Das neue Konzept für die bislang kostenfreien Bürgertests, das am 24.06.2022 durch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgestellt wurde, wird vom Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen e.V. deutlich und argumentativ kritisiert.
„Die verantwortungsvollen BürgerInnen Deutschlands, die sich schnell und ohne viel Aufwand die Frage beantworten wollen, ob sie Corona-positiv oder negativ sind, werden ab Juli dafür bezahlen müssen. Es steht zu befürchten, dass sich viele Menschen angesichts der inflationsbedingten, knapper werdenden Haushaltsmittel nicht mehr testen lassen“, warnt Verbandspräsident Dr. Stefan Hartmann. „Mit dieser Entscheidung verabschiedet sich die Ampelkoalition de facto aus der bislang sehr erfolgreichen Teststrategie und vernichtet das gut etablierte, flächendeckende und wirkungsvolle Kontrollsystem zur Früherkennung des Infektionsgeschehens. Wir steuern verantwortungslos auf eine dichte Nebelwand zu.“
Die Testverordnung schafft ab Juli die kostenfreien Bürgertestungen laut Hartmann nahezu vollständig ab. Nur definierte vulnerabler Personengruppen, wie Kinder bis zum 5. Lebensjahr oder Frauen zu Beginn der Schwangerschaft, hätten noch einen Anspruch auf für sie kostenfreie Testungen. Einige wenige weitere Personengruppen, darunter die Menschen, die in der Corona-Warn-App ein erhöhtes Risiko angezeigt bekommen, hätten zwar ebenfalls einen Anspruch, müssten aber zukünftig eine Eigenbeteiligung von 3 Euro leisten und tragen damit knapp ein Drittel der ebenfalls durch die Verordnung abgesenkten Erstattungssätze für die testenden Einrichtungen.
Den Testzentren und Apotheken würden die Materialbeteiligung und auch der Honoraranteil für das Testen um je einen Euro gekürzt. Gleichzeitig werde den testenden Einrichtungen auch noch die Kontrollaufgabe zugewiesen, die anspruchsberechtigten Gruppen von den Gruppen mit Eigenbeteiligung und den Voll-Zahlern zu unterscheiden. Ein für Deutschland typisches, bürokratisches Monster zerstört damit eine funktionierende, niedrigschwellige Infrastruktur.
Für Hartmann ist klar: „Mit zum Teil riesigem Aufwand haben sich die Apothekenteams und die allermeisten Testzentren in den Bürgertestungen extrem engagiert – und zwar mit voller Überzeugung. Jeden Tag war die Dankbarkeit der Bevölkerung zu spüren. Die Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern lief zielgerichtet gut. Und jetzt? Gleichzeitig müssen zusätzliche, unsägliche Kontroll- und Dokumentationsaufgaben geleistet werden, um die Berechtigten von den Nicht-Berechtigten, die Selbstzahler von den Eigenbeteiligungszahlern und den Nicht-Zahlern zu unterscheiden. Dafür gibt es gleichzeitig weniger Geld. Wie sich diese neue Testverordnung auswirken wird, kann sich jeder selbst leicht ausrechnen!“ Die Mitarbeiter aller Testeinrichtungen werden sich gegenüber den Testwilligen bei der Politik in Berlin bedanken.
Dass ohne Not ein Bürokratiemonster geschaffen wurde zeigt der Bevölkerung wie praxisfern die verantwortlichen Politiker offenbar mittlerweile beraten werden und wie wenig aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt wird.
Vollkommen unverständlich ist für Hartmann zudem, dass Teile der Ampelkoalitionäre die finanziellen Belastungen über den nachgewiesenen Infektionsschutz, über den nachgewiesenen Erfolg stellen. Denn jeder „Nichtfachmann“ weiß, dass die finanziellen Folgekosten durch erhöhte Krankheitskosten, die durch eine nicht mehr vorhandene Testinfrastruktur verursacht werden, die Kosten der Tests um ein Vielfaches übersteigen werden.
Aus Sicht des Infektionsschutzes ist die Entscheidung daher nicht ansatzweise nachvollziehbar. Das sieht offenbar auch Minister Lauterbach so, der die neuen Regelungen ausdrücklich nur mit Blick auf die finanziellen Belastungen des Bundes argumentiert hat und nicht mit Blick auf den Infektionsschutz. Um der Pandemie aber wirkungsvoll entgegen zu treten, ist das aber das falsche Signal. Wir hätten ihm, als ausgewiesenem Fachmann, mehr Standhaftigkeit gewünscht. Einer Virus-Pandemie kann man nicht fiskalisch entgegentreten.
Dr. Stefan Hartmann:Finanzpolitische Interessen stehen über dem Infektionsschutz. Ein klassisches Eigentor wird die Folge sein.
Über den BVDAK:
Der Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) ist seit 2008 Interessensvertreter und Dienstleister für seine Mitgliedskooperationen und Fördermitglieder. Er schützt die beruflichen und politischen Interessen seiner Apothekenkooperationen und damit auch deren über 10.000) angeschlossenen Apotheken. Der BVDAK arbeitet auf Bundesebene und engagiert sich für die Sicherstellung einer flächendeckenden, aber auch qualitativ hochwertigen, pharmazeutischen Versorgung. Der BVDAK tritt damit für die in Apothekenkooperationen engagierte, inhabergeführte Apotheke in vernetzter Form ein.
Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen e.V.
Römerstr. 32
82205 Gilching bei München
Telefon: 08105 - 77 42 48
Telefax: 08105 - 77 88 77
E-Mail: [email protected]
Internet: www.bvdak.de