APOTHEKEN, BERATUNG, MARKETING

Markenführung für Apotheken. Oder die Frage: „Was hat Cappuccino damit zu tun?“ 30.10.2017 09:40 Uhr

– Gastbeitrag von Nadine Gräfe, Schaffhausen Communication –

Markenentwicklung und Markenführung sind große Begriffe, die – je weniger man bewusst und permanent mit ihnen zu tun hat – schwer und unüberwindbar erscheinen. Deshalb flüchten sich viele Unternehmer in Ausreden wie: „Ach, das brauch ich nicht. Meine Kunden kommen auch so!“ oder eine meiner Lieblingsaussagen „Nein, nein! Das darf alles nicht zu professionell wirken. Das wollen meine Kunden nicht!“ Aha.


Aber wissen Sie was? Ob bewusst oder nicht, Sie alle führen bereits eine Marke. Und Sie alle haben diese Marke für sich und Ihre Apotheke bereits entwickelt. Nun bleibt nur die Frage, wie können Sie es ganz bewusst, ohne viel Aufwand und mit möglichst viel Ertrag tun?


Da Sie diesen Artikel zumindest schon bis hierhin gelesen haben, gehe ich davon aus, dass Ihnen Ihre Apotheke wichtig ist. Dass Sie gegen Profit so ganz im Allgemeinen nichts einzuwenden haben. Und dass Sie ein gewisses Interesse sowohl an Ihren Stammkunden als auch an Neukunden haben.


Damit ist schon mal ein Anfang gemacht. Wenn Sie jetzt noch von mir lesen möchten, wie Sie in nur 5 Schritten zur erfolgreichen Apothekermarke avancieren, dann rate ich Ihnen: Hören Sie auf zu lesen. Denn das gibt es nicht. Markenarbeit ist wie Beziehungsarbeit: Sie muss ständig betrieben werden. Jeden Tag ein bisschen und zu besonderen Anlässen noch ein bisschen mehr.


Was ich Ihnen jedoch mit auf den Weg geben kann, sind einige allgemeingültige Beziehungstipps, die Ihnen dabei helfen können, sich, Ihre Apotheke und Ihre Kunden mit neuen Augen zu betrachten, um so neuen Schwung und neue Impulse zu bekommen. Sie lesen immer noch? Gut, dann geht’s jetzt ins Eingemachte.

Frage: Warum sollten Sie sich mit Markenführung beschäftigen? Sie sind eine Apotheke, die steht doch für sich!

Diese und ähnliche Fragen begegnen mir sehr häufig. Und die Antwort ist immer die gleiche: Sollten Sie nicht zufällig die einzige Apotheke im Umkreis von 15 km sein und sollten die Menschen in diesem Umkreis nicht ohne Internetanschluss oder Mobiltelefon sein, dann sollten Sie sich nicht nur mit Markenführung beschäftigen, Sie müssen es!
Denn Markenführung dient vor allem dem Zweck, sich vom Wettbewerb abzugrenzen. Durch diese Abgrenzung liefern Sie den Kunden das Versprechen, dass Sie – und nur Sie – der beste und kompetenteste Ansprechpartner in Sachen Gesundheit sind.
Dieses Versprechen muss, laut Lehrbuch und gesundem Menschenverstand, bestimmte Kriterien erfüllen: Es muss relevant, überraschenderweise differenzierend und wahrnehmbar sein.
Relevant bedeutet: Es nützt nichts, wenn Sie die Apotheke mit dem leckersten Cappuccino in der Stadt sind. Ihr Versprechen muss eine Relevanz für Apothekenkunden haben.
Ihr Versprechen muss differenzierend sein. Hier wird es schon schwerer, da diese Differenzierung zu Ihnen, zu Ihren Kunden und zu Ihrer Apotheke passen muss. Also authentisch sein muss. Um diese Differenzierung zu finden, gibt es einige Methoden. Auf meine Lieblingsmethode werde ich gleich noch genauer eingehen.


