicht. Gastrointestinale Unverträglichkeiten von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) gehen vor allem auf systemische Effekte zurück, abgesehen von der lokalen Wirkung von Acetylsalicylsäure im Magenlumen. Daher bewirkt eine Einnahme zu den Mahlzeiten keine bessere Verträglichkeit, sondern nur die Verzögerung der Schmerzstillung aufgrund der längeren Verweildauer des Wirkstoffs im Magen.
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„Die magensaftresistente Formulierung von Diclofenac ist besser magenverträglich als der Wirkstoff pur“.
Auch das stimmt nicht. Galenische Maßnahmen verbessern die Magenverträglichkeit kaum. Der Grund dafür ist, dass hauptsächlich die Hemmung der Prostaglandinsynthese die Ursache für gastrointestinale Unverträglichkeiten ist und eben diese Hemmung hauptsächlich über den Blutkreislauf, d.h. nach Resorption des Wirkstoffs im Dünndarm, erfolgt. Eventuelle Unverträglichkeiten sind daher vor allem auf die systemische Wirkung von NSAR zurückzuführen. Lediglich Acetylsalicylsäure nimmt eine gewisse Sonderstellung unter den NSAR ein, da sie bereits teilweise im Magen resorbiert wird und dort über eine irreversible Acetylierung von Proteinen und Enzymen die Magenschleimhaut direkt schädigen kann. Daher können magensaftresistente Darreichungsformen hier Sinn machen.
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„Retard-Formulierungen sollten möglichst vor den Mahlzeiten eingenommen werden.“
Ja, das stimmt. Durch Retard-Formulierungen werden über einen langen Zeitraum konstant hohe Plasmaspiegel erzielt, eine Eigenschaft, die in der Dauertherapie von chronischen Schmerzen erwünscht ist. Tabletten oder Partikel mit einem Durchmesser von 2 mm oder mehr werden während des Verdauungsprozesses im Magen zurückbehalten und gelangen erst bei leerem Magen in den Dünndarm.² Werden solche Präparate, zum Beispiel Voltaren® retard, auf vollen Magen eingenommen, ist damit zu rechnen, dass die Aufnahme im Dünndarm zeitlich sehr variabel und verzögert ist. Daher sollten diese Retard-Tabletten möglichst ein bis zwei Stunden vor der Mahlzeit eingenommen werden, damit sie ungehindert den Magen passieren können.² Eine andere galenische Formulierung liegt bei Voltaren® Resinat vor. Es zerfällt nach oraler Einnahme in viele kleine Partikel (< 100 μm), die nur eine kurze Aufenthaltsdauer im Magen haben. Folglich kann Voltaren® Resinat auch zu einer Mahlzeit eingenommen werden, da der Transport zum Darm kaum eingeschränkt wird. Um jedoch jede Beeinflussung durch Magenmotorik, pH-Wert-Veränderungen und Wechselwirkungen mit der Nahrung auszuschließen, empfiehlt sich auch hier die Einnahme 1 bis 2 Stunden vor der Mahlzeit.
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"Magensaftresistente Diclofenac-Formulierungen werden am besten während der Mahlzeiten eingenommen.“
Diese Annahme ist falsch. Magensaftresistente Darreichungsformen von Diclofenac sollten etwa ein bis zwei Stunden vor dem Essen eingenommen werden.³ Bei einem leeren Magen (mit einem niedrigem pH-Wert) bleiben die magensaftresistenten Bestandteile der Tablette weitgehend unbeschadet und werden entsprechend der physiologischen Magenmotorik ohne Verzögerung in den Dünndarm transportiert und dort aufgenommen. Eine Nahrungsaufnahme hingegen führt meistens zu einem Anstieg des pH-Werts im Magenlumen und magensaftresistente Überzüge können so unter Umständen schon im Magen aufgelöst werden. Die Tabletten verbleiben dann in der Regel so lange im Magen bis der Mageninhalt entleert ist.⁴
Fazit für das Beratungsgespräch
In der Selbstmedikation steht eine möglichst schnelle Linderung akuter Beschwerden im Vordergrund. Daher wird der Wirkstoff Diclofenac hier als schnell freisetzende Arzneiformen eingesetzt (z. B. Voltaren Dolo). Im rezeptpflichtigen Segment geht es vor allem darum, kontinuierliche, lang andauernde Schmerzen zu lindern. Diclofenac wird deshalb oft in Darreichungsformen mit kontrollierter Wirkstoff-Freisetzung (z. B. magensaftresistente Galenik oder Retard-Arzneiformen) verordnet. Entgegen einer verbreiteten Auffassung ist die Einnahme während oder zu den Mahlzeiten für die Magenverträglichkeit weitgehend unerheblich, aber nicht für den Wirkeintritt und die Verweildauer der Substanz im Magen. Aus diesem Grund wird bei der Selbstmedikation sowie bei der Therapie mit magensaftresistenten oder Retard-Formulierungen eine Einnahme ein bis zwei Stunden vor dem Essen empfohlen. Wie alle festen oralen Arzneimittel sollte auch Diclofenac mit ausreichend Flüssigkeit bei aufrechtem Oberkörper eingenommen werden. Wasser ist dabei am besten geeignet, weil andere Getränke wie Milch, schwarzer Tee und Fruchtsäfte (z. B. Grapefruitsaft) die Biopharmazie der Analgetika beeinflussen können.⁴
Quellen
¹ Moore et al., Diclofenac Potassium 12. 5 mg tablets for mild and moderate pain and fever, Clin Drug Invest 2007, 27 (3): 163-195
² Guex, Retardierte Antirheumatica, pharma-kritik, Jahrgang 12, Nummer 03, 1990
³ Fachinformation Voltaren, Stand April 2011
⁴ Arzneimitteleinnahme für die Kitteltasche Wann – Wie viel – Womit, 2. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 2005
Über Novartis
Novartis bietet innovative medizinische Lösungen an, um damit auf die sich verändernden Bedürfnisse von Patienten und Gesellschaften auf der ganzen Welt einzugehen. Novartis hat ihren Sitz in Basel (Schweiz) und verfügt über ein diversifiziertes Portfolio, um diese Bedürfnisse so gut wie möglich zu erfüllen – mit innovativen Arzneimitteln, ophthalmologischen Produkten, kostengünstigen generischen Medikamenten, Impfstoffen und Diagnostika zur Vorbeugung von Erkrankungen, rezeptfreien Medikamenten und tiermedizinischen Produkten. Novartis ist das einzige global tätige Unternehmen mit führenden Positionen in diesen Bereichen. Im Jahr 2010 erzielten die fortzuführenden Geschäftsbereiche des Konzerns einen Nettoumsatz von USD 50,6 Milliarden. Der Konzern investierte rund USD 9,1 Milliarden (USD 8,1 Milliarden unter Ausschluss von Wertminderungen und Abschreibungen) in Forschung und Entwicklung. Die Novartis Konzerngesellschaften beschäftigen rund 121 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Vollzeitstellenäquivalente) in über 140 Ländern. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.novartis.com