Zu guter Letzt muss Ihr Versprechen natürlich wahrnehmbar sein. Und damit es wahrnehmbar werden kann, müssen Sie dieses Versprechen definieren. Dies geschieht meist über den so genannten Claim. Also den Beisatz, der Ihr Versprechen in wenigen Worten umfasst. Der Ihr Unternehmensversprechen und Ihren Unternehmenszweck liefert. Entwickelt wird der Claim am besten aus Ihrer Differenzierung und Ihrer Persönlichkeit heraus (auch hierzu im Späteren mehr). Und dann heißt es: Reden! Reden! Reden! Dabei haben Sie nur zwei einfache, aber wichtige Regeln zu beachten: Konsistenz und Konsequenz.
Anfangs sprach ich davon, dass Markenführung wie Beziehungsarbeit ist. Diese beiden Schlüsselfaktoren sind der Kern einer guten Beziehung. Sie schaffen Vertrauen, nehmen Unsicherheiten, schaffen Bekanntheit und damit Sympathie. Und so einfach geht’s:

1. Konsistent sein.

Unabhängig davon, wie Ihre Markenbotschaft lautet: Sie senden immer und überall die gleiche Botschaft. Ob Website, Offizin, Personal, Facebook, Flyer oder Anzeige im Wochenblatt: Die Markenbotschaft ist immer die gleiche. Oder anders formuliert: Sie haben ein Versprechen abgegeben, stehen Sie dazu!

2. Konsequent sein.

In der Regel spricht man von Kontinuität. Also nicht nur einmal im Jahr einen Post auf Facebook zu setzen oder eine Anzeige im Wochenblatt zu schalten, sondern in regelmäßigen Abständen mit den Menschen zu kommunizieren, um ins Gedächtnis zu gelangen und dort auch zu bleiben. Ich erweitere diese Regel aber gern noch.

Wenn Sie immer wieder die immer gleichen Informationen geben, werden Sie irgendwann das Gefühl haben, dass Ihnen Ihre eigene Marke sprichwörtlich aus den Ohren kommt. Das ist gut. Denn hier schließt sich der Kreis: Bleiben Sie am Ball! Bleiben Sie dran! Genau jetzt sind Sie kurz davor, dass Ihre Botschaft beim Kunden ankommt. Sie haben täglich mindestens 10 Stunden mit Ihrem Geschäft und Ihrer Marke zu tun. Ihre Kunden nicht. Sie sehen/hören/lesen Ihre Botschaft höchsten einmal im Monat. Und dann hat sie wahrscheinlich noch nicht mal Relevanz. Also, bleiben Sie standhaft, bleiben Sie ausdauernd. Sie möchten eine langfristige Beziehung führen und nicht nur einen kurzen Flirt.

Beziehungstipp Nr. 1

in Kürze zusammengefasst: Im Zeitalter der Onlineapotheken müssen Sie dem Endverbraucher ein Markenversprechen liefern, mit dem Sie sich ganz klar von Ihrem Wettbewerb differenzieren. Dieses Markenversprechen muss wahrnehmbar, relevant, differenzierend und authentisch sein. Wenn Sie Ihr Markenversprechen definiert haben, seien Sie in der Aussteuerung konsistent und konsequent.

Jetzt bleibt nur noch die Frage: Wie entwickeln Sie Ihr Markenversprechen? Ich werde Ihnen natürlich nicht alles verraten. Ein bisschen Sternenstaub möchte ich meiner Zunft ja noch lassen. Aber was ich Ihnen mitgeben kann, ist meine Lieblingsmethode, mit welcher Sie auf einen Schlag ein differenzierendes, relevantes und vor allem authentisches Markenversprechen formulieren können.

Beziehungstipp Nr. 2: Durchhalten lohnt sich!

Sie führen eine Apotheke. Und für Endverbraucher tun Apotheken so ganz im Allgemeinen alle das Gleiche. Was Endverbraucher jedoch suchen, ist eine spezielle Apotheke. Eine, die zumindest die meisten ihrer Wünsche und Bedürfnisse erfüllt. Denn ständig zu wechseln heißt Veränderung. Und Menschen scheuen Veränderung. (Wissen Sie jetzt, warum ich Beziehungsanalogien verwende?)
Nun ist es Ihre Aufgabe, den Endverbrauchern zu sagen, was Sie so besonders macht. Bei Ihnen erhalten die Kunden kompetente Beratung? Das sollten alle stationären Apotheken bieten. Sie sind besonders freundlich? Naja, immerhin wollen Sie ja auch was verkaufen. Sie sehen, so kommen wir nicht weiter. Also machen wir jetzt zusammen Folgendes: Wir schaffen uns eine Wertepyramide.

Kleiner Extratipp:

Wenden Sie diese Methodik niemals alleine an. Sie gefährden zwar nicht Ihre Gesundheit, jedoch vielleicht Ihre Marke. Laden Sie Vertraute, Mitarbeiter und am besten einen unabhängigen neutralen Moderator, der vermitteln und führen kann, zu einer ungezwungenen Runde in entspannter Atmosphäre ein.

Nun überlegen Sie sich zusammen verschiedene Werte, die Sie und Ihre Apotheke ausmachen. Zuerst werden Ihnen allgemeingültige Begriffe einfallen wie: kompetent, serviceorientiert, freundlich, beratend, helfend. Dann entsteht meist eine Pause. Und ab da wird es relevant. Denn nun müssen Sie überlegen, was Sie ganz speziell ausmacht. Beachten Sie! Es gibt keine falschen oder irrelevanten Begriffe. Im ersten Schritt wird alles zu Papier gebracht und gesammelt. Ihre Apotheke zeichnet sich durch besonders viel Humor aus? Aufs Papier. Ihnen ist es besonders wichtig, jeden Kunden ganz individuell zu betrachten und zu beraten? Sehr gut. Aufs Papier. Sie machen den besten Cappuccino der Stadt? Ähm … na gut. Aufs Papier.

So, nun haben Sie 15, 20, vielleicht 30 Begriffe. Fangen Sie jetzt an zu clustern, bilden Sie Oberbegriffe, sortieren Sie nach Relevanz (spätestens hier fällt der Cappuccino raus). Das tun Sie so lange, bis 10 Werte übrig bleiben.

Diese 10 Werte übertragen Sie in die Wertepyramide. Und wenn Sie glauben, bis hierhin war es schwer, dann warten Sie mal die nächsten 60 Minuten ab. Denn nun heißt es: Gegenüberstellen und bewerten. Am Beispiel:

A Beratend gegen B Fürsorglich: Was ist Ihnen wichtiger? Ja, beides ist wichtig, aber Sie dürfen sich nur für eins entscheiden. Also A. A Beratend gegen C Zuverlässig? C. Und so weiter und so fort.
Dieser Prozess ist anstrengend und kräftezehrend. Sie werden diskutieren. Sie werden streiten. Sie werden aufgeben wollen. Sie werden mich verfluchen. Machen Sie trotzdem weiter. Ergeben Sie sich und ziehen Sie es durch. Es lohnt sich. Haben Sie es endlich geschafft, belohnen Sie sich mit Ihrem wirklich guten Cappuccino und zählen die Tabelle aus. Dadurch erhalten Sie ein Ranking, welches dann wie folgt aussehen könnte.

Und nun die Erkenntnis der Differenzierung:

Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit oder auch Ihre Beratungskompetenz sind Werte, die ohnehin beim Endverbraucher gelernt und vorhanden sind. Deshalb waren Ihnen persönlich Werte wie Fürsorglichkeit oder das familiäre Klima im Vergleich wichtiger. Also bauen Sie genau darauf Ihr Markenversprechen aus. In etwa: „Adler-Apotheke Musterstadt. Wir sind für Sie da. Immer!“

Herzlichen Glückwunsch! Sie haben Ihr Markenversprechen gefunden.

Jetzt überprüfen Sie es bitte noch einmal auf Relevanz und Differenzierung gegenüber Ihren Wettbewerbern und schon können Sie damit in die Kommunikation gehen. Nur denken Sie bitte daran: Konsequenz und Konsistenz. Sie sind immer für den Kunden da? Dann sollten Sie und Ihre Mitarbeiter das auch sein. Zum Beispiel über eine Website, über die Sie Tipps und Tricks für kleine Notfälle liefern. Oder eine gut sichtbare Notdienstanzeige. Über Newsletter, mit denen Sie Ihre Kunden über saisonale Themen informieren. Oder über Beratungstage und Schulungen. Oder. Oder. Oder. Sie werden sehen, das meiste davon machen Sie bereits und müssen es nur etwas nachjustieren. Und alles, was hinzukommt, ergänzt sich ganz natürlich.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Passion ein wenig näherbringen und aufzeigen, warum Markenführung so elementar ist und warum es sich lohnt, jeden Tag ein bisschen in die Beziehung zu Ihrer Marke und damit zu Ihren Kunden zu investieren. Und nun wünsche ich Ihnen viel Spaß und Erfolg mit Ihrer Marke.

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